Bewerbungsstrategien in der Rezession (Teil 17) Unkonventionelle Unterlagen begeistern keinen Personalchef

22.04.1994

Die Verpackung der Bewerbungsunterlagen soll eine Leseeinladung ohne viel Firlefanz sein - mehr nicht. Details koennen nach Bernd Anderschs* Auffassung darueber entscheiden, ob der Kandidat die Huerde der schriftlichen Bewerbung schafft.

Zur Verpackung einer Bewerbungsunterlage gehoeren der Schnellhefter, eventuell Plastikhuellen und der Briefumschlag. Gerade hier sind die Konventionen einzuhalten. Schlecht kommt es an, wenn der Kandidat versucht, durch von der Norm abweichende Unterlagen das Interesse des Lesers auf sich zu ziehen.

40 Prozent der untersuchten 200 Bewerbungsschreiben wiesen Schwachstellen bei der Verpackung auf. So wirkte in zwoelf Prozent der Faelle der Schnellhefter billig. Der Jobsuchende sollte jedoch zeigen, dass er keinen Aufwand scheut, eine professionelle Unterlage abzuliefern.

Plastikhuellen fuer die einzelnen Seiten sind dann zu empfehlen, wenn sich jemand um eine Fuehrungs- oder hochdotierte Spezialistenposition bewirbt. Hier wandert die Unterlage durch mehrere Haende und muss geschuetzt werden. Einen unguenstigen Eindruck macht es auch, wenn der Schnellhefter zu klein ist, um die Plastikhuellen komplett aufzunehmen. Sie ragen dann ueber den Hefter hinaus. Das war bei zehn Prozent der analysierten Bewerbungen der Fall.

Alle Unterlagen mit Ausnahme des Fotos sollte man nur einmal verwenden. Insbesondere gilt dies fuer den Schnellhefter und die Plastikhuellen.

Bewerber und Einsteller muessen sich aber auch fragen, ob die Verwendung von Plastikhuellen unter oekologischen Gesichtspunkten ueberhaupt noch zeitgemaess ist. Ein hochwertiges 80- oder 90-Gramm- Papier mit einer angenehm tastbaren Oberflaeche ist die bessere Werbestrategie. Wer Papier mit Wasserzeichen verwendet, sollte es so bedrucken, dass letzteres seitenrichtig lesbar ist.

Verzichtet man auf Plastikhuellen, ist freilich die leichte Lesbarkeit dahin. Schnellhefter klappen von selbst wieder zu. Um dem zu begegnen, muss der Leser kraeftig ueber die Seiten fahren, was zu Knickstellen fuehren kann. Da er jedoch die Unterlagen nicht beschaedigen moechte, wird er statt dessen dazu neigen, sie gleich wieder aus der Hand zu legen. Nur was er bis dahin den Texten entnommen hat, beeinflusst seine Entscheidung.

Eine gute Alternative zum Schnellhefter sind daher Plastikbinderuecken. Sie sind in gut ausgestatteten Copyshops erhaeltlich und arbeiten nach dem Ring-buchprinzip. Die Unterlagen sollten mit einer staerkeren transparenten Folie als Deckblatt und mit einem hochwertigen Karton, etwa Chromolux, abgeschlossen werden.

Register, Seitennumerierungen und Inhaltsverzeichnisse im Schnellhefter sind nicht zu empfehlen. Sie blaehen die Bewerbung auf, ohne dem Leser einen Vorteil zu bieten.

Die beigefuegten Kopien sollten ansprechend und hochwertig sein. In manchen Laeden koennen Kopien auf das eigene Briefpapier gebracht werden. So wirkt die Unterlage vom Anschreiben ueber den Lebenslauf bis zu den Zeugniskopien wie aus einem Guss.

Abzuraten ist von kleineren als den gewoehnlichen Schrifttypen, um beispielsweise den Lebenslauf auf eine Seite zu zwaengen. Einen negativen Effekt erzielt auch der billige Nadeldrucker oder die wegen eines alten Farbbands blasse Schrift. Neun Prozent der ausgewerteten Unterlagen wiesen solche Maengel auf.

Damit die Bewerbung unversehrt auf den Schreibtisch des Lesers gelangt, ist unbedingt ein Briefumschlag mit Rueckenverstaerkung aus Pappe zu verwenden. Auch der Vermerk "Bitte nicht knicken!" sollte nicht fehlen.

Man sollte immer die normale Zustellform waehlen. Kein Mensch kann es noetig haben, seine Bewerbung per Eilbrief loszuwerden, und keine Bewerbung ist so wertvoll, dass sie per Einschreiben verschickt werden muesste. Eilbrief und Einschreiben erzeugen Mehrarbeit fuer den Empfaenger und rufen dessen Argwohn hervor.

Die Verpackung alleine macht es natuerlich nicht. Idealerweise dient sie dazu, den guten Eindruck einer inhaltlich gelungenen und vollstaendigen Bewerbung zu verstaerken.

Fragen zum Bewerbungsgeschehen beantwortet der Autor unter der Rufnummer 052 31/355 88. Die Gespraechszeit sollte sich allerdings auf zehn Minuten beschraenken.

Client-Server-Computing und Outsourcing sorgen fuer Wirbel bei DV- Beschaeftigten. Die Rezession tut ein uebriges. Entlassungen in einer vom Erfolg verwoehnten Branche sind nichts Ungewoehnliches mehr. Damit ist es auch fuer Bewerber schwieriger geworden als fueher, einen neuen Job zu finden. Die Serie will mit praxisorientierten Tips all denen helfen, die sich in dieser schwierigen Phase im Berufs-leben neue orientieren.