Phantasie ist gefragt

Bewerbungsstrategien in der Rezession

05.11.2002
Von  und
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

3. Wie sollte eine Bewerbung aussehen?

Hier mussten die IT-Spezialisten in den vergangenen zwei Jahren umdenken. „In der Boom-Zeit reichte eine Drei-Zeilen-E-Mail, um bei den Unternehmen Interesse zu wecken“, erinnert sich Andreas Mönch, Geschäftsführer der Saxonia Systems AG aus Dresden. Mittlerweile sind formale Kriterien wie ein aussagekräftiges Anschreiben, das auf jedes einzelne Unternehmen zugeschnitten ist, wieder wichtig. Dazu Uwe Holländer, Personal-Manager bei der Bayer AG in Leverkusen: „Der Interessent sollte sich überlegt haben, weshalb Bayer für ihn in Frage kommt, und sich als jemand darstellen, der auf dem Boden geblieben ist und keine überzogenen Vorstellungen hat.“ Das Geschriebene müsse authentisch sein und später im Bewerbungsgespräch glaubwürdig ausgeführt werden.

Im Anschreiben sollten nicht nur die eigene Person und die Berufserfahrungen, die zum gewünschten Job passen, dargestellt werden. „Es ist wichtig, Anknüpfungspunkte zum Unternehmen zu suchen“, betont Personalexpertin Liebscher. Außerdem gehört es in schwierigen Zeiten dazu, sich möglichst vorteilhaft von den Mitbewerbern abzuheben. Hier empfiehlt Liebscher den Bewerbern, die eigene Qualifikation besonders herauszustellen und beim telefonischen Kontakt zu punkten. Auch für Herget kommt dem Anschreiben eine zentrale Bedeutung zu. „Die Unternehmen werden konservativer. Sie achten stärker auf Loyalität, Geradlinigkeit und Kontinuität“. Das Anschreiben sollte nicht länger als eine Seite ausfallen. Beim Lebenslauf können die Bewerber zwischen der amerikanischen Version, die mit der aktuellen Tätigkeit beginnt, und der traditionellen (deutschen) Variante wählen, die den beruflichen Werdegang chronologisch nachzeichnet.

Dass die Unternehmen inzwischen hohe Ansprüche an die Bewerbungsunterlagen stellen, scheint sich unter den IT-Profis noch nicht herumgesprochen zu haben. So auch Hinrichs Erfahrungen: „30 bis 40 Prozent der Bewerbungen, die auf meinem Schreibtisch landen, enthalten Rechtschreibfehler. Wenn außerdem in der Anrede Heinrichs statt Hinrichs steht, habe ich keine Lust mehr weiterzulesen.“

Auch die äußere Form der Bewerbung lässt zu wünschen übrig, was viele Personaler Rückschlüsse auf die Arbeitsqualität des Absenders ziehen lässt. „Wenn ich eine schmierige, schlampige Bewerbung sehe, da frage ich mich, wie derjenige dem Kunden eine saubere Softwaredokumentation vorlegen will“, sagt Rudolf Resch, Chef der Berner & Mattner Systemtechnik GmbH. Außerdem will er sofort erkennen, dass der Interessent Informationen über das Unternehmen eingeholt hat: „Es gibt nichts Schlimmeres als 08/15-Bewerbungen.“

Standardbewerbungen akzeptiert auch Marcus Purzer, Vorstandsmitglied des E-Commerce-Anbieters 100World, nicht: „Absender von Serienbriefen scheiden sofort aus.“ Für ihn ist wichtig, dass die Motivation des Bewerbers auf den ersten Blick sichtbar wird. Hinrichs von Mindmatics fügt hinzu: „Die meisten Bewerbungen sind standardisiert. Aber die Interessenten müssen beweisen, dass sie das Puzzle-Teil sind, das im Unternehmen fehlt.“

Auch in Sachen Foto gibt es noch Nachholbedarf: So berichtet Michael Neumann von der Frankfurter Personalberatung Nexecute, dass sich ein Kandidat im Holzfällerhemd beim Survival-Kurs ablichten ließ, oder von gescannten Fotos mit so schlechter Auflösung, dass das Gesicht nicht zu erkennen war. Egal ob eingescannt oder Originalfoto, schwarzweiß oder farbig - wichtig ist eine Aufnahme in Profiqualität - am besten vom Fotografen.