Bildschirmtext-Anbieter und -Anwender müssen weiter auf Gebührenordnung der Post warten:Btx: Heißes Eisen für EDV-Manager

08.10.1982

STUTTGART (CW) - In der Hoffnung, endlich Klarheit über die Gebührenordnung der Bundespost zu erhalten, waren rund 2000 Interessenten zum vierten bundesweiten Btx-Anwendertreffen nach Stuttgart gekommen. Doch der bisherige Bundespostminister Matthöfer vertröstete die Zuhörer auf Ende des Jahres. Sein Argument: die Bonner Regierungskrise.

Unklar bleibt also weiterhin, wieviel die Btx-Anbieter für die Abspeicherung ihrer Bildschirmtextseiten in den Postrechnern bezahlen müssen. Hier schwieg Matthöfer, während er bei den monatlichen Modemgebühren für die Benutzer nur vage Andeutungen machte ("deutlich unter zehn Mark"). Geschockt war mancher Teilnehmer durch die zu erwartenden Gerätepreise. So soll ein Decoder nach Meinung des Ministers rund 1000 Mark kosten. Hinzu kommt die Anschaffung einer Btx-Tastatur für etwa 500 Mark. Klaus-Dieter Ahrens, EDV/Org.-Chef beim Jahreszeiten-Verlag, Hamburg: "Solche hohen Anschaffungen wird der Konsument kaum tragen wollen. Die Hoffnung der Anbieter geht dahin, daß der Preis für den Decoder 300 Mark und für die Tastatur 70 Mark betragen wird. Diese Einmalkosten sind am Markt durchsetzbar."

Der Jahreszeiten-Verlag ist einer von rund 100 Btx-Anbietern, die sich in Stuttgart zu einer bundesweiten Vereinigung zusammengeschlossen haben. Sitz der neuen "Btx-Anbieter-Vereinigung" ist Berlin, ihr Vorsitzender Adalbert Rohloff, Sprecher des Btx-Anbieter-Clubs in Berlin.

Trotz der Ungewißheiten, die noch bei den Gerätepreisen und Postgebühren liegen, entwickelt sich der "wichtigste Dienst im gesamten Feld der neuen Medien" (Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Eberle) zu einem lebhaften Technologie-Marktplatz. "Wir hätten die Ausstellungsfläche dreimal verkaufen können," meinte der Organisator des Anbietertreffens, der Verlag Neue Pressegesellschaft in Ulm. Knapp 40 Aussteller zeigten ihr Angebot.

"Erhebliche Fortschritte" registrierte EDV-Chef Ahrens bei "der Kombination von mikroprozessorgesteuerter Bildplatte und Btx", einem Philips-Produkt, das vor einem halben Jahr auf dem Diebold-Btx-Kongreß noch als Prototyp zu besichtigen war. Möglicher Einsatzschwerpunkt: die Schulung.

Nach Meinung Ahrens hat sich Bildschirmtext als ein potentielles Mittel für die interne Kommunikation in Groß- und Mittelbetrieben bei EDV-Anwendern "außerhalb Verlags- und Medienbranche sowie Endverbraucher-orientierten Unternehmen" noch nicht durchgesetzt, obwohl auch hier das Angebot ständig zunimmt.

Neben organisatorischen Problemen tauchen hier vor allem aber auch softwaretechnische Hindernisse auf, die Bildschirmtext für viele EDV-Chefs zum "heißen Eisen" werden lassen.

Das Service-Unternehmen CAS in Neustadt an der Weinstraße zeigte auf dem Anbietertreffen ein Btx-fähiges Warenwirtschaftssystem. Außerdem wurde die Datenbank Stairs (IBM) über benutzerfreundliche Btx-Schnittstellen kommunikationsfähig mit dem neuen Massenmedium gemacht. Willi Weigel, Leiter der Organisation und Verwaltung der CAS, meint: "Das Bildchenmalen tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Die EDV-Chefs erkennen zunehmend, daß der Rechneranschluß einen intelligenten Informationsaustausch erlaubt. Überall dort, wo die Benutzer einen quantitativ geringen, qualitativ aber hochwertigen Datenaustausch betreiben wollen, empfiehlt sich der interne Einsatz von Btx."

Benutzerfreundlichkeit war denn auch das vorherrschende Thema an den Ständen, aber auch im Plenum. So bildete die neue Anbieter-Vereinigung einen Arbeitskreis, der sich gemeinsam mit der Post Gedanken darüber machen will, wie der üppig sprießende Suchbaum mit seinen bald 10 000 Verzweigungen beschnitten werden kann. Denn so besteht die Gefahr, daß der Benutzer durch die vielen Möglichkeiten des Suchangebots derart verwirrt wird, daß er die von ihm ursprünglich gewünschte Information nicht mehr findet. Der Plan: Weniger als 2000 Verzweigungen.