Kolumne

"Big Blue ist wieder im Spiel"

30.10.1998

Die IBM präsentiert sich heute unter dem Leitthema "e-business" als ernstzunehmender Anbieter von Lösungen, die auf offenen Standards basieren.

Neben der nach wie vor breitesten Palette an Hardware, Software und Services haben die konsequente Hinwendung zu Java und das Angebot, Altsysteme über Middleware in die moderne Internet-Welt zu integrieren, die neue Position gestärkt.

Jetzt kommt das Unix-Abkommen mit Santa Cruz Operation (SCO) und mit Sequent hinzu (siehe Seite 1). Die Unternehmen haben vereinbart, aus SCOs Unixware, Sequents Cluster-Technik cc:Numa und IBMs AIX ein gemeinsames Unix zu entwickeln, das sowohl auf Intel- als auch auf Power-PC-basierten Rechnern läuft.

Die IBM schlägt damit mehrere Fliegen mit einer Klappe: Zum einen kommt sie noch weiter aus der proprietären Ecke heraus. Andererseits macht Big Blue die bisher nur unter dem eigenen Unix-Derivat laufenden RS/6000-Systeme attraktiver. Gleichzeitig wird damit ein Abschied von der Power-PC-Architektur möglich. Unter dem gemeinsamen, noch namenlosen Unix dürften auch mit Merced ausgestattete RS/6000 laufen.

Am wichtigsten ist jedoch, daß IBM - zum Beispiel für ihre PC-Server "Netfinity" - eine Alternative zu Microsofts NT bieten kann, für dessen neue Version 5.0 noch kein Auslieferungstermin festgelegt ist. Das gilt jedoch nur, wenn die Unix-Derivate tatsächlich wie angekündigt innerhalb der nächsten 18 Monate vereinheitlicht werden.

Allerdings ist es noch zu früh, dieses Abkommen als einen wichtigen Schritt in Richtung auf ein Einheits-Unix zu sehen. Schließlich mischen hier Hewlett-Packard, Compaq/Digital und vor allem Sun mit eigenen Derivaten kräftig mit. Zunächst bedeutet der Deal nicht mehr und nicht weniger als eine Stärkung des Anti-Microsoft-Lagers. Und für Big Blue? Die Armonker sind wieder im Spiel. Nach dem erfolglosen Versuch, Microsoft mit OS/2 Paroli zu bieten, ziehen sie mit dem früher vernachlässigten Unix gegen NT zu Felde. Damit gewinnen sie wahrscheinlich nicht nur Marktanteile im PC- und Unix-Server-Bereich, sondern auf jeden Fall ein besseres Image als Lösungsanbieter. Und damit, so das Kalkül der Konzernstrategen, verkaufen sich Hard- und Software praktisch von selbst - wie früher eben.