1400 Mitarbeiter müssen gehen

Bilanzskandal bei Peregrine fordert Opfer

28.06.2002
SAN DIEGO (CW) - Peregrine Systems wird in den nächsten Wochen 1400 Mitarbeiter entlassen. Das ist fast die Hälfte der gesamten Belegschaft. Das Softwareunternehmen muss seine laufenden Kosten senken, nachdem Wirtschaftsprüfer Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen der letzten drei Jahre entdeckt hatten.

Mit den Entlassungen wird der Anbieter von Asset- und Desktop-Management-Software eine Reihe seiner Niederlassungen schließen. Laut einer offiziellen Stellungnahme des Unternehmens sind davon vornehmlich Standorte in Nordamerika betroffen. Allerdings könne man nicht ausschließen, dass auch Firmensitze in Europa und Asien in die Konsolidierung einbezogen würden.

Inwieweit sich die Geschäftsbereinigungen in Deutschland auswirken werden, könne man im Augenblick noch nicht sagen, berichtet Christiane Engelmann, Marketing-Leiterin der deutschen Niederlassung von Peregrine. Zurzeit beschäftige das Unternehmen rund 70 Mitarbeiter in der deutschen Filiale.

Um die Finanzkrise zu meistern, hat das Unternehmen angekündigt, weitere Anleihen mit einem Volumen von 50 Millionen Dollar auszugeben. Ferner soll die Sparte für Supply-Chain-Enablement verkauft werden. Nicht betroffen von den Sparmaßnahmen sei jedoch das Call-Center-Geschäft, das unter dem Namen Remedy firmiert.

Ausgelöst wurde die Krise durch Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen der letzten drei Jahre. Nachdem Aktionärsvertreter im Zuge des Enron-Skandals die Bücher genauer unter die Lupe nahmen, mussten die Verantwortlichen die Gewinne nach unten korrigieren. 100 Millionen Dollar Umsätze sollen falsch verbucht worden sein.

Die Aufklärung verläuft allerdings schleppend. Nachdem KPMG die Buchprüfung von Arthur Andersen übernommen hatte, mussten die Prüfer nach kurzer Zeit wieder gehen, als bekannt wurde, dass 35 Millionen Dollar der umstrittenen Umsätze über die Beratungssparte KPMG Consulting geflossen waren. Jetzt soll Pricewaterhouse-Coopers die Ungereimtheiten in den Bilanzen aufklären.

Erste Opfer des sich anbahnenden Bilanzskandals waren Firmenchef Steve Gardner sowie Finanzchef Matt Gless, die beide Ende Mai ihren Hut nehmen mussten. Gardner leitete Peregrine seit 1997. Unter seiner Leitung kaufte das Unternehmen 16 andere Softwarefirmen auf, darunter Harbinger für 2,1 Milliarden Dollar. Analysten bezeichneten diese Kaufsumme als unfassbar hoch. Die Harbinger-Produkte sollten die Grundlage für Peregrines B-to-B-Division bilden. Mittlerweile suchen die Verantwortlichen des in San Diego ansässigen Unternehmens nach einem Käufer für dieses Geschäftsfeld. Insider machen eine verfehlte Einkaufspolitik sowie Pannen bei der Integration der Zukäufe für die Misere bei Peregrine verantwortlich.

"Wir müssen schwierige, aber notwendige Schritte unternehmen, um die Firma an das momentane Marktumfeld anzupassen", erklärt der neue CEO Gary Greenfield die drastischen Einschnitte. Die Entlassungen würden Peregrine auf lange Sicht helfen, seine Stärke zurückzugewinnen. Außerdem könne sich das Unternehmen durch den Verkauf von Geschäftseinheiten wieder auf seine Kernkompetenzen mit Software für Infrastruktur-Management konzentrieren. (ba)