Bewerbern wird mehr abverlangt

27.10.2003
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Die Gehälter sinken

Aber auch die Jobsuchenden setzen heute andere Prioritäten. Dazu zählt beispielsweise ein stärkeres Sicherheitsdenken. "Wie sicher ist mein Job in Ihrem Unternehmen?", fragen Bewerber heute häufiger im Vorstellungsgespräch. Ihre Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, sei heute geringer, so auch die Erfahrung von Accenture-Manager Mang. "Berater haben ein schlechtes Image. Alle schlechten Eigenschaften werden ihnen zugeschrieben", so sein Eindruck.

Personaler kritisierten auf der Systems, dass sich die schlechteren Bedingungen am Arbeitsmarkt bei vielen Bewerbern noch nicht herumgesprochen hätten. Einige suchten weiterhin nur bei Großunternehmen wie Siemens oder SAP nach neuen Jobs und ignorierten dabei die von kleineren und mittelständischen Firmen gebotenen Chancen. Anderen Arbeitssuchenden fehle die nötige Mobilität und Flexibilität. Bewerber sollten darüber nachdenken, für einen attraktiven Arbeitsplatz auch in ländliche Regionen umzuziehen und beim Gehalt Abstriche in Kauf zu nehmen.

Einige Unternehmen entwickeln bereits neue Vergütungsmodelle, in denen beispielsweise größere Teile der Vergütung variabel und erfolgsabhängig sind. Einstiegsgehälter von Hochschulabsolventen und Berufsanfängern sind heute niedriger als noch vor zwei oder drei Jahren. "Die Bewerber sind noch nicht flexibel genug", bringt es Herget auf den Punkt. "Wir haben heute eine andere Epoche. Die Gehälter liegen teilweise 20 bis 25 Prozent niedriger."

Das Klima auf dem Arbeitsmarkt ist rauer geworden, viele Illusionen sind verschwunden. Die Gehälter sind gesunken, die Karriereperspektiven unsicherer geworden, und die Arbeitsbedingungen leiden unter dem - konjunkturell bedingt - schwierigen Betriebsklima. Der Personalexperte Volker Reichenbach von der Msg Systems AG setzt dagegen auf eine langfristige Personalpolitik und Mitarbeiterbindung. "Wir hatten in Boomzeiten eine Fluktuation von weniger als drei Prozent", erzählt er stolz. Weiterbildung, Sozialprogramme und eine Unterstützung bei der Rentenversicherung gehören zu den angebotenen Zusatzleistungen, die die Mitarbeiter anscheinend honorieren. Von einer Hire-and-Fire-Politik hält er wenig. "Die Menschen sind nicht so dumm, wie gemeinhin angenommen wird. Mitarbeiter vergessen nicht so leicht, wenn Unternehmen sie schlecht behandeln."