Bis Ende des Jahres soll der Pentium-Nachfolger fertig sein Intel gibt erste technische Details des P6-Chips bekannt

03.03.1995

MUENCHEN (wm) - Intel hat die ersten Details des "P6"-Prozessors veroeffentlicht. Der Nachfolger des Pentium-Chips soll in der zweiten Haelfte dieses Jahres in Produktion gehen - die ersten P6- PCs waeren demnach noch in diesem Jahr erhaeltlich. Die technische Leistungsfaehigkeit des Chips ist unbestritten, so dass Intel aller Wahrscheinlichkeit nach weiter Spitzenreiter im Prozessorgeschaeft bleiben wird.

1995 soll nach den Vorstellungen des Quasimonopolisten noch ganz im Zeichen des Pentium-Prozessors stehen. Erst wenn gegen Ende des Jahres die Konkurrenzprodukte wie AMDs "K5" und der "M1" von Cyrix auf den Markt kommen, wird Intel wahrscheinlich mit dem P6 aufwarten koennen - einem Prozessor, der 50 Prozent mehr Rechenleistung bringt als die Chips von AMD oder Cyrix. Im Specint92-Test soll Intels P6 die 200er-Marke ueberschreiten und damit doppelt soviel leisten wie die "586"-CPU von Nexgen und der Pentium-Prozessor mit einer Taktrate von 100 Megahertz.

Stimmen die Werte, dann stuende der Weg frei zur Spracherkennung am PC; Bildverarbeitung und Videokonferenz im vollen Bildschirmformat waeren nicht laenger Spezialrechnern vorbehalten. P6-PCs werden anfangs allerdings eine teure Sache sein - die 8000-Mark-Schwelle duerften die Geraete erst Mitte 1996 unterschreiten, schaetzt Linley Gwennap, Chefredakteur des Branchenblattes "Microprocessor Report". Zum Massenprodukt fuer 5000 Mark oder weniger wuerden P6- Systeme wohl erst 1997.

256 KB Cache wird Intel im P6 unterbringen

Die Konstruktion des P6-Prozessors erfordert eigens relativ teure Komponenten drumherum und einen Neuentwurf der Hauptplatine. Einer der Gruende dafuer ist ein zusaetzlicher, 256 KB grosser Zwischenspeicher (Cache) auf dem Prozessor selbst. Der Prozessorkern des P6 enthaelt einen 16 KB grossen Cache, der direkt in die Befehlsverarbeitung integriert ist (Level-1-Cache) - genauso ist der Pentium-Prozessor aufgebaut.

Doch anders als dort ist zwischen diesem Kern und dem Arbeitsspeicher des PCs ein weiteres Datendepot untergebracht - dieser Level-2-(L2-)Cache wird mit der gleichen Taktrate von 133 Megahertz angesprochen wie der Prozessor selbst. Zum Vergleich: Mit dem Arbeitsspeicher und der restlichen Peripherie wird der neue Chip nur mit einer Taktrate von 33 bis 66 Megahertz kommunizieren.

Dieser integrierte L2-Cache bringt nur einen relativ kleinen Leistungszuwachs, verglichen mit einem gleich grossen Zwischenspeicher ausserhalb des Prozessors. Dennoch wird er Intel mehrere Vorteile verschaffen:

- Der L2-Cache verteuert den Chip um zwanzig bis dreissig Prozent, so dass Umsatz und Gewinn wesentlich groesser ausfallen als ohne den Zwischenspeicher. Intel kassiert damit einen Teil der Marge, die bisher die PC-Hersteller einfahren konnten, wenn sie die Rechner mit externem L2-Cache ausstatteten.

- Der P6 hat 387 Pins - 90 mehr als die Pentium-, M1- oder K5-CPU. Der Wechsel von einem dieser Prozessoren zum P6 wird damit so gut wie unmoeglich. P6-Clones muessen also ebenfalls mit diesem teuren Cache ausgestattet werden, so dass die Clone-Hersteller Intels P6- Verkaufspreis kaum unterbieten koennen.

Die Kuehlung der P6-CPU wird kostspielig. Der Prozessor verbraucht im Durchschnitt 14 Watt Strom, unter Umstaenden kann der Verbrauch aber auf 20 Watt steigen. Das seien zwar "nur" 25 Prozent mehr als bei den ersten Pentium-Modellen, wie ein Intel-Sprecher sagte, doch die damaligen Turbulenzen um die Kuehlung dieses Chipheizkoerpers duerften eigentlich noch in Erinnerung sein.