Bonner Stimmen zum DV-Förderungsprogramm:

Bewährtes Projektmanagement?

07.02.1975

BONN - Erklärter Zweck des 2. DV-Förderungsprogramms der Bundesregierung war, "den Nutzen der Datenverarbeitung für die Gesellschaft auszuschöpfen."

Ein Elementarziel des Bonner Programms ist die Förderung von Anwendungen. Indes: in den zur Beratung der Bundesregierung gebildeten Fachausschüssen sind die Hersteller, und zwar nur IBM, Nixdorf und Siemens vertreten, ferner auch Sofware-Häuser und Hochschul-Institute, aber Anwender-Lobbyisten gibt es nicht.

Dazu Christian Lenzer, MdB und Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß für Forschung und Technologie: "Die Schwäche des gegenwärtigen Beratungswesens der Bundesregierung besteht darin, daß in den Fachausschüssen die Interessenten selbst an den Entscheidungen beteiligt werden." Angeblich sei der Sachverstand nur dort zu erhalten, wo auch die Interessenten sitzen.

Wo blieben die Gelder?

Für die Verteilung der Fördermittel aus dem Fünfjahresplan 1971 bis 75 einigte man sich auf fünf Bereichsgruppen:

1) Maßnahmen im Hochschulbereich 757,9 Mio (31%)

2) Berufsbildungszentern für DV 162 Mio (7%)

3) DV-Anwendungen 558 Mio (23%)

4) Industrielle Forschung und Entwicklung 705,4 Mio (29%)

5) Sonderprogramme 240,2 Mio (10%).

Die ursprünglich vorgesehene Förderungssumme von 2,4 Milliarden, hat sich auf runde 1,8 Milliarden verringert, erläuterte Dr. Hans H. Donth, Leiter der Unterabteilung Datenverarbeitung und Dokumentation im Bundesminsterium für Forschung und Technologie (BMFT).

Im Förderungsprogramm kommt der Hochschulbereich besser weg als die Bereiche Anwendungen und die Industrie.

Bei der Subventionierung der Industrie werden den Herstellern Entwicklungsprojekte zu 50 Prozent vom Staat finanziert. Die Eigenbeteiligung wird gefordert, um ökonomisch vertretbare Lösungen zu realisieren. Dazu MdB Christian Lenzer: "Wir müssen viel mehr von der Direktförderung wegkommen, das heißt Gelder in Projekte stecken und nicht in Firmen." Lenzer kritisiert auch die bisherige Förderung von Großforschungszentren: "Ein hoher Anteil an institutioneller Förderung geht hier in die Infrastruktur, finanziert wird alles, - von der Kantine bis zum grünen Rasen."

Delegation der Entscheidungen

Auf dem gesamten Gebiet der DV-Förderung wird die Bundesregierung von der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) unterstützt und beraten. Das Ministerium hat die Verantwortung außer Haus delegiert, Projektträger für sämtliche DV-Projekte ist die GMD und zum geringeren Teil auch die Karlsruher Gesellschaft für Kernforschung. Dazu Christian Lenzer: "Die Projektträger sollten den Personalmangel in den Fachreferaten des Ministeriums ausgleichen, maßen sich jedoch immer stärker Entscheidungsbefugnisse an."

Zur Frage, ob bei den Förderungsprojekten eine projektbegleitende Erfolgskontrolle stattfindet, meint Ministerialdirigent Hans D. Donth: "Natürlich haben wir ein Projektmanagement und ein laufendes Berichtswesen." Anders wird die Frage von Christian Lenzer kommentiert: "Das Parlament brauchte eine Kontrolle der Kontrollierenden, ist zu einer projektbegleitenden Kosten- und Erfolgskontrolle im Forschungssektor bei der momentanen personellen und organisatorischen Ausstattung jedoch nicht in der Lage. Oft sah man erst am Ende einer Entwicklung, daß das Kind in den Brunnen gefallen ist, - siehe Datel und das Telefunken-Debakel."