BI-Hersteller öffnen sich für Google

19.06.2006
Informationshungrige sollen künftig einfacher und schneller an Berichte und Analysen kommen. Hierzu paktiert die Industrie mit Google und IBM oder geht wie SAP eigene Wege.

Google will seine Erfolgsgeschichte im Web innerhalb der Unternehmensgrenzen fortschreiben. Hierzu entstand neben den Desktop-Angeboten die Produktfamilie "Google Search Appliance". Sie enthält Pakete aus vorkonfigurierter Hardware und Suchtechnik, die neben Web- und Datei-Servern auch Verzeichnisse wie die von Content-Management-Systemen sowie relationalen Datenbanken für die Suche indizieren können soll. Das Lizenzmodell ist einfach und richtet sich nach der Zahl der indizierten Dokumente. In der Praxis verwehren allerdings insbesondere strukturierte Datenquellen wie etwa betriebswirtschaftliche Standardsoftware oder Business-Intelligence-Lösungen (BI) dem Google-Crawler den Zugriff. Hierfür wären spezielle Anwendungs- und Protokolladapter nötig, um etwa Metainformationen in Repositories oder Anwendungsobjekte erfassen zu können.

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Die Angebote

Hersteller: Cognos

Produkte: "Cognos Go Search Service", erhältlich für "Google Onebox", "IBM Websphere Information Integrator Omnifind Edition", SAP R/3 und Netweaver, Autonomy und Fast.

Basis: BI-Plattform "Cognos 8 BI".

Hersteller: Business Objects

Produkte: Plugins für Google Onebox und "Google Desktop".

Basis: BI-Plattform "Business Objects XI, Release 2"

Hersteller: SAS Institute

Produkte: Plugin für Google Onebox.

Basis: "SAS Enterprise Intelligence Platform".

Hersteller: Information Builders

Produkte: "Webfocus Intelligent Search" und "Iway Enterprise Index"für Google Onebox.

Basis: BI-Plattform Webfocus oder "Iway Universal Adapter Suite".

Hersteller: IBM

Produkte: "Websphere Content Discovery Server" plus Modul für Business Intelligence.

Basis: Websphere Content Discovery Server plus IBM Websphere Information Integrator Omnifind Edition.

Hersteller: SAP

Produkte: Trex, Business Accelerator, Search Engine Service.

Basis: SAP Netweaver 2004s und "Mysap ERP 2005".

Anwender wollen Tuning

Auch lassen sich mit der Search Appliance laut Analysten die unternehmensspezifischen Berechtigungskonzepte für den Datenzugriff nur unzureichend abbilden. Und schließlich ist die Funktionsweise der Search Appliance umstritten: Sie nutzt als "Black box" interne Indizierungs- und Ranking-Verfahren, die dem Kunden verborgen bleiben. Doch zumindest professionelle Anwender wollen die unternehmensinterne Suche nach ihren Anforderungen "tunen" können und beispielsweise die Relevanz von Ergebnissen selbst bestimmen - eine Option, die andere Enterprise-Suchmaschinen von je her bieten.

Mitte April 2006 brachte Google eine überarbeitete Version der Search Appliance heraus, die Defizite bei der Enterprise-Suche beheben soll. Sie unterstützt nun lokal das Lightweight-Directory-Access-Protocol (LDAP), gestattet über die Erweiterung "Google Onebox" unter anderem eine individuellere Steuerung der Suche über selbst definierte "Trigger" und kann Suchergebnisse als Link, Ergebnisliste oder als Dokument anzeigen.

Doch es wird vor allem von der Qualität und Tiefe der Integration zwischen Suchmaschine und Anwendungssoftware abhängen, ob sich Google bei Unternehmen durchsetzt. Um dies zu schaffen, erhielt Onebox jetzt eine neue XML-fähige Programmierschnittstelle, deren Spezifikationen erstmals öffentlich zugänglich sind. Sie ersetzt das bisherige Web-Services-Interface und soll Partner dazu bewegen, ihre Produkte auf möglichst einfache Art der Suchmaschine zu öffnen. Einen tieferen Einblick in die Funktionsweise der Appliance verweigert Google jedoch selbst diesen.

Dennoch gibt es mittlerweile laut Google rund 60 Onebox-Partner. Zu ihnen zählen seit neuestem Hersteller von BI-Software wie Cognos, SAS Institute, Business Objects und Information Builders. Sie haben Schnittstellen zu Onebox geschaffen, um ihre Metainformationen zu Berichten und Analysen indizieren und in die Suchergebnisse einbeziehen zu lassen. Allerdings sind es rein technische Partnerschaften. Der Vertrieb und Support bleiben getrennt. Unternehmen müssen zuerst die BI-Software erwerben, bevor sie per Search Appliance auf sie zugreifen können.

