Bis 1995 rund 50 Millionen Stueck Chip-Karte soll in Frankreich Versicherungsformular ersetzen Von CW-Mitarbeiter Lorenz Winter

26.11.1993

Ueber ein soeben gegruendetes Konsortium wollen sich Bull CP8, die auf die Herstellung von Chip-Karten spezialisierte Tochtergesellschaft des Pariser Computerfabrikanten, und die zum Philips-Konzern gehoerige Firma TRT an der Ausschreibung zur Entwicklung einer elektronischen Sozialversicherungskarte in Frank- reich beteiligen.

Innerhalb von zehn Jahren, so schaetzen Fachleute, sollen in das Projekt "Carte Vitale" einschliesslich Kartenleser etc. 20 Milliarden Franc (5,7 Milliarden Mark) fliessen. Die neuen Chip- Karten werden voraussichtlich ab 1995/96 die bisher ueblichen Erstattungsformulare ersetzen, deren Zahl in Frankreich auf jaehrlich 800 Millionen Blatt beziffert wird.

Im Gegensatz zu der heute schon ueblichen Telefonkarte dient die Sozialversicherungskarte nicht der Abwicklung von Zahlungen, sondern lediglich der Identifizierung des Inhabers sowie der Pruefung seines Anrechts auf Erstattungsleistungen der Kassen. Zu diesem Zweck muss die "Carte Vitale" von Zeit zu Zeit elektronisch aktualisiert werden. Geldbetraege sind im Chip dagegen nicht gespeichert.

Da nach Umfragen etwa 40 Prozent der Franzosen das Prinzip einer solchen Karte bejahen, weitere 20 Prozent sie jedenfalls akzeptieren wuerden, bestehen fuer spaeter Plaene, sie zu einer Art Patientenstammkarte weiterzuentwickeln, die auch medizinische Daten des Traegers enthaelt.

Erste Tests mit Sozialversicherungskarten fanden in Frankreich schon 1987 statt. In der jetzt zu Ende gehenden zweiten Versuchsphase wurden in fuenf Staedten etwa 18 000 Chip-Karten ausgegeben. Anders als beim Telefonkartentest von 1982 konkurrierten dabei keine verschiedenen Technologien miteinander, sondern alle Karten funktionierten nach dem gleichen System. Bei dem bis September 1995 laufenden letzten Versuch werden in vier Staedten bereits 420 000 Karten verteilt, danach sollen dann alle 50 Millionen Beitragszahler beziehungsweise Leistungsempfaenger die "Carte Vitale" erhalten.

Parallel dazu haben die verschiedenen Krankenkassen und oeffentlichen Versicherungsanstalten Frankreichs inzwischen auch die Entwicklung einer elektronischen Stammkarte fuer die 1,2 Millionen Aerzte, Zahnaerzte und Mitglieder verwandter Berufsgruppen ausgeschrieben. Auch diese "Carte des Professionnels de Sante" (CPS) dient vor allem als Hilfsmittel zur Identifizierung des Inhaltes.