Bildschirmtext

11.11.1977

Daß Computerleistung aus der Steckdose - für jedermann - im Wohnzimmer - per Telefon - und per Fernsehgerät - und mit Zugriff auf Datenbanken und auf Programmpakete - technologisch machbar ist, war seit langem unumstritten.

Daß aus Schlagworten in absehbarer Zeit tatsächliche Realität werden könnte, war die wichtigste Erkenntnis von Besuchern der Systems 77, die sich nicht allein über aktuelle Alltagsprobleme der Praxis informieren, sondern auch den Stand der Deutschen Bundespost besuchten, wo rund um nahezu fünfmeterhohe Telefonhörer-Attrappen das Konzept für den "Fernmeldedienst Bildschirmtext" vorgestellt wurde.

Es könnte sein, daß mancher Systems-Besucher wieder nach Hause fuhr, ohne bemerkt zu haben, was neben den vielen "revolutionären" Produktverbesserungen die eigentliche und ausschließliche "revolutionäre" Neuankündigung dieser Messe war. Wer hätte denn auch so etwas von der Deutschen Bundespost erwartet?

Revolution? Im Bewußtsein, daß man mit diesem Wort vorsichtig umgehen sollte, erscheint diese Wertung durchaus angebracht zu sein, wenn man konsequent weiterdenkt, welche Auswirkungen "Bildschirmtext" als "Fernmeldedienst der 80er Jahre" haben könnte.

Umfassende Dienste für jedermann

Statt einer Systembeschreibung (der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, Bonn DD.4000.7.77/545 - lesenswerte 43 Seiten) einige Highlights: Per Fernbedienung für den häuslichen Fernsehapparat kann auf dem Bildschirm im Wohnzimmer im komfortablen Dialog mit zentralen Rechnern abgerufen werden was immer interessiert, vorausgesetzt, in den Bildschirm-Textzentralen wären von "Informations-Anbietern" die gewünschten Informationen gespeichert. Die geplanten Bildschirmtext-Leistungen: "Information für mehrere", zum Beispiel Nachrichten, Theaterprogramme, Bestsellerlisten, Stellenangebote, Vereinsmitteilungen; "lnformationen für den einzelnen", zum Beispiel Bestellungen beim Versandhaus, Reservierungen beim Reisebüro, Buchungen bei den Kreditinstituten; "Dialog mit dem Rechner", hier ist der Originaltext der Postankündigung "künftige Dienste in den 80er Jahren" angezeigt: Unter "Anwendungs-Beispiele" werden nicht nur Computerspiele und Heimkurse per computerunterstütztem Unterricht angeführt, sondern auch "mathematische Berechnungen, programmgeführte Berechnungen (Kalkulationen, Renten, Finanzierungen, Steuererklärung)". Wie weit ist es dann noch unter der Kategorie "Rechendienstleistungen" bis zur Bereitstellung von Programmen ß la Scientific Subroutine Package - für die alltäglichen Statistik-Auswertungen von Marktforschern und Dammböschungs-Berechnungen für Wasserbauer?