IBMs neue Offenheit

Big Blue präsentiert neue RS/6000-Systeme unter Unix

18.10.1996

Frischen Wind und neue Offenheit versprach Mark Bregman in die RS/6000-Division zu bringen, die er im vergangenen Dezember übernahm. So war zu erfahren, daß die Abteilung seit 1990, als die erste RS/6000 vorgestellt wurde, vier Jahre lang rote Zahlen schrieb. Erst seit 1995 verläuft das Geschäft profitabel.

In einem Interview, das der weltweit verantwortliche RS/6000-Chef der COMPUTERWOCHE in London gab, wollte Bregman nicht verheimlichen, daß es große Probleme bei der Entwicklung des Power-PC-Prozessors gab. Das aus Mitarbeitern von IBM und Motorola bestehende Team in Somerset sei zwar sehr kreativ gewesen, "im Endeffekt hat aber jeder Entwickler an seinem eigenen Chip gearbeitet". Die Vielzahl der Vorschläge aus den Labors habe zu den enormen Verzögerungen beispielsweise des Power-PC 620 beigetragen, der zudem nicht die erwartete Leistungsfähigkeit erzielen konnte. Deshalb komme diese CPU auch für die zukünftigen RS/6000-Rechner mit 64 Bit nicht in Frage. Bregman setzt da eher auf eine Entwicklung ("Apache") aus Rochester, Minnesota, wo die AS/400-Ingenieure ebenfalls Power-PCs entwerfen. Welcher Prozessor aber im nächsten Jahr in den 64-Bit-Maschinen stecken wird, ist noch offen.

In München stellte die deutsche RS/6000-Abteilung nun insgesamt acht neue Workstations und Server vor. Am unteren Ende der Leistungsskala soll das Notebook "RS/6000, Modell 860" für Mobilität sorgen. Es arbeitet mit dem Power-PC 603e bei einer Taktfrequenz von 166 Megahertz. Auf dem 12,1 Zoll großen TFT-Bildschirm lassen sich dank Emulation auch 3D-Modelle darstellen. CAD-Anwendungen wie "Catia" oder "Pro/Engineer" sollen ohne Funktionseinbuße ablaufen. Das Notebook mit 1,2- oder 2-GB-SCSI-Festplatte ist ab 23000 Mark zu haben.

Die Workstations der "43P"-Serie wurden um die Modelle "140" und "240" erweitert, die mit dem Power-PC-Chip 604e ausgestattet sind. IBM positioniert beide zugleich als geeignet für den Einsatz als Intranet/Internet- oder Print- und File-Server. Beim Modell 140 stehen zwei Varianten der Taktfrequenz zur Auswahl: 166 oder 200 Megahertz.

Die 240-Workstation läßt sich auch mit zwei CPUs (166 Megahertz) betreiben. IBM hat dafür die Grafikbibliothek so parallelisiert, daß ohne Rekompilierung beide SMP-CPUs benutzt werden können. Dank Multithreaded-API ist das für "Phigs" heute schon verwirklicht, für "Open-GL" soll die Implementierung ab dem kommenden Jahr erfolgen.

Die Rechner kommen mit mindestens 32 MB Hauptspeicher, Festplatte mit 2,1 GB und einer externen Speicherkapazität von 291 GB. IBM setzt bei Erweiterungen den PCI-Bus ein. Das Modell 140 ist ab 14000 (166 Megahertz) beziehungsweise 17000 Mark (200 Megahertz) zu haben. Die Ein-Prozessor-Version der 240-Desktops kostet in der Basisausstattung 20000 Mark, die zweite CPU schlägt mit weiteren 6000 Mark zu Buche.

Neu vorgestellt wurde das Modell "F40" im Deskside-Gehäuse, das ebenfalls mit einem oder zwei 604e-Chips rechnet. Sieben PCI-Slots und zwei PCI/ISA-Schnittstellen stehen für Erweiterungen zur Verfügung und sollen den Rechner Server-tauglich machen. Die interne Festplattenkapazität reicht von 2,2 GB bis knapp 82 GB verwaltet werden bis zu 1,2 TB Daten auf externen Speichern. Der Basispreis liegt bei 29000 Mark.

Die Weiterentwicklung der Power-2-Architektur, den "Power-2 Superchip" (P2SC), hat Big Blue für den Deskside-Server "RS/6000, Modell 595" vorgesehen. Die mit 135 Megahertz getaktete Ein-Chip- Implementation wird auch in den High-end-Systemen (Scalable Po-wer Parallel Systems) der RS/ 6000-SP-Familie eingesetzt. Verbessert hat sich nach Herstellerangaben insbesondere die Gleitkomma-Rechenleistung, die um bis zu 40 Prozent gestiegen sein soll.

Der 595-Server ist mit zwei getrennten 32-Bit-Microchannel-Bussen ausgestattet und soll einen Speicherdurchsatz von 2,16 GB/s erreichen. Das System, das IBM auch für die Konsolidierung von mehr als vier Servern positioniert, ist ab 95000 Mark zu haben.

Neben neuen Grafiksystemen wurde auch die Erweiterung von IBMs Cluster-Technik "High Availability Cluster Multi Processing" (Hacmp) vorgestellt. Mit "Hageo" sollen nun geografisch verteilte RS/6000-Rechner über TCP/IP zu Cluster zusammengeschalten werden.

Für IBMs RS/6000-Manager, die wenig zur Integration von Servern auf Basis von Windows NT verlauten ließen, könnte die größte Konkurrenz im eigenen Haus entstehen: Die AS/400-Mannschaft in Rochester will im kommenden Jahr mit einem NT-Konzept für die Mittelklasse-Maschine aufwarten.