Dediziertes Datenbank-System IBM 38:

Black-Box auch für Fortgeschrittene

03.11.1978

KÖLN - Die Benutzerfreundlichkeit eines Computer-Systems, unbedingtes Muß bei kleinen und mittelgroßen Anwendern - weil EDV-Spezialisten fehlen -, soll offensichtlich auch für Systeme der 370-Größenordnung zum Maß aller Dinge werden.

Dies, obwohl es hier "sophisticated user" gibt: Denn IBMs dedizierter Datenbank-Computer /38, nach dessen überraschender Weltpremiere in der EDV-Provinz (Orgatechnik, Köln) sich der "Ease of Use"-Song des Marktführers schnell zum Ohrwurm entwickelte ist beileibe kein Micky-Maus-Computer, sondern ein ausgewachsener - wenn auch kompakter - Rechner (CW-Nr. 44 vom 27. 10. 78. Seite 1). Eine Black-Box nicht nur für "Tante Emma". Das setzt Selbstprogrammierer in Zugzwang. Denn ob sie nun einen höheren Gang einlegen oder sich letztlich doch der neuen DB-Automatik bedienen - in jedem Fall werden Anwendungsstaus beseitigt. Für IBM ein erfreuliches Ergebnis: Der Bedarf an Rechnerleistung steigt.

Tröstet sich ein IBM-Wettbewerber: "Wir hatten eigentlich mehr erwartet nämlich die E-Serie." (Siehe auch Kolumne, Seite 7). Daß "nur" das erste "Pacific"-Modell angekündigt wurde - und darum handelt es sich beim System /38 -, birgt indes Zündstoff genug. Mit Leistungsmerkmalen wie 0,5 bis 1,5 MB Hauptspeicher (B4 K Bit-Chips), integrierte Datenbank (Relationen!), virtuelles Speicherkonzept und Software in Mikrocode, übertrifft das neue Produkt der IBM-Basis-Datenverarbeitung (BDV) zum Teil sogar 370-Standards. Kommentiert Rolf-Dieter Leister, Leiter des BDV-Geschäftszweiges: "Das System /38 bietet eine Palette von Bedienungs-Hilfen, die bisher bei Systemen dieser Preisklasse (ab rund 11000 Mark Monatsmiete sind Sie dabei, d.R.) nicht geboten wurden."

Beispiel für den Benutzer: Er kann dringliche Informationswünsche am Bildschirm formulieren und sofort die Antwort erhalten. Beispiel für den Programmierer: Online-Programmierung und Test, parallel zu den laufenden Arbeiten. Leister: "Datenverarbeitung wird einfacher."

Die Systemeinheit enthält die Zeatraleinheit, die Datenstationssteuerung, die Systemkonsole das Diskettenmagazin-Laufwerk und den Zusatzspeicher (Magnetplattenspeicher).

Die Zentraleinheit ist in einer Grundausstattung von 512 KB und in Ausbaustufen bis 1024 KB (Modell 3) und bis 1536 KB (Modell 5) Hauptspeicher lieferbar. Die Zykluszeit für das Modell 5 beträgt 600 ns (bei einer Zugriffbreite von 4 Bytes).In der Systemeinheit befinden sich der Zusatzspeicher und die Anschlüsse für die Ein-/Ausgabe-Einheiten des Systems.

An die in der Systemeinheit integrierte Datenstationssteuerung können bis zu 40 Datenstationen lokal angeschlossen werden. Zusätzlich läßt sich das System /38 mit vier Leitengen zur Datenfernverarbeitung im SDLC-Betrieb ausrüsten, was den Remote-Anschluß von 258 Datenstationen ermöglicht.

Die integrierte Systemkonsole besteht aus einen Bildschirm und einer Tastatur und wird hauptsächlich zur Kommunikation zwischen Systembediener und System beziehungsweise Datenstationsbenutzern verwendet.

Gesamtkapazität: 387 MB

Die Zusatzspeicher des IBM System /38 sind fest eingebaut. Standardmäßig ist das System mit einem Zusatzspeicher (Plattenlaufwerk) ausgerüstet, das eine Kapazität von 64,5 MB bietet. Durch Erweiterungen um bis zu 5 Zusatzspeicher kann die Gesamtkapazität auf 387,1 MB anwachsen. Die mittlere Zugriffszeit trägt 27 ms, die minimale Zugriffszeit 9 ms, die Übertragungsgeschwindigkeit 1031 KB pro Sekunde.

Für den Dialog sind die Datenstationen IBM 5250 bestimmt. Die Datensichtgeräte IBM 5251 bestehen aus Bildschirm (960 Zeichen oder 1620 Zeichen) und Tastatur. Die Tandem-Station IBM 5252 bietet zwei getrennte Tastaturen und zwei in einem Gehäuse zusammengefaßte 960-Zeichen-Bildschirme. Unterschiedliche Anwendungen können gleichzeitig durch zwei Benutzer durchgeführt werden.

Die Modelle 2 und 12 der Datensichtgeräte IBM 5251 beinhalten auch eine Steuereinheit mit der Übertragungseinrichtung zur Datenfernverarbeitung. Daran können maximal acht weitere Datensichtgeräte IBM 5251, Tandem-Stationen IBM 5252 und Datenstations-Drucker 5256 in beliebiger Kombination angeschlossen werden.

