Bitkom: "Besorgnis erregende Tendenz zum Überwachungsstaat"

04.06.2007
Von Dorothea Friedrich
Die Hightech-Branche protestiert gegen Forderungen aus dem Bundesrat zur Überwachung von Telekommunikation und Internet. Das teilte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) jetzt mit.

Mehrere Ausschüsse des Länderparlaments wollen im Rahmen der geplanten Vorratsdatenspeicherung auch die umstrittene Online-Durchsuchung von Computern einführen. "Geheime polizeiliche Angriffe auf PCs müssen tabu bleiben", forderte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. "Die Regierung muss das Vertrauen in moderne Technik stärken, nicht Nutzer verunsichern." Beim konkreten Verdacht einer Straftat reiche geltendes Recht – so könnten PCs bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt werden.

Der Bitkom kritisiert, dass der Bundesrat rechtsstaatliche Standards weiter aufweichen will. Beim Abhören von Telefonaten müssen Betroffene bisher nachträglich informiert werden. Diese Verpflichtung will der Bundesrat teilweise einschränken. Zudem sollen Telefon-Verbindungsdaten ein ganzes Jahr gespeichert werden, nicht nur sechs Monate wie bisher vorgesehen. Rohleder sieht darin "eine besorgniserregende Tendenz zum Überwachungsstaat". Der Vorschlag lasse jedes Augenmaß vermissen und seit aus Bitkom Sicht verfassungswidrig.

Der Branchenverband fordert, die Überwachungsregeln nicht schärfer zu formulieren, als es die EU verlangt. "Die Privatsphäre der Telefon- und Internet-Kunden muss so weit wie möglich respektiert werden", so Rohleder. "Der Staat darf sie nicht unter Generalverdacht stellen." Allerdings sieht der Bitkom eine Forderung der Hightech-Wirtschaft berücksichtigt: "Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats erkennt an, dass die Netzbetreiber für ihre gesetzliche Mitwirkung an der Telefon-Überwachung entschädigt werden müssen. "Die Firmen haben Millionen in teure Spezialtechnik und Personal investiert", sagte Rohleder. Ein drei Jahre altes Versprechen der Regierung, diese Kosten zu erstatten, sei noch nicht eingelöst. Für die geplante Vorratsdatenspeicherung muss die Branche nach einer Verbandsschätzung zusätzlich 50 bis 75 Millionen Euro investieren.