Persönlichkeitsrecht vs. Gesundheitsgefährdung

Blauer Dunst am Arbeitsplatz - was die Gerichte sagen

21.12.2009
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

1. Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz

In einem Urteil vom 19.05.2009 musste das Bundesarbeitsgericht über die Rechtsfrage befinden, inwieweit Mitarbeiter einen Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz geltend machen können. In dem zu beurteilenden Fall klagte ein Croupier, der als "Tisch-Chef" am Roulettetisch in einer Berliner Spielbank tätig war. Sein Arbeitsplatz befand sich in einem großen Spielsaal, der auch einen nicht abgetrennten Bereich mit einer Bar umfasste (welche von einem anderen Unternehmen und nicht vom Spielcasino selbst betrieben wurde). Sowohl im Spielsaal als auch im Barbereich konnte geraucht werden. Hiergegen wandte sich der Croupier und machte vor den Arbeitsgerichten seinen Anspruch auf Nichtraucherschutz geltend. Er beantragte in den gerichtlichen Verfahren, ihm während seiner Arbeitszeit einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Während die beiden Vorinstanzen seine hierauf gerichtete Klage abwiesen, gab das BAG seiner Klage in letzter Instanz statt. In ihrer Urteilsbegründung verwiesen die Richter zunächst auf § 618 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist jeder Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und auch Dienstleistungen so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zumindest insoweit geschützt ist, als die Natur der jeweilig geschuldeten Dienstleistung es gestattet. Darüber hinaus zogen die Richter in ihrer Begründung den § 5 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) heran, wonach der Arbeitgeber alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor Gesundheitsgefahren geschützt sind. Notfalls hat der Arbeitgeber auch ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.

Hieraus folgte nach Ansicht der Richter auch für den klagenden Croupier ein Anspruch auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes. Hiergegen konnte sich das Spielcasino auch nicht auf die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 ArbStättV berufen. Danach hat der Arbeitgeber in Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr nur solche Schutzmaßnahmen zu treffen habe, wie die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen. Denn die Richter befanden, dass die mit der Ausnahmeregelung geschützte unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers ihrerseits durch das Nichtraucherschutzgesetz wieder eingeschränkt wurde. Da in dem Spielsaal, in dem der Croupier tätig war, mit der angrenzenden Bar auch eine Gaststätte betrieben wurde, war nämlich auch der § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes (NRSG) zu berücksichtigen. Diese Vorschrift verbietet das Tabakrauchen in Gaststätten. Damit habe im vorliegenden Fall für eine Anwendung der Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 ArbStättV kein Raum mehr bestanden. Der Klage des Croupiers auf Zuweisung eines rauchfreien Arbeitsplatzes wurde daher stattgeben (BAG, Urteil vom 19.05.2009, Az.: 9 AZR 241/08).

Aus dieser Entscheidung des BAG geht zum einen hervor, dass jeder Arbeitnehmer unabhängig von seiner persönlichen gesundheitlichen Konstitution einen Anspruch auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes geltend machen kann. Zum anderen kann aus dieser Entscheidung geschlussfolgert werden, dass sich Arbeitgeber auf die Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 ArbStättV dann nicht berufen können, wenn das Rauchen in Räumen mit Publikumsverkehr schon aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften verboten ist.