CeBIT

Bitkom will den Internet-Minister

01.03.2010
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Der Bitkom hat auf einer Pressekonferenz anlässlich der CeBIT mangelnde Zuständigkeiten in der Bundesregierung für Internet-Fragen kritisiert. Der Verband regte an, einen "zentralen Verantwortlichen für die Themen der digitalen Welt im Bundeskabinett" zu etablieren.

Eine bundesweite Internet-Strategie mit klaren Zielen und Fristen sei nötig, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Die Kommissionen und Arbeitsgruppen zum Thema Internet-Politik seien aus dem Boden geschossen, mit der Folge, dass es in wichtigen Fragen keine einheitlichen Aussagen und Weichenstellungen gäbe.

Anlass zur Kritik gibt es in der Tat. Erst vor wenigen Tagen hatte die Verbraucherschutz verantwortliche Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) öffentlich Google Streetview kritisiert und gesagt, der Suchmaschinen-Primus müsse sich vorab die Zustimmung der Bürger einholen, deren Häuser und Straßenzüge gefilmt werden sollen. Kanzlerin Angela Merkel sieht indes weniger Grund zur Panik. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft sagte sie: "Diejenigen, die finden, dass dies ein Eingriff in ihre private Sphäre ist, können von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen."

Umstritten ist auch die Vorratsdatenspeicherung, zu der morgen das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Telefongesellschaften und Internet-Provider sind dazu verpflichtet worden, die Verbindungsdaten jedes Bürgers für sechs Monate aufzubewahren. Natürlich war der Aufschrei groß - nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen, sondern auch wegen des Aufwands, der den TK-Gesellschaften zugemutet wurde.

Der Bitkom kritisiert diese Maßnahmen, hat aber auch Lob für die Regierung übrig. "Die Politik hat mit den IT-Gipfeln die Wichtigkeit unserer Branche erkannt", sagte Scheer, bei der Einrichtung geeigneter Strukturen gebe es aber Nachholbedarf. Gut sei beispielsweise, dass der Bund einen CIO habe, der für die Koordination der IT-Systeme verantwortlich sei. Jetzt brauche man aber auch einen CEO, eine Instanz darüber also, die der ITK-Branche das Gewicht verleihe, das ihr zukomme. Scheer betonte nicht nur, wie abhängig alle anderen Branchen von der ITK als Querschnittstechnologie seien, er wies auch auf die gesellschaftliche Bedeutung hin, die ihr mehr und mehr zukomme. Dem müsse auf politischer Ebene Rechnung getragen werden.

Talsohle im ITK-Markt ist durchschritten

Was die wirtschaftliche Entwicklung des ITK-Marktes in Deutschland angeht, zeigte sich der Bitkom-Präsident optimistisch: "Unser Branchenindikator zeigt einen sehr deutlichen Sprung nach oben!" 2010 sei ein Übergangsjahr, 2011 würden die Geschäfte deutlicher wieder anziehen. Dafür seien im Wesentlichen die Software- und die IT-Servicebranche verantwortlich. (Siehe auch die aktuelle Studie von IDC und COMPUTERWOCHE: "So planen IT-Anwender 2010")

Licht am Ende des Tunnels: Die Umsätze der Bitkom-Mitglieder ziehen wieder deutlich an.
Licht am Ende des Tunnels: Die Umsätze der Bitkom-Mitglieder ziehen wieder deutlich an.
Foto: Bitkom

Von diesen Märkten erwartet der Verband 2010 Einnahmenzuwächse von 0,9 beziehungsweise 2,2 Prozent. Im nächsten Jahr sollen es dann 5,0 respektive 4,1 Prozent sein. Investitionsbereit zeigten sich vor allem die Öffentliche Hand, die Energiewirtschaft und die wieder genesenen Banken. Von Maschinenbau und Automobilbranche erwartet der Bitkom vorerst noch keinen größeren Nachfrageschub.

Minimales Wachstum soll auch den Hardwaremarkt ereilen - von 0,2 in diesem und 1,1 Prozent im kommenden Jahr ist die Rede. Zwar gebe es durch die starke Nachfrage nach Netbooks und Smartphones ein enormes Mengenwachstum, doch der ebenso rasante Preisverfall sorge dafür, dass die Bilanz unterm Strich eher bescheiden bleibe. "Wir brauchen derzeit ein Mengenwachstum von acht Prozent, um eine ausgeglichene Umsatzbilanz vorzuweisen", verdeutlichte Scheer die Relationen.

Kommt die "deutsche Cloud"?

Auch zu den Toptrends 2010 nahm der Verband Stellung. Eine Umfrage unter den Mitgliedern des Bitkom zeige, dass Cloud Computing, Virtualisierung, IT-Security und das mobile Internet mit den größten Wachstumsschüben rechnen könnten. Diese Bereiche wurden jeweils von 40 bis 45 Prozent der Mitglieder als Topthemen genannt.

In diesem Zusammenhang wies Scheer darauf hin, dass Cloud Computing derzeit in den Händen weniger großer US-Konzerne liege. Viele deutsche Unternehmen ließen sich deshalb davon abhalten, sensible Daten in der Cloud zu verwalten. Der Bitkom strebe nun im Rahmen einer "abgestimmten Strategie" die Etablierung einer deutschen Cloud an. Noch am CeBIT-Freitag will das Präsidium dazu einen Vorschlag präsentieren.