Übernahme von IBMs MAS 90 angestrebt

BIW will nicht länger R/3 für die SAP vermarkten

04.04.1997

Die Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft und Unternehmensberatung ist SAP-Global- und -Logo-Partner. Sie zählt zu den sogenannten Big Six der Beratungshäuser, die weltweite SAP-Einführungsprojekte betreiben. Allerdings sieht sich die Schitag als unabhängige Gesellschaft, die ebenso in der Lage ist, Standardsoftware-Projekte rund um die Produkte von Baan, Oracle, Peoplesoft oder anderen Anbietern abzuwickeln.

"Die Schitag lehnt es ab, von einem bestimmten Produkt Lizenzen zu verkaufen", erklärt BIW-Geschäftsführer Helmut Polzer. Es liege im Interesse der Muttergesellschaft, Unabhängigkeit zu wahren und die Software-Auswahl nach den jeweiligen Gegebenheiten beim Kunden zu treffen.

Interessenkonflikt: R/3 gegen Brain

Als zweiten Grund für die Trennung von SAP nennt Polzer den Interessenkonflikt, der entstanden sei, weil die BIW mit dem eigenen Produkt "Brain" und mit R/3 von SAP zwei PPS-Lösungen im Angebot gehabt habe. Zunächst habe die BIW darauf gesetzt, Brain auf IBMs AS/400-Plattform und R/3 für die Unix-Welt zu vermarkten. Das gehe nun nicht mehr, weil die SAP ihr R/3 auch auf der AS/400 anbiete.

Als die BIW Systemhaus-Partner der SAP wurde, wußte Polzer nach eigenen Angaben bereits, daß die Walldorfer R/3 auch in die IBM-Midrange-Welt portieren würden. "Ich habe damals gesagt, ehe die damit fertig sind, wird noch einige Zeit vergehen. Dieses Geschäft kann ich noch mitnehmen." Inzwischen sei das AS/400-Angebot von SAP komplett und der Konflikt bei Ausschreibungen nicht mehr zu umgehen gewesen. R/3-Kunden von BIW müßten sich nach der Aufkündigung des Systemhaus-Vertrages jedoch keine Sorgen machen, sie seien bei der Schitag in besten Händen.

Das Mittelstandskonzept der SAP hält Polzer prinzipiell für tragfähig, da die Systemhäuser eigene Kunden generieren könnten. Leider hätten die BIW und viele andere Partner bisher nicht genug Geschäft gemacht, um sich strategisch voll auf die SAP-Schiene auszurichten. Das jeweils eigene Produktportfolio mußte weitergepflegt werden. "In diesem Markt", prophezeit Polzer, "wird es noch Bereinigungen geben."

Der BIW-Geschäftsführer bestätigte, daß sein Unternehmen ebenso wie zwei andere Bewerber interessiert sei, das Anwendungssoftware-Paket "MAS 90" von der IBM zu kaufen. BIW würde seine AS/400-Kundenbasis von derzeit rund 320 Unternehmen mit einem Schlag mehr als verdoppeln. Wer den Zuschlag bekomme, entscheide sich in diesen Tagen im europäischen Headquarter der IBM in Paris.

Zu Gerüchten, nach denen auch die englische Ratioplan-Mutter JBA sowie der schwedische Anbieter Intentia (AS/400-Softwarepaket "Movex") im Rennen sind, mochte der BIW-Mann keine Stellung nehmen. Auch hält sich die Zuversicht Polzers, den Kauf tätigen zu können, in Grenzen: "Meiner Einschätzung nach sucht die IBM nach einem Abnehmer, der wesentlich mehr bezahlt als wir." Erhalte BIW jedoch den Zuschlag, werde Kunden das IBM-Produkt weiterhin angeboten, mit der Option, in eine moderne Zukunftsarchitektur zu wechseln.