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Bill Gates wettet weiterhin auf .Net

25.07.2002
Microsofts Chief Software Architect ist sich sicher, dass der Software-Architektur .Net die Zukunft gehört. Er räumte ein, dass auf dem Weg dorthin bislang nicht alles nach Plan lief.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Rahmen eines eintägigen Briefing für Presse und Analysten bilanzierte Microsofts Chief Software Architect Bill Gates gestern den Stand der Dinge in Sachen ".Net". Der Konzerngründer wettet auch weiterhin sein Geschäft auf die neue Software-Architektur, räumte aber ein, dass bislang nicht alles planmäßig gelaufen sei. "In mancher Hinsicht sind wir heute schon weiter als gedacht; in mancher Hinsicht haben wir aber auch nicht den geplanten Fortschritt erzielt", räumte Gates auf dem .Net Briefing am Firmensitz Redmond ein. Er kündigte außerdem neue Produkte für die "Phase zwei" von .Net an. Zur Roadmap gehören neue Server - Windows .Net Server, SQL Server sowie ein Echtzeit-Kommunikations-Server (Codename "Greenwich") - sowie Privacy- und Entwicklerangebote.

"Die .Net Enterprise Server haben wir vielleicht voreilig .Net genannt", räumte Bill Gates ein.
"Die .Net Enterprise Server haben wir vielleicht voreilig .Net genannt", räumte Bill Gates ein.

Microsofts neue Server sollen stärker ".Net-fertig" sein, sprich stärkere XML-Unterstützung bieten. Gates räumte ein, dass frühere Produkte wohl voreilig als ".Net ready" vermarktet worden seien. Im September 2000, gerade zwei Monate nach der ersten Vorstellung des .Net-Konzepts, lieferte das Unternehmen mit den ".Net Entprise Servern" eine Reihe von Paketen mit zusätzlichen XML-Layer aus - "Biztalk Server 2000", "Exchange Server 2000", "SQL Server 2000", "Commerce Server 2000", "Application Center 2000" sowie den "Internet and Security Acceleration Server 2000". "Diese als .Net-Produkte zu bezeichnen war voreilig", gestand Gates. "Wir haben seither Zusätze für diese Server gebaut und haben nun volle Unterstützung für XML und SOAP-basierte Fähigkeiten."

Zu den Servern mit verbessertem Support für XML und SOAP (Simple Object Access Protocol) gehört der Windows .Net Server, dessen erster Release Candidate (RC1) gestern angekündigt wurde. Das Server-Pendant zu Windows XP unterstützt das .Net Framework und XML nativ und beherrscht auch UDDI (Universal Description, Discovery and Integration). Kunden erhalten den RC1 in der kommenden Woche, ein Datum für die endgültige Version wurde indes nicht genannt. "Windows wird eines der ersten Produkte für die zweite Phase von .Net", erklärte Jim Allchin, Group Vice President Platforms, der gemeinsam mit Gates auftrat.

Ebenfalls geplant sind Greenwich, ein Server für Kommunikation und Teamarbeit in Echtzeit, sowie die neue Generation der Datenbank SQL Server (Codename "Yukon"). Gates kündigte in diesem Zusammenhang außerdem die "SQL Server Notification Services" für SQL Server 2002 vor, ein System XML-basierter Alerts, mit denen man einzelne Nutzer über unterschiedliche Kanäle über neue oder geänderte Daten informieren kann.

Gates räumte weiter ein, dass auch die .Net My Services nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt hätten. Das Unternehmen hatte sich trotz einiger früher Erfolge entschieden, diese auch unter dem Codenamen "Hailstorm" gehandelten Dienste nach negativer Reaktion von Kunden zu verschieben. Vor allem Großkunden zeigten sich unwillig, wichtige Kundendaten in Microsofts Hände zu geben. "Es gab dabei Elemente, die in gewisser Hinsicht unausgereift waren", so Gates, "zum Beispiel unser ganzes Datenmodell und die Art, wie wir Dritten die Datenspeicherung erlaubt haben."

Das Konzept von .Net in einer schematischen Übersicht.
Das Konzept von .Net in einer schematischen Übersicht.

Allchin widmete sich dem Thema Datenschutz und demonstrierte neue Tools für den Single-Sign-on-Dienst "Passport", bei denen Benutzer die Verwendung ihrer Daten für jede Site einzeln festlegen können. Verschiedene Websites berichten unabhängig davon laut "Computerwire", die neue Version "Passport .Net" sei verschoben worden, ein Termin für die Umstellung sei noch nicht bekannt.

Zusammen mit Covalent arbeitet Microsoft daran, .Net auch für den populären Open-Source-Webserver "Apache" anzubieten. Dies könnte die Entwicklerbasis erheblich vergrößern - nach Messungen von Netcraft laufen über die Hälfte aller Sites weltweit unter Apache. Daneben gab es gestern noch eine Reihe weiterer Ankündigungen, unter anderem Visual Studio .Net Everett, Visual Studio für Yukon, zwei Versionen des Web-Services-Toolkit für Office XP sowie die neue Version 8.0 des Online-Dienstes MSN, der unter anderem Passport sowie .Net Alerts unterstützt und deutlich besseren Schutz gegen Spam bieten soll.

Trotz der gemischten Erfolgsbilanz sieht Bill Gates Microsoft weiterhin auf dem richtigen Kurs. "Die Richtung, die wir vor zwei Jahren angekündigt haben, ist 100-prozentig die Richtung in die wir uns bewegen und in die wir in den kommenden Jahren unsere ganze gesteigerte Forschung und Entwicklung stecken werden."

Den Wortlaut von Gates' Rede zu .Net könnten Interessierte hier (in englischer Sprache) nachlesen. (tc)