1988 wird das Jahr des neuen IBM-Betriebssystems:

Big Blue serviert OS/2 häppchenweise

13.11.1987

MÜNCHEN (cp) - Ihr "Versprechen vom 2. April" hat die IBM letzt mit der Ankündigung der Lieferzeiten für das neue Betriebssystem /2 eingelöst. Die Standardversion 1.0 kommt in der Bundesrepublik im Januar 1988 auf den Markt, drei weitere Versionen folgen bis Ende des Jahres. Ferner kündigten die Stuttgarter die Unix Variante AIX PS/2 für das Modell, 80 an, die den Einstieg in den Workstation-Markt am unteren Ende bedeutet.

Das neue IBM-Betriebssystem /2 unterstützt bis zu 16 MB Hauptspeicher auf den Modellen 50, 60 und 80 der neuen Serie sowie auf dem IBM PC AT und PC XT 286, ist Multiuserfähig und wird in vier Versionen angeboten. Nach der Standard Edition 1 0 mit den Basisfunktionen wird ab August die Extended Edition 1.0 mit der grafischen Oberfläche Presentation-Manager ausgeliefert. Für November nächsten Jahres ist die Standard Edition 1.1 mit Datenbank- und Kommunikations-Manager vorgesehen mit der die IBM eine Grenze zu OS/2 von Microsoft zieht. Die Extended Edition 1.1 mit allen Komponenten ist dann im Dezember zu haben.

Wie auch in den Vereinigten Staaten erhalten bundesdeutsche Besitzer der Standardversion 1.0 das erweiterte Release 1.1 bei Erscheinen kostenlos, teilte IBM mit. Dasselbe gilt für Inhaber der Extended Edition 1.0. Die beiden Standard-Varianten kosten je 675 Mark, die Extended-Versionen sind bei rund 1600 Mark angesiedelt.

Mit AIX PS/2 hat die IBM jetzt auch ein Multi-User-Standbein in der PS/2-Familie, das bis zu 16 Benutzer gleichzeitig unterstützen soll. "Unix ist hoffähig geworden", erläuterte Ralf Brunau, zuständig für Produktmarketing AIX bei IBM, diesen Schritt, und fügte hinzu, daß Standards nicht mehr von Herstellern gemacht würden. Unix würde bei den meisten Ausschreibungen von Regierungen und Großunternehmen wie kürzlich von Ford und McDonalds als Betriebssystem gefordert.

Im Small-Business-Bereich gegen NCR, DEC und Altos

AIX PS/2 unterstützt X-Windows, Ethernet, TCP/IP und das Network File System (NFS) und erlaubt die Vernetzung von PS/2-Systemen mit IBM-Systemen und Unix-Rechnern anderer Hersteller. Der Marktführer bietet dazu Komponenten an wie DOS Merge, mit dem mehrere DOS-3.3-Anwendungen von jedem Arbeitsplatz aus gleichzeitig unter AIX ausgeführt werden können. Ferner können Anwender von AIX aus auf PC-DOS-Dateien zugreifen und umgekehrt. Die Auslieferung erfolgt ab dem dritten Quartal 1988.

US-amerikanische Branchenbeobachter aüßerten gegenüber der CW-Schwesterzeitung COMPUTERWORLD die Auffassung, das Modell AIX 80 könne im Abteilungs- und Small-Business-Bereich gegen Systeme wie Tower 32/400 von NCR, Microvax II und Microvax 2000 von DEC oder auch die Altos-386-Serie 1000 antreten. Der US-Berater Neal Nelson testete kürzlich drei Rechner unter anderem nach seinem Business Benchmark: ein PS/2-Modell 80 mit dem Betriebssystem Xenix 5/386 der Santa Cruz Operation, ein Tower 32/ 400 von NCR mit Unix System V Release 2 sowie den RT PC Modell 125 unter AIX 2.1.1. Seinen Ergebnissen zufolge hat das 80-Modell die beiden anderen in einigen Bereichen geschlagen. Er sagte darüber hinaus, daß dieses System die beste Leistung erbringe, wenn vier bis sechs aktive Benutzer mit unterschiedlichen Anwendungen (eine Mischung aus Kalkulations- und I/O-Operationen) angeschlossen sind. IBMs Obergrenze liegt dagegen bei 16 Usern.

Für die Entwicklung seiner Netzsoftware LAN Server hat die IBM der COMPUTERWORLD zufolge wichtige Teile des OS/2 LAN Manager von Microsoft in Lizenz erworben: Es handelt sich um Redirector, Server Code und weitere, bisher undefinierte Software. Dennoch unterscheiden sich die beiden LAN-Softwarepakete. Beispielsweise unterstützt der Microsoft-LAN-Manager die Standard Edition von OS/2, während der IBM-LAN-Server die Extended Edition 1.1 (Dezember 1988) als Grundlage benötigt. Microsoft liefert seine LAN-Software Anfang 1988 zusammen mit der Standardversion von OS/2 für über 1000 Mark an OEMs.

Das Programm LAN Server 1.0 bietet Funktionen in gemischten Token-Ring- oder PC-Netzen, die aus Arbeitsstationen unter PC-DOS (mit PC-LAN) und OS/2 bestehen. Nach Angaben von IBM besteht dabei die Möglichkeit, PC-LAN-Programme mit Programmen für die Extended Edition 1.1 zu verbinden, die wiederum innerhalb desselben Netzes die Fähigkeiten des Kommunikations-Managers nutzen.

Die Netz-Software wird in der Version 1.0 rund 2200 Mark kosten und kommt Ende 1988 auf den bundesdeutschen Markt. Die erweiterte Version ist für etwa 1600 Mark zu haben, ein Upgrade ist nicht geplant. Auf PC-LAN 1.3 muß ebenfalls bis Mitte des nächsten Jahres gewartet werden, den Preis hierfür gibt IBM mit 500 Mark je Einzellizenz an. Die Berechtigung für weitere neun Kopien kostet insgesamt 390 Mark und das Upgrade von Release 1.2 auf 1.3 liegt bei 200 Mark.