Blades machen das Rennen

31.03.2009
Von 
Andreas Zilch ist als Vorstandsmitglied der Experton Group verantwortlich für den Bereich Consulting und Advisory Services. Sein Schwerpunkt liegt auf Anwender- und Anbieterberatung zu den Themen IT-Architektur und -Infrastruktur, Green IT, Cloud Computing, Client of the Future und allgemein in IT-Beschaffungs- und -Verhandlungsstrategien.
Der Server-Markt steht vor einem Umbruch. Vor allem Nutzer von Mainframes und Midrange-Systemen müssen ihre Strategie kritisch unter die Lupe nehmen.

Der Server-Markt befindet sich in den vier Kernsegmenten Mainframe, Midrange, Unix sowie x86 und IA64 vor einem Umbruch. Benutzer von Mainframes und Midrange-Systemen stehen vor einer Migration unwirtschaftlicher Altsysteme. Im Unix-Segment ist eine grundsätzliche Konsolidierung zu erwarten. Der x86- und IA64-Markt, in dem das Segment der Blade-Server besonders schnell wächst, zeichnet sich durch einen intensiven Wettbewerb und einen Technologiewettlauf aus. Für Wirbel dürfte zudem Cisco sorgen. Mit der Networking-Company ist ein neuer starker Anbieter im Server-Geschäft angetreten.

Zukünftig stellt sich Anwendern zusätzlich die Frage, wie die Themen Outsourcing und Cloud Computing den Markt beeinflussen. Schon heute betreiben Service-Provider im Rahmen von Outsourcing-Verträgen viele Server für ihre Kunden. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Möglicherweise werden wir in fünf Jahren nicht mehr über Server, sondern nur noch über Rechenleistung aus der Steckdose, Service-Level-Agreements (SLAs) und Verfügbarkeit sprechen. (jha)

Mainframes: Exoten raus

Aktuelle Situation: Der Mainframe-Markt wird in Deutschland immer noch durch zwei Spieler bestimmt: IBM und Fujitsu (vormals Fujitsu-Siemens Computers). Vereinzelt gibt es noch Mainframe-Installationen von Bull, Unisys und anderen Anbietern. Sie spielen aber für die weitere Entwicklung des Marktes eine untergeordnete Rolle.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Die großen Mainframe-Installationen von IBM sind sehr stabil und werden kontinuierlich ausgebaut. Das bestätigt die neue Mainframe-Generation "z10", die gegenüber der vorherigen Version eine deutliche Leistungssteigerung verspricht. Anwender sollten in diesem Bereich optimieren und auch eine Konsolidierung anderer Server-Plattformen (etwa Linux Workloads oder Lotus Notes) prüfen. Dabei sollten sie aber nie aus den Augen verlieren, dass die Abhängigkeit von einem Anbieter riskant werden kann.

Kleinere Mainframes sind in den letzten Jahren schon sukzessive abgelöst worden. Dieser Trend wird sich fortsetzen, da sich die kleineren Systeme nur sehr selten wirtschaftlich betreiben lassen.

Fujitsu-Siemens Computers (beziehungsweise Fujitsu) hat in den letzten Jahren einen guten Job bei der Pflege der bestehenden Kunden gemacht, ohne viel Neugeschäft zu generieren. Es ist zu erwarten, dass Fujitsu weiterhin im Mainframe-Bereich einen Schwerpunkt setzt, da man Technologielieferant ist und auch noch gute Margen erwirtschaftet. Die Anwender sollten sich vor jeder größeren Investitionsentscheidung in diesem Bereich fragen, ob nicht eine alternative Plattform langfristig kostengünstiger ist. Auch hier gilt die Regel, dass sich kleinere Systeme eher für eine Migration eignen und Software für mehrere Plattformen verfügbar sein muss.

Benutzer exotischer Mainframes - und davon gibt es noch einige – sollten überlegen, ob nicht gerade jetzt ein sehr guter Zeitpunkt für eine Migration ist. Eine verlässliche Weiterentwicklung ist durch den Rückgang der Kundenzahl langfristig nicht gewährleistet. Weil derzeit nicht besonders viele neue IT-Projekte anstehen, sind Ressourcen für einen Wechsel frei.

Midrange-Systeme ablösen

Aktuelle Situation: Der Lebenszyklus des Midrange-Markts ist deutlich weiter fortgeschritten als der des Mainframe-Geschäfts, er nähert sich dem Ende. Das einzig überlebende System ist IBMs AS/400 (auch bekannt unter den Bezeichnungen iSeries, System i oder aktuell: Power Systems). Die AS/400 wurde aber technisch komplett renoviert und standardisiert. Daher unterscheidet sie sich von den AIX-basierenden Power-Systemen nur noch durch die Softwarekomponenten wie etwa Betriebssystem und Datenbank.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Wo noch ältere Midrange-Systeme im Einsatz sind, besteht dringender Handlungsbedarf, Ausnahmen bilden nur die AS/400-Rechner. Alle anderen Systeme sollten aus Kosten- und Risikogründen umgehend migriert werden. Im Fall der AS/400 sollte die Entscheidung je nach den eingesetzten Applikationen getroffen werden. Den Ausschlag sollte dabei geben, ob die Anwendungen auch mit der möglichen neuen Zielplattform laufen.

