Bislang groesster Software-Coup in Vorbereitung CA kauft Legent: Letztes Sammeln im MVS-Markt

02.06.1995

MUENCHEN (qua) - Vorausgesetzt, die Kartellbehoerden melden keine Bedenken an, wird sich die Computer Associates International Inc. (CA) den System-Management-Konkurrenten Legent Corp. einverleiben. Nachdem der Microsoft-Intuit-Deal geplatzt ist, koennte dies mit rund 1,78 Milliarden Dollar die teuerste Firmenuebernahme in der Geschichte der Software-Industrie werden.

47,95 Dollar pro Legent-Aktie will CA hinblaettern. Bei 37,2 Millionen Anteilsscheinen auf dem Markt summiert sich der Kaufpreis damit auf stolze 1,78 Milliarden Dollar - nach Ansicht enttaeuschter Legent-Mitarbeiter allerdings viel zuwenig. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Akquisitionsabsichten schnellte der Wert des Legent-Papiers an der Wall Street um fast 50 Prozent hoch und lag am folgenden Wochenende bei 43,25 Dollar. Auch fuer Computer Associates schaetzt die New Yorker Boerse den Deal als positiv ein. Jedenfalls bewegte sich der Kurs der CA-Aktie um einige Prozentpunkte nach oben, so dass sie am 26. Mai mit 69,25 Dollar gehandelt wurde.

Nachdem CA zwischen dem 1. April 1994 und dem 31. Maerz 1995 rund 2,6 Milliarden Dollar einnahm, koennte das Software-Unternehmen im laufenden Geschaeftsjahr leicht die Drei-Milliarden-Dollar-Grenze ueberspringen. Legent setzte im vergangenen Jahr mehr als 500

Millionen Dollar um.

Allerdings wird sich die juengste Akquisition zunaechst einmal negativ auf Profit und Cash-flow auswirken. Um den Kauf zu finanzieren, hat Computer Associates bei der Credit Suisse einen Schuldschein ueber zwei Milliarden Dollar unterschrieben.

Die Vorstaende der beiden Unternehmen sowie der mit einem Anteil von zehn Prozent groesste Legent-Aktionaer General Atlantic haben der Transaktion bereits zugestimmt.

CA ist in der Vergangenheit wiederholt durch spektakulaere Uebernahmen in Erscheinung getreten. Den ersten Schritt auf dem Weg zum Software-Imperium legte Gruender und CEO Charles Wang 1987 mit der Uebernahme des RZ-Software-Spezialisten Uccel.

Ironie des Schicksals: Der Schock, den dieses Manoever in der gesamten Software-Industrie ausloeste, galt unter Branchenbeobachtern als Initialzuendung fuer die Gruendung der Legent Corp. 1988 beschlossen die beiden kerngesunden Systemsoftware- Anbieter Morino Associates und Duquesne Systems, ihre Kraefte zu buendeln, um einer eventuellen Uebernahme durch Computer Associates vorzubeugen.

Im Mainframe-Business grossgeworden, hat sich Legent erst vor kurzer Zeit angeschickt, den Client-Server-Markt zu bedienen. Unter der Bezeichnung "Cross Platform Environment" (XPE) bietet das Unternehmen neuerdings eine Art Rahmenwerk fuer das Management dezentraler Systeme an. Inwieweit sich XPE mit den CA-Produkten der "Unicenter"-Reihe integrieren laesst, werden erst die kommenden Monate zeigen.

Einige Marktbeobachter aeusserten den Verdacht, CA beabsichtige lediglich, einen seiner staerksten Konkurrenten vom Markt zu kaufen. Legent wird nach IBM und CA als die Nummer drei auf dem Markt fuer Systemsoftware-Produkte gehandelt - weit vor Mitbewerbern wie Candle, Sterling Software sowie Boole & Babbage. Zudem vermuten CA-Kritiker, dass dem notorischen Akquisiteur vor allem daran gelegen sei, die bestehenden Wartungsvertraege fuer Legent-Produkte zu uebernehmen.

Andere Analysten gestehen dem Software-Goliath allerdings ein Interesse an der XPE-Technologie zu. Zu ihnen gehoert Barbara Sannerud, System-Management-Expertin bei der Gartner Group in Stamford, Connecticut. Ihrer Meinung nach koennte das Legent- Produkt Luecken schliessen, die CAs Unicenter nach wie vor aufweise - beispielsweise auf den Gebieten Change-Management, Kapazitaetsplanung und Rueckwaertsverfolgung.

Jemand, den die Uebernahme wohl kaum freuen wird, ist Legent-CEO Jerre Stead. Er war erst Anfang dieses Jahres von AT&T Global Information Solutions zu Legent gewechselt und hatte sich, so urteilen seine Mitarbeiter, darum bemueht, einen kooperativen Fuehrungsstil und ein wenig Sensibilitaet fuer Fragen der Geschaeftsethik in das Unternehmen einzubringen. CA-Chef Charles Wang hingegen ist eher fuer seine einsamen, streng profitorientierten Entscheidungen beruehmt. Nach Ansicht von Insidern wird Stead wohl das Handtuch werfen.

In Deutschland hingegen war Legent bereits seit Februar mehr oder weniger fuehrungslos. Nachdem Lex Hennequin das Unternehmen "aus persoenlichen Gruenden" verlassen hatte, wurde die Legent GmbH mit Sitz in Neu-Isenburg von dem Briten Larry De Leon geleitet, der jedoch lediglich als Interims-Geschaeftsfuehrer galt.