Beziehungen zu Partnern verbesserungsfaehig, aber Digital scheint auf dem Weg der Besserung zu sein

14.04.1995

FRAMINGHAM (IDG) - Noch ist die Digital Equipment Corp. nicht aus dem Groebsten raus. Aber unter Anwendern und Branchenbeobachtern verstaerkt sich der Eindruck, dass die Reorganisation erste Fruechte traegt.

Waehrend der heissen Phase des Turnaround-Versuchs entliess DEC-Chef Robert Palmer fast die Haelfte der Belegschaft, verkaufte verschiedene Geschaeftsbereiche wie das Datenbank- und das Plattensubsystem-Business und ersetzte das lange Jahre gepflegte Modell des Matrix-Management durch einen Business-Unit-Ansatz.

Die Massnahmen zur Kostensenkung sind bis auf den Abbau von zusaetzlich 5000 Stellen, der die Belegschaft auf insgesamt 60 000 Mitarbeiter reduziert, beinahe abgeschlossen. Dank der Einsparungen schaffte es Digital, im Dezemberquartal 1994 einen Gewinn von 18,9 Millionen Dollar auszuweisen. Ob der Hersteller allerdings im traditionell schwachen dritten Quartal (Ende: 31. Maerz) Geld verdienen wird, ist fuer einige Analysten fraglich.

"Jetzt muessen sie ihr Wachstumstempo auf das ihrer Mitbewerber anheben", beschreibt William Milton jr. von Brown Brothers Harriman & Co. in New York die Herausforderung. Deshalb versuchte das Unternehmen, sich in einen Anbieter von Commodity-Hardware zu wandeln, die ueber indirekte Kanaele verkauft wird.

Langjaehrige Digital-Anwender sehen heute die Zukunft ihres Lieferanten zuversichtlicher als vor einigen Monaten: "Sie scheinen in besserer Verfassung zu sein", erklaert beispielsweise Charles Smart, Vice-President for Group Technology bei der Citibank Private Bank in New York. "Fuer uns sind sie weiterhin einer der wichtigsten Lieferanten."

Andere Kunden bestaetigen die Fortschritte. Zwar gebe es kein Zaubermittel oder eine "Heilung ueber Nacht", aber das Unternehmen bewege sich in die richtige Richtung, auch wenn der Weg noch "weit und voller Herausforderungen sei", meint Tom Willmott, Vice- President der Aberdeen Group in Bosten.

Allerdings muss das Unternehmen noch die Beziehungen zu Anwendern, Resellern und Industriepartnern wiederbeleben, die unter der fast ausschliesslichen Beschaeftigung des DEC-Managements mit den internen Problemen gelitten haben. Darueber hinaus ist nach Meinung von Greg Casto, President der Digital Dealer Association, die Vertriebsstrategie noch verbesserungsfaehig.

So seien noch Konflikte zwischen den verschiedenen Handelsebenen, Distributoren und Haendlern aus der Welt zu schaffen. Das gleiche gelte fuer den Support, mit dem einige Wiederverkaeufer nicht zufrieden seien.

Wachstumschancen habe Digital laut Richard Chu, Analyst von Cowen & Co. in New York, auf verschiedenen Feldern. Vor allem die Implementation von OSF/1, das seit dem Branding durch die X/Open unter dem Label Digital Unix vertrieben wird, gebe Anlass zur Hoffnung. Ebenfalls positiv sieht der Analyst die Entwicklung des PC-Geschaefts, bei den Alpha-Servern sowie im Komponenten- und Peripherie-Business. Erstaunlich gut halte sich auch das VAX/VMS- Geschaeft. Tatsaechlich meldet das Unternehmen, dass die Zahl der Endanwender-Lizenzen fuer "Open VMS" schon bald die Zehn-Millionen- Grenze ueberschreiten werde.

Sorgen machen sich die Analysten allerdings ueber Prozessorbereich. Offenbar konnte Digital nicht so grosse Vorteile aus der neuen 64- Bit-RISC-Architektur ziehen wie erhofft. Die Verkaeufe sind enttaeuschend: "Ich glaube nicht, dass ich jedesmal einen Mercedes kaufen muss, wenn ich von A nach B fahren will", bringt Thomas Wise, Vice-President Information Systems am Baptist Medical Center in Jacksonville, Florida, die Skepsis auf den Punkt.

Trotz der Zurueckhaltung vieler Anwender hat sich der Workstation- Anbieter Aspen Systems Inc. in White Ridge, Colorado, entschlossen, saemtliche Rechner mit Digitals 64-Bit-Chip auszustatten. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt", sagte Aspen- Chef Steven Spring. Das Schicksal seiner erst zwei Jahre alten Firma mit dem des Alpha-Chips zu verbinden, sei ein Risiko, das er einzugehen bereit sei, erklaerte Spring. Bisher bot Aspen die Alpha-basierten Rechner mit NT als Betriebssystem an, noch in diesem Monat soll auch Open VMS ins Programm aufgenommen werden.

Nicht beeindruckt von den Restrukturierungserfolgen ist dagegen Richard Buchanan, Analyst bei der Forrester Research Inc. Er gibt Digital nur eine 40prozentige Ueberlebenschance. Vor allem das hochvolumige Commodity-Geschaeft sei sehr riskant.