Im Einzelnen unterscheiden sich die Angebote aus dem BI-Lager für Google erheblich. So wollen SAS Institute für seine "Enterprise Intelligence Platform" und Business Objects für "Business Objects XI, Release 2" im Lauf des Sommers die Google-Schnittstelle als Plugin ausliefern. Beide Anbieter sehen die Suchtechnik vor allem als Vehikel, um auch weniger versierten Benutzern die Nutzung strukturierter Geschäftsinformationen wie BI-Reports zu erleichtern. Man komme so dem alten Versprechen nach "BI for the Masses" ein Stück näher.

Laut Suchexperte Ingo Brenckmann von SAS werde man Kunden die Erweiterung als kostenloses Download anbieten. Zusätzlich sind SAS-spezifische Google-Trigger geplant, die zunächst Web-Reports und Analysen gezielter in der SAS-Umgebung (Meta-Server und Information Maps) suchen helfen. "Die genauen Begriffe sind aber noch in der Diskussion."

Verstreute Berichte aufstöbern

Business Objects entwickelte laut James Thomas, Senior Director Corporate Product Marketing, zunächst ein Plugin zu Google Desktop Search. Mit ihm kann lokal oder auf Web- und File-Servern nach Berichten gesucht werden, die mit der Reporting-Software "Crystal Reports" entwickelt wurden. Im zweiten Schritt folgte ein Onebox-Angebot, mit dem sich sämtliche Objekte des eigenen BI-Repositories indizieren lassen. Derzeit forsche man an einer tieferen Metadaten-Integration und kontextbezogenen Suche. Zudem werde Business Objects auch mit anderen Suchmaschinenherstellern und den Systemintegratoren Bearing Point und Accenture zusammenarbeiten, sagte Thomas.

Adapter für Google

Der Anbieter Information Builders stellt hingegen in puncto Onebox weniger die Anbindung seines BI-Servers "Webfocus" als vielmehr die Adaptertechnik seines Tochterunternehmen iWay in den Vordergrund. So bietet das Produkt "iWay Enterprise Index" rund 300 angepasste Anwendungs- und Protokoll-Adapter, um Google in die Unternehmenslandschaft einzubinden. Über die Adapter werden nach der Prüfung der Sicherheitsvorgaben die Suchergebnisse von der Software in ein XML-Format umgewandelt und standardisiert, erläutert Jan-Henrik Fischer, Business Intelligence Solution Architect. Google indiziert diese und setzt sie per XSLT-Prozessor als Ergebnisseite im HTML-Format um. Für Fischer bringt Suchtechnik vor allem strukturierte und unstrukturierte Informationen in die täglichen Abläufe eines Unternehmens ein. "Suchtechnik wird nicht zu mehr BI-Anwendern im Unternehmen führen." Wer Reporting und Analysen einer größeren Benutzergruppe näher bringen wolle, müsse ihnen parametrisierte BI-Anwendungen anbieten, die die Arbeit mit Berichten vereinfachen.

Cognos mit eigener Suche

Ambitioniert ist der Ansatz von Cognos. Noch in diesem Quartal soll mit dem "Cognos Go Search Service" eine eigene Suchmaschine für seine BI-Plattform "Cognos 8 BI" allgemein verfügbar sein. Laut Paul Hulford, Manager für Product Marketing bei Cognos, ist das Besondere an der Technik, dass sie anders als Konkurrenzprodukte neben Berichtstitel und Beschreibungen auch dessen gesamten Inhalt indizieren kann. BI-Informationen ließen sich so beispielsweise über das "Cognos Connection Portal" schneller und gezielter finden. Eine Suche in externen Systemen wie SAP oder relationalen Datenbanken ist hingegen nur über bereits generierte BI-Berichte möglich. Zugleich verfolgt Cognos die Strategie, seinen BI-Content im XML-Format anderen Suchmaschinen anzubieten. Neben Google Onebox sind das Produkte der Suchspezialisten Autonomy, Fast und IBM. Für die Messung der Unternehmensleistung bilden aber auch in absehbarer Zeit gut strukturierte (BI-)Informationen die Basis und nicht Suchergebnisse, sagte Hulford.

Die vielen Arten der Suche

Andere BI-Akteure gehen wie Suchepionier IBM und die SAP ihre eigenen Wege. Big Blue bietet mit "Websphere Content Discovery" eine Plattform, die die bisherige Enterprise-Suchmaschine "Omnifind" enthält. Diese kann laut Dieter Schieber, Suchtechnologie-Experte des IBM-Entwicklungszentrums in Böblingen, unstrukturierte und strukturierte Datenquellen analysieren, wobei mit Blick auf BI dank einer Schnittstelle zum Cognos-Index eine besonders enge Integration gegeben ist. Andere BI-Quellen müssten individuell angebunden werden.

