Tarifvertrag zur Bildschirmarbeit

Bildschirmarbeit aus der Sicht der Gewerkschaften

08.12.1989

Die Gewerkschaft ÖTV hat am 3.11. 1987 mit der hessischen Landesregierung einen Tarifvertrag über "Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern auf Arbeitsplätzen mit Geräten der Informationstechnik" abgeschlossen. Dieser Tarifvertrag wurde mittlerweile von allen Bundesländern übernommen. Wichtige Auszüge des "Tarifvertrag zur Bildschirmarbeit", der für rund 140 000 Beschäftigte gilt, sind:

° 5 Schutzbestimmungen

1. Der erstmalige Einsatz eines Arbeitnehmers auf einem Bildschirmarbeitsplatz bedarf seiner Zustimmung, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat.

2. Die Umstellung der Tätigkeit des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz, mit einem Gerät

der Informationstechnik ist grundsätzlich so vorzunehmen, daß die tarifliche Eingruppierung/Einreihung des Arbeitnehmers nicht negativ verändert wird.

3. Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf Bildschirmarbeitsplätzen eingesetzt werden, sind auf einen anderen, möglichst gleichwertigen Arbeitsplatz um

zusetzen. Etwaige Umschlungen sind auf Kosten des Arbeitsgebers durchzuführen und sollen während der Arbeitszeit stattfinden. Den Arbeitnehmern ist ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Einarbeitung zu geben.

5. Werdende Mütter dürfen nicht an Bildschirmgeräten beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis die Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Die Mutter soll nach Beendigung der Mutterschutzfrist oder des Erziehungsurlaubs die Möglichkeit erhalten, auf ihren Bildschirmarbeitsplatz zurückzukehren.

° 6 Ärztliche Untersuchungen

1. Vor der Aufnahme der Tätigkeit an einem Bildschirmarbeitsplatz auf einem Arbeitsplatz, der einen fast dauernden Blickkontakt zu einem Monitor voraussetzt, ohne daß ein Bildschirmarbeitsplatz vorliegt, ist eine ärztliche Untersuchung der Augen bei den Arbeitnehmern vorzunehmen. Eine notwendige weitergehende Untersuchung nach sonstigen medizinischen Gesichtspunkten und gegebenenfalls zu Lasten anderer Kostenträger als dem Land bleibt unberührt. Nachuntersuchungen sind aus gegebenem Anlaß - ansonsten alle drei Jahre nach der jeweils Leuten Untersuchung - unter Berücksichtigung von Arbeitsplatz und Tätigkeit vorzunehmen.

° 7 Einarbeitung, Aus- und Fortbildung

1. Vor dem Einsatz von Geräten und Anwendungen der Informationstechnik im Sinne von Paragraph 2 sowie vor technischen und organisatorischen Änderungen beim Einsatz dieser Geräte sind die betroffenen Arbeitnehmer rechtzeitig und umfassend über die Arbeitsmethode und über ihre Aufgaben zu unterrichten und einzuarbeiten. Mit der Einführung von Geräten und Anwendungen der Informationstechnik im Sinne von Paragraph 2 ist den zuständigen Personalvertretungen darzulegen, ob und welche Schulungsmaßnahmen vorgesehen sind. Die Maßnahmen zur Einarbeitung, Aus- und Fortbildung sollen während der Arbeitszeit stattfinden. Finden sie außerhalb der Arbeitszeit statt, so sind sie auf die Arbeitszeit anzurechnen. Eventuell anfallende Kosten trägt das Land. Den Arbeitnehmern ist ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Einarbeitung zu geben.

2. Soweit eine Einarbeitung im Sinne von Absatz 1 nicht ausreicht, wird Fortbildung unter Fortzahlung der Urlaubsvergütung oder des Urlaubslohnes in den vom Land oder im Auftrag des Landes durchgeführten oder vom Land genehmigten Fortbildungsveranstaltungen gewährt.

° 8 Unterbrechung der Bildschirmarbeit

1. Erfordert die Tätigkeit auf einem Bildschirmarbeitsplatz fast dauernden Blickkontakt zum Bildschirm oder laufenden Blickwechsel zwischen Bildschirm und Vorlage, muß dem Arbeitnehmer nach Ablauf von 50 Minuten Gelegenheit für eine zehnminutige Unterbrechung dieser Tätigkeit gegeben werden. Unterbrechungen nach Satz 1 entfallen, wenn Pausen und Tätigkeiten anfallen, die die Beanspruchsmerkmale des Saves 1 nicht aufweisen.

