Zweifellos ist Big Data eines der wichtigsten IT-Trendthemen. Ob Spezialisten oder Generalisten die neuen Aufgaben übernehmen werden, welche Berufsfelder sich herauskristallisieren und wie viele Jobs zu erwarten sind, darüber gehen die Meinungen zum Teil weit auseinander. Die Marktforscher von Gartner zum Beispiel brachten imposante Zahlen in Umlauf. Bis 2016 sollen aufgrund von Big Data weltweit rund 4,4 Millionen neue IT-Jobs entstehen.
Dabei stellt sich die Frage, wie die neuen Aufgaben aussehen und welche Qualifikationen IT-Experten mitbringen sollten, die sich mit der Technologie beschäftigen. "Den typischen Big-Data-Experten gibt es nicht", sagt etwa Klaas Bollhöfer vom Berliner Unternehmen The unbelievable Machine Company GmbH - kurz "um" genannt. Das 2008 in Berlin gegründete Startup konzentrierte sich anfangs auf Serviceangebote rund um Cloud-Technologien, doch seit 2011 kamen immer mehr Kundenanfragen zu Big Data hinzu.
Das Interesse der Kunden wächst
Von den mehr als 40 IT-Mitarbeitern betreut heute ein Viertel Big-Data-Projekte, die anderen kümmern sich um klassische Infrastrukturanfragen und Cloud Computing. Doch Bollhöfer sieht die Chancen, die sich für seine Kunden aus der Analyse großer, teils unstrukturierter Datenmengen ergeben. Welche Geschäftsmodelle sich darauf aufbauen ließen, sei noch nicht voll absehbar: "Das Potenzial ist groß, schon heute fließt viel Geld in die Infrastruktur. Doch wie sich dieser Schatz heben lässt, darüber denken wir intensiv mit unseren Kunden nach."
Steffen Braun, Geschäftsführer von KI Business Performance, einem IT-Beratungshaus in Köln, sieht vor allem für die Branchen Handel, Finanzen und Versicherungen sowie Automobil Anknüpfungspunkte und freut sich über das zunehmende Kundeninteresse: "Viele wollen von uns wissen, wie Projekte aussehen könnten und was von den Versprechen der Hersteller zu halten ist." In den vergangenen zwei Jahren sei die Technik reifer geworden, was das Vertrauen auf Kundenseite erhöht habe.
KI Business Performance beschäftigt rund 45 Mitarbeiter, darunter auch einige ausgewiesene Big-Data-Spezialisten. Benjamin Rossel ist einer dieser begehrten Experten. Er hatte sich während des Studiums auf das Thema spezialisiert. Nach einem Bachelor in Betriebswirtschaft entschied sich der heute 30-Jährige für das Master-Studium Innovations- und Informations-Management an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. "Ich habe während des Studiums schon für KI Business Performance gearbeitet und konnte so Theorie und Praxis miteinander verbinden", erläutert Rossel. In seiner Master-Arbeit untersuchte er, warum Unternehmen Schwierigkeiten haben, relevante Informationen in großen Datenmengen zu erkennen und Geschäftsmodelle daraus abzuleiten: "Für viele Firmen ist das die schwierigste Hürde für den Einstieg in dieses Themenfeld."
Noch kein einheitliches Berufsbild
Ein einheitliches Berufsbild gibt es nicht, doch Steffen Braun identifiziert drei unterschiedliche Rollen: "Der Consultant oder Analyst versteht den Kunden, die Branche und die Prozesse. Er berät in Projekten und tritt auch als Projekt-Manager auf." Für die zweite Rolle kommen nur Kandidaten in Frage, die sich in den Disziplinen Mathematik und Statistik zu Hause fühlen, denn sie übernehmen den methodischen Teil innerhalb des Projektteams. Schließlich braucht auch jedes Big-Data-Projekt Entwickler, die alles in eine Programmiersprache übersetzen können. Berufserfahrung und Branchenkenntnisse runden das Bild ab. "Es ist sehr selten, dass ein Mitarbeiter alle diese Rollen ausfüllen kann", bilanziert Braun.
Auch für Bollhöfer von The unbelievable Machine vereint kaum jemand alle wichtigen Kompetenzen auf sich. Er selbst nennt sich Data Scientist, die englische Bezeichnung umfasst etwa das Profil eines Analysten, wie es Steffen Braun beschreibt. Bollhöfer entwickelte nach einem Ingenieurstudium bei einer Multimedia-Agentur Web-Portale und Content-Management-Systeme: "Business, IT und konzeptionelle Ideen waren schon immer mein Metier." Mathematik und Programmieren mit einer Affinität zum Hacken zählen ebenso zum Profil wie Kommunikationsstärke. "Man muss der Typ dazu sein", meint der eloquente Bollhöfer. Und das klingt so, als ob nicht jeder Informatiker Data Scientist sein könne.
Noch existieren kaum formale universitäre Ausbildungswege zum Big-Data-Spezialisten, doch das muss kein Nachteil sein, wie die Gesprächspartner betonen, denn es gebe vielfältige Einstiegsoptionen. Neben herstellerspezifischen Zertifikaten und Schulungen finde man im Netz auch zahlreiche kostenlose Online-Kurse, etwa vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Bollhöfer lernte beim Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssys-teme (IAIS) in St. Augustin die Kniffe der Datenanalyse. Genauso wichtig wie das theoretische Wissen sei jedoch Berufserfahrung. Doch genau daran fehlt es in dieser noch jungen Disziplin.
