Bisher wenige erfolgreiche Projekte

Bisher wenige erfolgreiche Projekte Anwender mühen sich mit R/3 Retail

15.01.1999
FRAMINGHAM (IDG) - Die Einführung der neuesten R/3-Variante für den Handel sorgt für Unmut bei den Kunden. Jüngster Fall ist die Supermarktkette Corporación de Supermercados Unidos (CSU) in San José, Costa Rica. Durch Bugs und Performance-Probleme befürchten die Manager Mehrkosten von zwei Millionen Dollar.

Unmittelbar nach der Liveschaltung von SAP Retail im vergangenen Oktober begannen bei CSU die Schwierigkeiten. Vor allem die Prozesse für Warenbestellungen und Umsatzbuchungen aus den rund 100 angeschlossenen Filialen sowie die Steuerung der Warenauslieferung im Zentral- lager des Unternehmens laufen unzumutbar langsam ab. "Wir wußten, daß im neuen Release noch Fehler stecken, aber mit solchen Problemen hat keiner gerechnet", klagt Hugo Pereira, SAP-Projekt-Manager bei CSU. Die konzernweite Einführung habe sich bereits verlangsamt, da zum Beispiel Transaktionen und Datenfehler zwischen der bisherigen AS/400- Anwendung und R/3 Retail händisch korrigiert werden müßten. Auch die Projektkosten schießen voraussichtlich von sieben auf neun Millionen Dollar in die Höhe.

Bei SAP indes fühlt man sich unschuldig. Laut Raul Vejar, Managing-Director für Mexiko und Südamerika, rühren die Probleme bei CSU vor allem daher, daß das Handelsunternehmen statt der seit dem Sommer erhältlichen Vollversion eine Betaausgabe nutze. Vejar hoffe deshalb, daß sich mit einer Migration bei CSU in Kürze alle Probleme beseitigen lassen. Beistand erhält der gescholtene SAP- Manager zudem von Jim Shephard, Analyst bei AMR Research. Für den Marktbeobachter ist es übliche Praxis, daß erfahrene R/3-Shops Anwendungen mit frühen Produktversionen entwickeln. Für Neukunden wie CSU sei dies aber ein sehr riskanter Weg.

"Hinzu kommt, daß die SAP-Retail-Technik noch kaum erprobt ist und deshalb die Einführung für CSU zusätzlich erschwert", schränkt Shephard seinen Vorwurf ein. Tatsächlich ist das Unternehmen aus San José derzeit der einzige Projektkunde der SAP-Handelslösung in Mittelamerika, und auch in den USA sind bisher nur zwei Installationen produktiv. Eine der beiden Referenzanwendungen ist MJ Designs, eine Handelskette für Handwerkerbedarf aus dem texanischen Coppell. Laut IT-Chef Colby Springer gab es bei der Einführungsphase von R/3 Retail dort lediglich kleinere Probleme, und die Arbeit beschränkte sich auf das Tuning. Ein drittes US- Projekt scheiterte hingegen im Oktober bei Nasfinch, einem Lebensmittelgrossisten und Supermarktbetreiber aus Minneapolis. Dort wurde das 76 Millionen Dollar teure SAP-Projekt auf Eis gelegt, nachdem sich zeigte, daß die Arbeiten nicht mehr rechtzeitig zum Jahr 2000 abgeschlossen werden konnten.