Bisheriger President verlaesst das Unternehmen

Big Blues Leasing-Tochter steuert harten Zeiten entgegen

22.10.1993

STAMFORD (IDG) - Das ehemals risikolose und gewinntraechtige Mainframe-Leasing wird immer schwieriger. Die Auswirkungen der ruecklaeufigen Nachfrage nach Grossrechnern und den galoppierenden Preisverfall fuer neue Maschinen bekommt auch Big Blues Leasingtochter IBM Credit Corp. (ICC) zu spueren.

Industriebeobachter sehen bereits die ersten Anzeichen fuer den Niedergang der ICC. Sie fuehren an, dass das nach wie vor profitable Unternehmen beispielsweise seit dem vierten Quartal 1991 rund 35 Millionen Dollar an Restwerten abschreiben musste. Ein weiteres Indiz fuer die Schwierigkeiten des Leasinggebers sehen sie in der ausserordentlichen Belastung in Hoehe von zwoelf Millionen Dollar, die das Ergebnis des zweiten Quartals 1993 (Ende: 30. Juni) belasteten. Mit diesem Geld hat die ICC ein Programm aufgelegt, das 15 Prozent der insgesamt 1130 Mitarbeiter zum "freiwilligen" Ausscheiden bewegen soll.

Der in der vergangenen Woche angekuendigte Ruecktritt von Harry Kavetas, President der Leasing-Company, traegt ebenfalls nicht zur Stabilisierung der Situation bei. Ab Januar 1994 soll der bisherige Vize, James Forese, den Chefsessel uebernehmen.

Ausserdem befuerchten Beobachter, dass die IBM-Tochter in den kommenden Jahren hohe Abschreibungen vornehmen muss, um ihre Billigangebote der vergangenen Jahre zu kompensieren. Da die Hardwarepreise weiter fallen, verlieren ausserdem die vor ein paar Jahren abgeschlossenen Leasingvertraege mehr und mehr ihres urspruenglichen Werts. Darueber hinaus wird es immer schwieriger, die zurueckgenommenen gebrauchten Maschinen mit Gewinn zu verkaufen.

"Sie sind gefaehrdet, und sie werden Probleme bekommen", prophezeit Bob Djurdjevic, President von Annex Research in Phoenix. "Bisher konnten sie eine Menge ihrer Verluste verstecken, weil sie viele neue Vertraege abgeschlossen haben, die fuer Kompensation sorgen." ICC, so fuegt der Analyst hinzu, tue nichts Illegales: "Sie und alle anderen in diesem Geschaeft ziehen lediglich aus den idiotischen Buchhaltungsrichtlinien Vorteile."

Nicht jeder Branchenbeobachter glaubt an den Fall der IBM- Leasingtochter. Robert Shafer, Analyst bei der Meta Group, Connecticut: "Ich glaube nicht an irgendwelche haesslichen Ueberraschungen bei der ICC. Die Jungs waren beim Verbuchen ihrer Umsaetze sehr konservativ." Ausserdem stehe ICC finanziell gut da, der Return on investment sei mit 20 Prozent um das Doppelte hoeher als bei den meisten anderen Leasinganbietern.

Dafuer hat ICC Probleme, um die sich die Konkurrenz nicht sorgen muss. Da die IBM-Tochter zu mehr als 90 Prozent Equipment ihrer Muttergesellschaft verleast, sind die Wachstumsmoeglichkeiten eingeschraenkt. Darueber hinaus kritisieren einige Kunden das Unternehmen als zu unflexibel und zuwenig entgegenkommend.

Das alles kann nach Meinung einiger Analysten dazu fuehren, dass Big Blue - eingedenk Gerstners Versprechen, alles Notwendige zur Ergebnisverbesserung zu tun - sein Leasingprogramm drastisch einschraenkt.