Ärzte-Bewertungsportal: Ärzte können Löschung verlangen

BGH: jameda.de bietet keine neutralen Informationen mehr

21.02.2018
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Prof. Dr. Markus Schwarzer (LL.M.) berichtet insbesondere über medienrechtliche Aspekte der Informations- und Kommunikationstechnologie. Dabei hat er als Professor für Medien und Kommunikation an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Stuttgart vor allem das Urheber- und das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Fokus. Vertiefte Kenntnisse im Medienrecht erlangte Markus Schwarzer neben einer medienrechtlichen Promotion durch das Weiterbildungsstudium zum Master of Laws (LL.M.) im Medienrecht. Er sammelte praktische Erfahrungen in unterschiedlichen Funktionen als Redakteur, Pressesprecher und Rechtsanwalt und publiziert zu Rechts- und Kommunikationsthemen.

Der Bundesgerichtshof hat einer Ärztin Recht gegeben. Sie klagte auf Löschung ihrer Daten, die gegen ihren Willen auf dem Bewertungsportal jameda.de veröffentlicht wurden.
Eine Ärztin bekam vor dem BGH Recht. jameda darf ihre Daten nicht mehr gegen ihren Willen veröffentlichen.
Eine Ärztin bekam vor dem BGH Recht. jameda darf ihre Daten nicht mehr gegen ihren Willen veröffentlichen.
Foto: Elvira Koneva - shutterstock.com

Der Bundesgerichtshof hat am 20.02.2018 entschieden (Aktenzeichen: VI ZR 30/17), dass das Arztbewertungsportal jameda.de aufgrund seiner Werbepraxis kein neutraler Informationsmittler mehr ist. Ärzte können nun verlangen, dass ihre Daten von dem Portal gelöscht werden, so die Karlsruher Richter.

Ärztin wendet sich gegen Veröffentlichung ihrer Daten

Eine niedergelassene Hautärztin klagte gegen das Arztsuche- und Arztbewertungsportal www.jameda.de. Auf diesem Portal können Informationen über Ärzte kostenfrei abgerufen werden. Es wird monatlich von mindestens fünf Millionen Internetnutzern besucht. Als eigene Informationen des Portals werden die sogenannten "Basisdaten" der Ärzte angeboten. Zu ihnen gehören akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen. Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer durch Noten und Kommentare abgegeben haben. Daraus wird eine Gesamtnote gebildet, die zentral abgebildet wird.

Werbepraxis des Portals

Auf diesem Portal wird die klagende Ärztin gegen ihren Willen mit ihrem akademischen Grad, ihrem Namen, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxisanschrift geführt. Bei Abruf ihres Profils auf dem entsprechenden Portal erscheinen unter der Rubrik "Hautärzte in der Umgebung" weitere Ärzte mit demselben Fachbereich und mit einer Praxis in der Umgebung der Praxis der klagenden Hautärztin. Es handelt sich dabei um die Einblendung von Werbung zahlender Kunden des Portals. Dargestellt wird neben der Note des anderen Arztes die Distanz zwischen dessen Praxis und der Praxis der klagenden Hautärztin.

Eine Sortierung der eingeblendeten Ärzte nach Gesamtnote erfolgt nicht. Es werden nicht nur Ärzte angezeigt, die eine bessere Gesamtnote als die klagende Hautärztin haben. Demgegenüber blendet das Portal bei Ärzten, die sich kostenpflichtig registriert und ein "Premium-Paket" gebucht haben, keine Konkurrenten ein. Die klagende Ärztin wendet sich gegen die Aufnahme in das Arztbewertungsportal.

Die Entscheidung des BGH

Nun hat der BGH entschieden, dass die unter www.jameda.de veröffentlichten Daten der klagenden Ärztin und der entsprechende Eintrag gelöscht werden müssen. Begründung: Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Dies war vorliegend der Fall.

Zwar habe der BGH im September 2014 (Aktenzeichen: VI ZR 358/13) für das entsprechende Bewertungsportal bereits im Grundsatz entschieden, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten zulässig sei. Der vorliegende Fall unterscheide sich vom damaligen allerdings in einem entscheidenden Punkt.

jameda.de kein neutraler Informationsmittler mehr

Mit der jetzigen Werbepraxis verlasse das Portal seine Stellung als "neutraler" Informationsmittler. Bei den nichtzahlenden Ärzten zeige es dem Nutzer die "Basisdaten" nebst Bewertung des betreffenden Arztes an und biete ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens "Anzeige" Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten.
Dagegen lasse es auf dem Profil seiner "Premium"-Kunden solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht zu. Und das, ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen.

Nimmt sich das Bewertungsportal aber in dieser Weise zugunsten seines Werbeangebots in seiner Rolle als "neutraler" Informationsmittler zurück, dann kann es seine auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der klagenden Ärztin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen. Das führt hier zu einem Überwiegen der Grundrechtsposition der klagenden Ärztin, so dass ihr ein "schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung" ihrer Daten zuzubilligen ist, so der BGH.