Rekrutierungsmesse Characters 2000

Bewerber stellen sich am eigenen Messestand vor

03.11.2000
Rekrutierungsmessen sind zur festen Institution geworden, wenn es darum geht, neues Personal anzuwerben beziehungsweise einen Arbeitgeber zu finden. Die Erfolge hängen unter anderem von der Koordination des Messeveranstalters ab, der Unternehmen und Bewerber zusammenbringen will.

Besuch auf der "Characters 2000": Man hat das Gefühl, im Dschungel gelandet zu sein. Ein runder, terassenförmig angelegter Stand mit einer aufmontierten Plastikpalme fällt sofort ins Auge: Hunderte von Bananen sind da-rauf drapiert. Das gleiche Bild bietet sich im ersten Stock: grüner Stand, gelbe Bananen, grünePalme - und geschäftig aussehende Menschen in schwarzen Anzügen oder schicken Kostümen, viele mit einer Banane in der Hand.

Ganz und gar nicht dschungelmäßig waren dagegen die Present-Yourself-Veranstaltungen auf der Münchner Rekrutierungsmesse Characters 2000. Ausgewählte Bewerber hatten die Möglichkeit, sich selbst oder ein Thema ihrer Wahl in einem 15-minütigen Vortrag vorstellen. Dabei standen ihnen Mikrofon sowie ein Videobeamer mit Laptop zur Verfügung. Viele nutzten diese Gelegenheit, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Die Vorträge behandelten die verschiedensten Themen, wobei die meisten aus dem Bereich der Betriebswirtschaft stammten. In der Student's Factory konnten die Bewerber ihren eigenen Messestand aufbauen, um ihre Person oder beliebige Themen zu präsentieren. Einige beklebten die Wände mit Collagen zu Aspekten, die denen der Present-Yourself-Veranstaltungen ähnelten, ein Teilnehmer präsentierte ein strategisches Spiel zur Problemlösung bei organisatorischen Aufgabenstellungen.

Die Characters 2000 fand diesen Sommer bereits zum vierten Mal statt. Rund 1200 Bewerber und 70 Unternehmen kamen in das helle Messegebäude des Münchner MOC, um sich näher kennenzulernen. Die Veranstalter - die Westerwelle Consulting & Media AG, die Frankfurter Allgemeine Zeitung sowie das Manager Magazin - luden Interessenten ein, einen Fragebogen zu beantworten und sich mit ihren persönlichen Unterlagen um die Teilnahme zu bewerben. Einsendeschluss war Ende Juli, allerdings konnten sich Bewerber auch noch kurzfristig bis einige Tage vor Beginn der Veranstaltung anmelden.

Dieses Jahr trafen zirka 3000 Bewerbungen ein, die anhand verschiedener Kriterien bewertet wurden. Teilnehmer waren in erster Linie Hochschulabsolventen mit bis zu vier Jahren Berufserfahrung, dabei waren die Betriebswirte am häufigsten vertreten. Allerdings wurden auch einige Messebesucher gesetzteren Alters gesichtet; diese hatten laut Veranstalter "besonders geeignete Qualifikationen, die auf die Personalanforderungen der Unternehmen passten". Der Bewerber konnte eine Präferenzliste der Firmen angeben, mit deren Personalverantwortlichen er am liebsten ein Gespräch führen würde.

Die Resonanz an den verschiedenen Messeständen fiel sehr unterschiedlich aus. Einige Personaler zeigten sich durchaus zufrieden und erzählten begeistert von der großen Anzahl von Bewerbungsgesprächen, die sie mit interessanten Persönlichkeiten führen konnten. Der Discount-Broker Consors, Nürnberg, setzt Rekrutierungsmessen vor allem mit der Intention ein, Personal anzuwerben. "Auf den letzten Veranstaltungen haben wir einige unserer jetzigen Mitarbeiter kennengelernt. Auch hier haben wir schon interessante Gespräche gehabt, und es zeichnet sich ab, dass wir wieder neue Kollegen einstellen werden", zeigt sich Andreas Hoffman, verantwortlich für den Bereich Human Resources, durchaus zufrieden.

Andere Unternehmen wiederum waren vom geringen Andrang von Vertretern bestimmter Fachgebiete enttäuscht - es waren vor allem die IT-Spezialisten, die fehlten. Die Informix Software GmbH stellt rückblickend einen nur durchschnittlichen Erfolg bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern fest. "Messebesuche wie diese sehen wir zusätzlich auch als Imageveranstaltung für das Unternehmen an. Auch wenn wir in der Rekrutierung keinen Erfolg hatten, waren wir zumindest vertreten", formuliert eine Firmenvertreterin den Mehrwert der Characters 2000 für ihr Unternehmen. Das Startup-Unternehmen Unamite, eine Andersen-Consulting-Tochter, wertet den Messebesuch als Misserfolg. "Es standen zu wenig Bewerber, die für informatikbezogene Positionen in Frage gekommen wären, zur Auswahl", begründet eine Sprecherin die magere Ausbeute.

Der Vertretrer eines mittelständischen Softwareunternehmens beklagte nicht nur die geringe Anzahl an Bewerbern aus dem Informatikbereich, sondern auch deren Verhalten: "Einige vereinbarte Vorstellungsgespräche wurden nicht eingehalten - und das ohne abzusagen. Außerdem standen uns zu wenig Bewerber zur Auswahl - wir brauchen IT-Spezialisten." Der ein wenig niedergeschlagen wirkende Aussteller begründet den Mangel an IT-Fachleuten mit der langen Bewerbungsfrist: "Ein IT-Spezialist auf Jobsuche hat es in der derzeitigen Situation nicht nötig, lange auf einen Messebesuch zu warten, um Vorstellungsgespräche mit potenziellen Arbeitgebern führen zu können." Dennoch wird auch diese Firma weiterhin auf Rekrutierungsmessen anwesend sein, da sie mittlerweile zur festen Institution geworden sind und man einfach nicht fehlen darf, um "at the top" zu sein.

Die Vorstellungsgespräche wurden vom Veranstalter organisiert und koordiniert. Den ausstellenden Unternehmen standen hierfür eigene Messestände sowie separate Räume zur Verfügung, wo Interviews unter vier Augen stattfanden. Spontane Unterhaltungen zwischen Bewerbern und Firmenvertretern waren wegen des eng gesteckten Zeitrahmens eher selten. Ein Informatiker, der bereits über zwei Jahre Berufserfahrung verfügt, gab zu bedenken, dass Rekrutierungsmessen "mit einer Art Massenabfertigung verbunden sind, da der Veranstalter versucht, im vorgegebenen Zeitrahmen möglichst viele Unternehmen und Bewerber zusammenzubringen".

*Melanie Stagg ist freie Journalistin in Pfaffenhofen/Ilm.