Unix-Server: Was wird aus Sun?

Aktuelle Situation: Dieser Markt ist am heißesten umkämpft. Verschärft wird die Situation dadurch, dass IBM den Konkurrenten Sun übernehmen möchte. Obwohl der geplante Zukauf offiziell noch nicht bestätigt ist, sorgt er bereits für weitere Diskussionen über die Entwicklung des Unix-Server-Marktes. Das Geschäft ist schon länger in einer Konsolidierungsphase – gekennzeichnet durch zurückgehende Verkäufe nach Stückzahlen und Umsätze sowie einen massiven Preiskampf. Pläne von Anwendern, auf Linux- oder Windows-Plattformen zu migrieren, sorgen für weiteren Druck.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Aus heutiger Sicht sind die drei Unix-Derivate AIX, HP-UX und Solaris für die nächsten fünf Jahre sicher. Das kann sich aber durch neue Entwicklungen (etwa Übernahmen und Zusammenschlüsse) relativ kurzfristig ändern. AIX auf IBMs Power-Systemen hat unter technischen Gesichtspunkten die Nase vorn. Solaris auf Sparc-Rechnern ist ebenfalls technisch gut. Dagegen fällt die Kombination aus HP-UX und Itanium-Prozessoren etwas ab. Allerdings kann diese Reihenfolge im Lauf der Zeit wechseln. Dem Wettbewerb tun drei etwa gleich starke Konkurrenten gut. Bislang sind dies IBM, HP und Sun/Fujitsu. Eine Übernahme von Sun durch IBM würde dieses Gleichgewicht stören. Daher sollten Anwender, die vor langfristigen, strategischen Investitionsentscheidungen stehen, nicht vorschnell handeln, sondern zunächst die weitere Entwicklung von IBMs Akquisitionsplänen abwarten. Taktischen Investitionen, die sich über einen Planungshorizont von drei bis fünf Jahren erstrecken, steht dagegen nichts im Wege.

x86- und IA64-Server: Intensiver Wettbewerb

Aktuelle Situation: Das Marktsegment der x86- und IA64Server, wozu primär die CPUs von Intel und AMD sowie die Betriebssysteme Windows Server und Linux zählen, wächst seit Jahren. Dadurch herrscht in diesem Geschäft ein starker Wettbewerb der führenden Anbieter. Dies wirkt sich gut auf das Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Die Anbieter liefern sich einen Wettlauf um die beste Technik der Plattform, etwa im Bereich Virtualisierung. Anwender können mit Konsolidierung und Virtualisierung größere Effekte erzielen. Um eine Make-or-buy-Entscheidung kommen sie trotdem nicht herum.

Anstehende Entscheidungen und Empfehlungen: Anwender sollten zunächst ihre Server-Infrastruktur analysieren. Die Erhebung sollte Anzahl, Alter, Leistung, Betriebssystem, Virtualisierungsgrad sowie die eingesetzten Applikationen erfassen. Aus dieser ersten Analyse lassen sich geeignete Maßnahmen ableiten und weiterentwickeln.

Für den Betrieb des Rechenzentrums sind die früher üblichen Stand-alone-Server bis auf wenige Ausnahmen überholt. Rack-basierende Modelle und Blade-Server sind Stand der Technik. Wo welche Systeme zum Einsatz kommen, hängt vor allem von den notwendigen Applikationen ab (Database-Server, Application-Server, Web-Server etc). Allerdings weist der Trend eindeutig in Richtung Blade-Server. Sie verbrauchen wesentlich weniger Platz und Strom.

Als Nachteil kann sich ihre höhere Energiedichte erweisen. Durch sie können sich geplante Standorte als ungeeignet herausstellen, weil zu wenig Strom und Kühlmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Weiterhin sind die Blade-Chassis der verschiedenen Anbieter proprietär. Besonders in kleineren Rechenzentren kann sich eine ansonsten empfehlenswerte Zwei-Anbieter-Strategie als schwierig erweisen.

Der Energieverbrauch ist ein wichtiges Entscheidungskriterium. Die Experton Group hat herausgefunden, dass auch vermeintlich hoch standardisierte Blade-Server führender Anbieter in der Praxis einen deutlich unterschiedlichen Stromverbrauch haben. Die Abweichungen belaufen sich auf bis zu 30 Prozent. Dies lässt sich leider oft nur durch Testen, nicht aber anhand von Datenblättern ermitteln.

Bevor Anwender ihre Entscheidung über Server-Art und -Anbieter treffen, sollten sie ihre Hausaufgaben machen und eine Konsolidierungs- und Virtualisierungsstrategie formulieren. Besonders die Virtualisierung ist ein komplexes Thema mit vielen Optionen und Risiken. Das Gesamtkonzept sollte unbedingt auch die Storage-Systeme berücksichtigen.