Omnifind ermöglicht eine semantische (Konzepte etc.) oder feldbezogene Suche sowie eine solche nach Keywords. Über den angehenden UIMA-Standard lässt sich die Software um Textanalyse-Module erweitern. IBMs Angebot ähnelt der Google Search Appliance und unterstützt Google Onebox. Es bestünden aber laut Schieber mehr Funktionen für die Zugriffskontrolle auf Inhalte und zur Textanalyse durch die Möglichkeit der semantischen Suche. Auch könne die IBM-Software anders als Google Microsoft-Exchange- oder Lotus-Domino-Server sowie etwa fünf marktgängige Content-Management-Systeme indizieren. Für SAP-Umgebungen existiert eine Netweaver-Schnittstelle, doch bleibt der Zugriff der Suchtechnik auf SAP R/3 aufgrund der vielen unterschiedlichen Release-Stände und Schnittstellen schwierig: "Wir haben keine Out-of-the-Box-Lösung für jedes SAP-System,"sagte Schieber.

Information Worker

Neben der IBM arbeiten auch die Softwareriesen Oracle und insbesondere Google-Rivale Microsoft an der Reichweite ihrer Suchtechnik. Es ist aber vor allem die SAP, die bereits BI-Informationen einbezieht. Die Walldorfer verfolgen wie IBM einen breiteren Ansatz als die BI-Spezialisten: die Schaffung einer umfassenden Infrastruktur, die alle Endbenutzer ("Information Worker") und nicht nur Analysten an ihrem Arbeitsplatz mit kontextbezogenen/rollenbezogenen Informationen und Prozessen jeder Art versorgt. Suchtechnik ist dabei ein Bestandteil des "Netweaver"-Portfolios. Sie hat ihren Ursprung in der zugekauften Suchmaschine "Trex", die zunächst nur unstrukturierte Daten im Dokumenten- und Knowledge-Management indizieren und klassifizieren konnte sowie ein Text-Mining ermöglichte.

SAP baut aus

Mit "Mysap ERP 2005" und "Netweaver 2004s" wurde das Einsatzgebiet der SAP-Suchtechnik erweitert. So bildet Trex jetzt auch die technische Basis der neuen Abfragesoftware "BI Accelerator". Diese will mit den oft beklagten Performance-Engepässen der BI-Software "Business Information Warehouse" (SAP BW) aufräumen, indem sie Queries schneller und zuverlässiger (konstante Abfragezeiten) abarbeitet und nicht mehr vorrechnen muss.

Ferner kam der "Search Engine Service" (SES) hinzu. Er ist mit Trex über einen Abap-Client verbunden und hilft, strukturierte Informationen wie Business Objekte in der ERP-Software zu indizieren. Ebenso ist die Suche in BI-Metadaten möglich. Externe Repositories lassen sich über die SAP-eigene Schnittstelle von Trex zwar einbeziehen, faktisch beschränkt sich der Zugriff aber derzeit auf Lotus Notes und beispielsweise die DMS-Lösung EMC/Documentum.

Kein Ersatz für Analysen

Zudem stellt Cognos seinen Index über Iviews im SAP-Portal bereit. Mit der schon seit längerem existierenden Broadcaster-Technik der SAP können Anwender zudem Suchergebnisse, die beispielsweise auf einem Portal- oder File-Server hinterlegt sind, aufspüren. Lothar Schubert, Director of Netweaver bei SAP, sieht aber wie seine Kollegen in Suchtechnik keinen Ersatz für detaillierte BI-Datenanalysen wie über den "Bex"-Client von SAP BW.

Das kommende Netweaver-Release wird die Suche auf Stamm- und Bewegungsdaten ausdehnen, sagte Stefan Schindewolf, Vice President Product Management der Global Business Unit PLM der SAP. Forschungsthemen der nächsten Zeit seien unter anderem die Verwaltung von Taxonomien und die Integration zusätzlicher Suchdienste beispielsweise für die Textanalyse.

Da Anwender Informationen über alle Kommunikationskanäle erhalten sollen, werde man neben dem Portal auch mobile und andere Clients unterstützen. So wird beispielsweise in diesem Monat der "Duet"-Client freigegeben, der eine Integration in Microsoft Outlook bringt. Am PC übernehmen künftig Desktop-Widgets die Anbindung.

Ziel aller Arbeiten müsse es sein, Informationen in einen Kontext (Rolle, Benutzerrechte, Prozess) zu stellen, sagt SAP-Manager Schubert. Mit Seitenhieb auf Google mahnen er und andere BI-Kollegen: "Eine Enterprise-Suche hat nur dann Erfolg, wenn ein gutes Verständnis für den Kontext und die Metadaten vorhanden ist. Eine agnostische Suchtechnik kann dies nur schwer erreichen."