Klare Beweislage Voraussetzung

Blaumacher kündigen? Gar nicht so einfach

24.04.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Maßnahmen bei Pflichtverstößen

Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft eine dieser Pflichten, kann der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung, im Wiederholungsfalle gegebenenfalls auch eine zweite, unter Umständen sogar eine dritte Abmahnung auszusprechen, jeweils verbunden mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall. Kommt es gleichwohl weiter zu gleichartigen Pflichtverletzungen, so rechtfertigt dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Erfüllt der Arbeitnehmer Anzeige- und Nachweispflichten hingegen ordentlich, macht aber gleichwohl die besondere Häufung der Arbeitsunfähigkeitstage um Wochenenden und Brückentage herum stutzig, sodass sich der Verdacht der Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit aufdrängt, sollte ein Arbeitgeber nicht überstürzt handeln.

Außerordentliche Kündigung nur bei klarer Beweislage

Für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung muss gerichtsverwertbar nachgewiesen sein, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat. Wurde der Arbeitnehmer beispielsweise von Zeugen dabei gesehen, dass er während seiner "Arbeitsunfähigkeit" woanders gearbeitet hat, ist die Sache offensichtlich. In der Praxis sind Fälle wie dieser allerdings selten, da solche klaren Beweise in der Regel fehlen. Im Übrigen ist auch nicht immer eindeutig, welches Verhalten des Arbeitnehmers während einer Arbeitsunfähigkeit zulässig ist und welches nicht.

Beispiel: In einem Fall hatte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung ausgesprochen, weil er den wegen eines grippalen Infekts arbeitsunfähig gemeldeten Arbeitnehmer in der Lokalzeitung auf einem Foto bei einem Volksfest mit einem Glas Kölsch in der Hand entdeckt hatte. Das Arbeitsgericht Köln hielt das jedoch nicht für einen ausreichenden Kündigungsgrund: Frische Luft und ein Glas Kölsch seien nicht von vornherein geeignet, den Heilungsprozess zu verzögern.

An diesem Fall wird deutlich, dass immer ein individueller und einzelfallbezogener Maßstab anzulegen ist. Als Richtschnur gilt: Der Arbeitnehmer hat all das zu unterlassen, was seiner raschen Genesung entgegensteht. Fehlen eindeutige Beweise, kann der Arbeitgeber versuchen, diese zu beschaffen, etwa durch Beauftragung eines Detektivbüros.