- Big Data: Neue Berufsbilder
In den teilweise euphorischen Einschätzungen von Markforschern und IT-Unternehmen ist immer wieder die Rede von neuen Berufsbildern, die Big Data mit sich bringen soll. Dazu zählen unter anderem folgende Tätigkeiten: - Data Scientist
Er legt fest, welche Analyseformen sich am besten dazu eignen, um die gewünschten Erkenntnisse zu erzielen und welche Rohdaten dafür erforderlich sind. Solche Fachleute benötigen solide Kenntnisse in Bereichen wie Statistik und Mathematik. Hinzu kommen Fachkenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen beziehungsweise tätig ist und über IT-Technologien wie Datenbanken, Netzwerktechniken, Programmierung und Business Intelligence-Applikationen. Ebenso gefordert sind Verhandlungsgeschick und emotionale Kompetenz, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen geht. - Data Artist oder Data Visualizer
Sie sind die "Künstler" unter den Big-Data-Experten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Auswertungen so zu präsentieren, dass sie für Business-Verantwortliche verständlich sind. Die Fachleute setzen zu diesem Zweck Daten in Grafiken und Diagramme um. - Data Architect
Sie erstellen Datenmodelle und legen fest, wann welche Analyse-Tools Verwendung finden und welche Datenquellen genutzt werden sollen. Auch sie benötigen ein umfassendes Know-how auf Gebieten wie Datenbanken, Datenanalyse und Business Intelligence. - Daten-Ingenieur
Diese Aufgabe ist stark auf die IT-Infrastruktur ausgerichtet. Der Dateningenieur ist das Big-Data-Analysesystem zuständig, also die Hard- und Software sowie Netzwerkkomponenten, die für das Sammeln und Auswerten von Daten benötigt werden. Eine vergleichbare Funktion haben System- und Netzwerkverwalter im IT-Bereich. - Information Broker
Er kann mehrere Rollen spielen, etwa die eines Datenhändlers, der Kunden Informationen zur Verfügung stellt, oder die eines Inhouse-Experten, der Datenbestände von unterschiedlichen Quellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beschafft. Außerdem soll er Ideen entwickeln, wie sich diese Daten nutzbringend verwenden lassen. - Data Change Agents
Diese Fachleute haben eine eher "politische" Funktion. Sie sollen bestehende Prozesse im Unternehmen analysieren und anpassen, sodass sie mit Big-Data-Initiativen kompatibel sind. Nur dann lässt sich aus solchen Projekten der größtmögliche Nutzen ziehen. Wichtig sind daher ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Verständnis für Unternehmensprozesse sowie Kenntnisse im Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (Six Sigma, ISO 9000). - Big Data: Neue Berufsbilder
In den teilweise euphorischen Einschätzungen von Markforschern und IT-Unternehmen ist immer wieder die Rede von neuen Berufsbildern, die Big Data mit sich bringen soll. Dazu zählen unter anderem folgende Tätigkeiten: - Data Scientist
Er legt fest, welche Analyseformen sich am besten dazu eignen, um die gewünschten Erkenntnisse zu erzielen und welche Rohdaten dafür erforderlich sind. Solche Fachleute benötigen solide Kenntnisse in Bereichen wie Statistik und Mathematik. Hinzu kommen Fachkenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen beziehungsweise tätig ist und über IT-Technologien wie Datenbanken, Netzwerktechniken, Programmierung und Business Intelligence-Applikationen. Ebenso gefordert sind Verhandlungsgeschick und emotionale Kompetenz, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen geht. - Data Artist oder Data Visualizer
Sie sind die "Künstler" unter den Big-Data-Experten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Auswertungen so zu präsentieren, dass sie für Business-Verantwortliche verständlich sind. Die Fachleute setzen zu diesem Zweck Daten in Grafiken und Diagramme um. - Data Architect
Sie erstellen Datenmodelle und legen fest, wann welche Analyse-Tools Verwendung finden und welche Datenquellen genutzt werden sollen. Auch sie benötigen ein umfassendes Know-how auf Gebieten wie Datenbanken, Datenanalyse und Business Intelligence. - Daten-Ingenieur
Diese Aufgabe ist stark auf die IT-Infrastruktur ausgerichtet. Der Dateningenieur ist das Big-Data-Analysesystem zuständig, also die Hard- und Software sowie Netzwerkkomponenten, die für das Sammeln und Auswerten von Daten benötigt werden. Eine vergleichbare Funktion haben System- und Netzwerkverwalter im IT-Bereich. - Information Broker
Er kann mehrere Rollen spielen, etwa die eines Datenhändlers, der Kunden Informationen zur Verfügung stellt, oder die eines Inhouse-Experten, der Datenbestände von unterschiedlichen Quellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beschafft. Außerdem soll er Ideen entwickeln, wie sich diese Daten nutzbringend verwenden lassen. - Data Change Agents
Diese Fachleute haben eine eher "politische" Funktion. Sie sollen bestehende Prozesse im Unternehmen analysieren und anpassen, sodass sie mit Big-Data-Initiativen kompatibel sind. Nur dann lässt sich aus solchen Projekten der größtmögliche Nutzen ziehen. Wichtig sind daher ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Verständnis für Unternehmensprozesse sowie Kenntnisse im Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (Six Sigma, ISO 9000).
"Die Themen sind da", freut sich Jürgen Rohrmeier, Personalberater sowie Senior Partner und Mitglied des Vorstands der Pape Consulting Group in München, auch wenn sich die Nachfrage nach Big-Data-Experten noch in einem überschaubaren Rahmen bewege. Zum Anforderungsprofil zählt Rohrmeier neben exzellenten Datenbankkenntnissen und Projekt-Management auch ein fundiertes Verständnis der Geschäftsprozesse: "Für Wirtschaftsinformatiker sehe ich in dieser Sparte die größten Chancen, denn sie verstehen Unternehmenszusammenhänge und Technik."