Wenig Resonanz bei den Kunden

Big Blue gibt Officevision für Microsofts Windows 3.0 frei

29.11.1991

WHITTE PLAINS/NEW YORK (IDG) - Anstelle der immer wieder verschobenen OS/2Version der Bürosoftware "Officevision" bringt IBM jetzt die DOS-Variante unter Windows auf den Markt. Das Anwendungspaket, das ursprünglich dem OS/2-Betriebssystem zum Durchbruch verhelfen sollte, wird von Windows-Anwendern eher gleichgültig aufgenommen.

"Wir sehen keinen Grund, der IBM für die Freigabe von Officevision um den Hals zu fallen, solange noch wichtige Bestandteile fehlen", verweist Christopher Waldron, Chef-DV-Analvst des amerikanischen Schokoladenkonzerns Hershey Foods Corp., Hershey, Pennsylvania, auf die LAN-Version des Produkts, die erst im nächsten Jahr erwartet wird. Die jetzt freigegebene Variante erlaubt den Zugriff eines Windows-Clients auf einen OS/2-Server.

Anwender mit dem Kompromiß unzufrieden

Die CW-Schwesterpüblikation "Computerworld" bringt den eigentlichen Grund für die Zurückhaltung der Anwender auf den Punkt: "Die IBM hat zulange geglaubt, sie könnte die Kunden dazu bringen, auf jedem Client-Svstem ihr 8-MB-Spreicher-fressendes OS/2 Extended Edition zu installieren." Erst spät habe sich das Unternehmen dazu durchgerungen. mit Hilfe der Comsumer Software Inc. eine DOS-Brücke für Officevision zu schaffen. Mit diesem Kompromiß hätten sich die Anwender jedoch nicht zufrieden gegeben. Daraufhin sei die jetzt freigegebene Windows-Version angekündigt worden.

Darüber hinaus hat Tony Mondello, Chef des in Schwierigkeiten gekommenen Officevision-Projekts, bereits im Juli dieses Jahres eine weitere Offnung der ursprünglich proprietären Bürosoftware versprochen.

Danach soll es Zugriffsmöglichkeiten auf Macintosh-Rechner geben, eine Unterstützung von Novells Netzwerk-Betriebssystem Netware sowie eine OS/2-LAN-Version von Officevision. Letztere war für Ende dieses Jahres angekündigt.

US-Analysten dämpfen allerdings Anwenderhoffnungen,die IBM wende sich nun den Windows-Benutzern zu. Nach ihrer Ansicht soll "Officevisionl DOS for MS-Windows" nicht die PC-Anwender von Officevision überzeugen, sondern umgekehrt die Anwender der Bürosoftware bei der Stange halten.

Sie sollen die Möglichkeit erhalten, Windows kennenzulernen.

Doch inzwischen sind diese Zeitpläne - wie im Officevision-Bereich nicht unüblich gekippt worden.

Auslieferungstermine für die LAN-Version des 32-Bit-Officevision existieren derzeit ebensowenig wie für das Verbindungsprodukt zwischen Workstation und Host.

Gute Nachrichten gibt es dagegen für die Mainframe-Anwender. Sie erhalten mit "Officevision/VM, Version 1.2", zusätzliche Mail- und Editor-Funktionen.

Das ebenfalls jetzt freigegebene "Current-Officevision/VM Workgroup Program" kombiniert darüber hinaus Officevision mit den Möglichkeiten eines fensterbasierten Information-Managers.