Neue Kriterien für das Umweltsiegel

Blauer Engel verbietet künftig auch Schadstoffe in Platinen

23.12.1998
MÜNCHEN (CW) - Computerhersteller müssen künftig strengere Auflagen erfüllen, wollen sie das Umweltzeichen "Blauer Engel" auf ihre Geräte kleben. Unter anderem werden bestimmte Stoffe in Leiterplatinen verboten, die als gesundheitsgefährdend gelten. Die IT-Industrie ist auf diese Änderungen offenbar nicht vorbereitet.

Nach den neugefaßten Kriterien für das Umweltzeichen für Computer werden die Flammschutzmittel PBB (polybromierte Biphenyle), Chlorparaffine und die immer noch gebräuchlichen PBDE (polybromierte Diphenylether) in Zukunft im Trägermaterial von Leiterplatten verboten sein. Bislang beschränkte sich der Blaue Engel auf Schadstoffe in Gerätegehäusen.

Auf das Verbot der Flammschutzmittel waren ausgerechnet "die Vertreter der Industrie nicht vorbereitet", wie dem Protokoll der Anhörung für die Neufassung des Blauen Engel im Umweltbundesamt Berlin zu entnehmen ist. In den vergangenen Jahren hatten Industrievertreter argumentiert, europäische Hersteller von Platinenmaterialien würden die genannten Stoffe nicht mehr benutzen.

Ein Vertreter eines Computerherstellers setzte sich auf der Anhörung laut Protokoll gar dafür ein, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe in den Kunststoffgehäusen der Geräte zuzulassen. Bis dato sind sie verboten. Auch bei den PBDE gibt es Hinweise, daß sie gesundheitsgefährdend wirken können. Auf der Tagung "Dioxin ''98" im Spätsommer berichteten schwedische Forscher über Hirnveränderungen bei neugeborenen Ratten, wenn die Elterntiere gering dosiert mit PBDE vergiftet wurden.

Pikant wird die Angelegenheit, weil das Consumer-Blatt "Computerbild" in einem PC-Test Ende November auch die Luftbelastung am Arbeitsplatz mit PBDE durch die Geräte gemessen hatte. Bei IBM, Siemens, HP und Vobis wurden die Tester fündig.