2. Die Arbeitsunterbrechungen dürfen nicht zusammengezogen und nicht an Beginn oder Ende der täglichen Arbeitszeit gelegt werden. Die Unterbrechungen werden auf die Arbeitszeit angerechnet.

3. Erfordert die Tätigkeit an einem Bildschirmgerät fast dauernden Blickkontakt zum Bildschirm oder laufenden Blickwechsel zwischen Bildschirm und Vorlage und ist absehbar. daß diese Tätigkeit über eine fortlaufende Zeit von wenigstens zwei Stunden auszuüben ist, ohne daß ein Bildschirmarbeitsplatz vorliegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

° 9 Leistungs- und Verhaltenskontrollen

1. Technische Möglichkeiten, mit denen Geräte vom Hersteller angeboten werden und die sich zur Kontrolle der Leistung oder des Verhaltens der Bedienungskräfte eignen, die jedoch nicht zur Aufgabenerfüllung vorgesehen werden sollen, werden unbeschadet der Absätze 2 bis 4 nicht genutzt.

2. Personenbezogene Daten der Bedienungskräfte, die bei der Aufgabenerfüllung anfallen, werden nicht ständig und systematisch zur individuellen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle ausgewertet. Über die beabsichtigte Nutzung von Kontrollmöglichkeiten aus konkretem Anlaß anhand solcher personenbezogener Daten sollen die betroffenen Bedienungskräfte vorher informiert werden.

3. Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage mit Hilfe von Geräten der Informationstechnik gespeichert werden, dürfen nicht für Zwecke der individuellen Leistungskontrolle der Bedienungskräfte und zur Kontrolle ihres Verhaltens nur insoweit verwendet werden, als dies zur Datenschutzkontrolle, zur Datensicherung oder zur Sicherung des ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage erforderlich ist.

° 10 Einrichtung von Mischarbeitsplätzen

1. Bildschirmarbeitsplätze sollen grundsätzlich als Mischarbeitsplätze eingerichtet werden. Bei der Einrichtung neuer Bildschirmarbeitsplätze und bei Ersatzbeschaffungen für bestehende Bildschirmarbeitsplätze ist zu prüfen, ob diesem Grundsatz Rechnung getragen werden kann

2. Die Arbeit an Bildschirmarbeitsplätzen soll so gestaltet werden, daß am jeweiligen Bildschirmarbeitsplatz verschiedenartige Arbeitsvorgänge zu erledigen sind und Bildschirmarbeiten mit anderen Arbeiten durchschnittlich zu etwa gleichen Teilen wechseln.

° 11 Zusammenarbeit mit dem Personalrat

Über die Auswahl der Arbeitsbereiche, in denen Bildschirmgeräte verwendet werden sollen, die vorgesehenen Geräte, den Einsatz und wesentliche Änderungen der Verfahren und die Gestaltung der Arbeitsplätze sollen die Personalvertretungen, sobald und soweit dies möglich ist, informiert werden. Die Information der Personalvertretungen soll so frühzeitig

erfolgen, daß sie noch im Planungsstadium durch Vorschläge gestaltend eingreifen können. Dies gilt auch bei Übernahme extern entwickelter Verfahren.

° 12 Gestaltungsgrundsätze für den Einsatz der Informationstechnik

1. Der Einsatz von Geräten der Informationstechnik hat den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit Rechnung zu tragen. Das Arbeitsvermögen der an den Geräten der Informationstechnik eingesetzten Arbeitnehmer soll gefördert und ihre Gesundheit geschützt werden

2. Zur Erreichung der in Absatz 1 beschriebenen Ziele sollen unter Berücksichtigung der Aufgaben der Landesverwaltung Möglichkeiten genutzt werden, die insbesondere geeignet sind, das Handlungs- und Entscheidungsspiel der an den Geräten der Informationstechnik eingesetzten Arbeitnehmer zu erweitern.

Sie sollen den Anteil an schematischen Arbeitsabläufen verringern, die Fähigkeiten der an den Geräten der Informationstechnik eingesetzten Arbeitnehmer weiterentwickeln und ihre Kenntnisse erweitern und vertiefen und die Zusammenarbeit verbessern.

Möglichkeiten zu sozialen Kontakten sind zu erhalten, die Bedienung der Geräte der Informationstechnik zu erleichtern und die Belastungen für die an den Geräten eingesetzten Arbeitnehmer möglichst gering zu halten.