Die Drucker IBM 5211 und IBM 3262 - eine Neuentwiclung des IBM-Labors in Böblingen - sind als Systemdrucker für umfangreiche Druckausgaben geeignet. Es können bis zu zwei Systemdrucker angeschlossen werden. Die unterschiedlichen Modelle drucken mit einem 48-Zeichen-Satz höchstens 18 000 beziehungsweise 39 000 Zeilen pro Stunde.

Zur Verarbeitung von 96spaltige Lochkarten dient die Mehrfunktionskarteneinheit IBM 5424.

Für den Datenaustausch können die Magnetbandeinhelten IBM 3410/3411

eingesetzt werden. Bis zu vier Einheiten sind anschließbar.

Maschinenintegrierte Datenbank

Das System /38 bietet ein vorgefertigtes maschinenintegriertes Datenbankgerüst, in das die bisherigen Daten nur eingebracht werden müssen. Die Organisation der Daten, die Verwaltung der Zugriffe, Erweiterungen und Umorganisationen, für die bisher umfangreiche komplexe Software notwendig war, erledigt weitgehend die Datenbank.

Nach IBM-Angaben erlaubt nur ein virtuelles System die optimale Nutzung des Hauptspeichers. Der Speicher des Systems /38 ist einstufig: Hauptspeicher und Zusatzspeicher werden vom Speichermanagement wie ein großer Speicher- oder Adreßraum behandelt. Dies bedeutet, daß alle im System gespeicherten Objekte wie Programme, Dateien oder Bildschirmformate auf dieselbe Ad und Weise adressiert werden, nämlich mit eindeutigen symbolischen Namen. Angaben wie Platteneinheit, Zylinder, Spur etc. entfallen.

Diese neue System-Architektur mit virtuellem Speicher und integrierter Datenbank verlangte ein neues Betriebssystem: Das Systemsteuerprogramm CPF (Control Program Facility) erfüllt - so IBM - alle Forderungen an ein dialogorientiertes Datenbanksystem, das auch mit Stapelverarbeitung im Mehrprogrammbetrieb arbeitet.

Einheitliche Benutzerschnittstellen

Mit der einheitlichen Steuersprache CL (Control Language), den Datendefinitions-Spezifikationen DDS, der neuen Programmiersprache RPG III und den interaktiven Datenbank-Dienstprogrammen IDU (Interactive Data-Base Utilities) hat der Benutzer vier Verbindungen über das Systemsteuerprogramm zu den Funktionen der Maschine.

Mit Hilfe der Datendefinitions-Spezifikationen (DDS) beschreibt der Programmierer alle Felder der Dateien, unabhängig von Programmen, nur einmal und nicht wie bisher innerhalb der Anwendungsprogramme. Die Felddefinitionen befinden sich in der Datenbank, wo sie auch verwaltet werden. Diese Funktion reduziert den Aufwand für Programmierung, Datenverwaltung und Änderungsdienst.

Für /38-Anwender gibt es einen neuen RPG III (nicht RPG II, wie Ihnen der Druckfehlerteufel in CW-Nr. 44 vormachen wollte)

Er enthält zusätzlich zu den Basisfunktionen des RPG II Erweiterungen, die dieser Sprache die nötige Flexibilität im Umgang mit Datenstationen und der Datenbank verleihen. Einige der wichtigsten Funktionen sind Datenbankunterstützung, neue Operationen, Flexibilität im Programmdesign und Datenstationsunterstützung.

Diese Dienstprogramme erleichtern die Definition und Ausführung folgender Arbeiten:

- Das Programmeingabe-Dienstprogramm zur Erstellung und Verwaltung von Quellenanweisungen,

- Das Datei-Dienstprogramm (..) Eingeben und Anzeigen von Daten der Datenbank sowie zur Dateiverwaltung,

- Das Query-Dienstprogramm zum Verknüpfen, Auswerten und Darstellen von Informationen aus Datenbank-Dateien.

Dienstprogramm mit Tabellenfunktion

Mit dem Query-Dienstprogramm kann der Benutzer im Dialog Daten aus der Datenbank selektieren, um sie zu verknüpfen und auszuwerten. Er kann spezifizieren, in welcher Form er diese Daten angezeigt und/oder ausgedruckt haben möchte. Eine besonders benutzerorientierte Funktion dieses Dienstprogrammes ist seine Tabellenfunktion. Sie gestattet tabellarische Aufstellungen und Auswertungen auf einfache Weise So kann beispielsweise eine Tabelle erstellt werden, die Auskunft über Umsätze und Prozentsätze vom Gesamtumsatz nach Warengruppen gibt.

Spezielle Umstellungs-Dienstprogramme ermöglichen die Übernahme des vorhandenen System-/3-RPG-II-Programms. Aus Erfahrungen mit dem modularen Anwendungssystem und in Kenntnis der Benutzerwünsche wurde das MAS II-Verfahren entwickelt. Dadurch könne ohne großen Aufwand eine sofort einsatzfähige Anwendung wie das "integrierte Buchhaltungssystem" maßgeschneidert eingesetzt werden. Der Benutzer erhält den vollen Leistungsumfang und kann diesen auf seinem IBM System /38 an seine Erfordernisse anpassen. Änderungen seien jederzeit möglich.