Betriebswirte sollen DV-Kosten unter die Lupe nehmen

02.04.1982

"Mit Unbehagen" reagieren Unternehmer und Controller auf die steigenden DV-Kosten. Allein zehn Milliarden Mark werden in der Bundesrepublik Deutschland jährlich für Anwendungsentwicklungen ausgegeben. Die Kosten ohne Rücksicht auf die Leistungen des Rechenzentrums zu senken, sollte indes nur in Ausnahmefällen geschehen. Es müssen Lösungen gefunden werden, DV-Ausgaben zu reduzieren, ohne die Leistungsfähigkeit einzuschränken. Dr. Friedhelm Rieke, Geschäftsführer der IFA Beratungsgesellschaft für Automation in Düsseldorf, bedauert, daß bisher keine betriebswirtschaftlichen Instrumente zur Verfügung stehen, die Kosteninflation zu bekämpfen. Der Düsseldorfer Berater: "Dies zu ändern, sollte eine Herausforderung für Betriebswirte sein." ih

Heinrich Adolphs,

Leiter der EDV-Revision für den Bereich der GKD Rhein-Sieg-Kreis/Oberbergischer Kreis in Siegburg

In der deutschen Kommunalverwaltung hat die Datenverarbeitung im Laufe von 20 Jahren einen hohen Stand erreicht. Entsprechend anspruchsvoll sind die Forderungen, die die Ressorts an die Technik (Hardware, Fernverarbeitung) und die DV-Verfahren (Programme, Systemliteratur) stellen. Die kommunalen Rechenzentren müssen diese berechtigten hohen Ansprüche erfüllen. Ebenso wie in der Privatwirtschaft sind natürlich auch in der öffentlichen Verwaltung die Hardwarekosten gemessen an der Maschinenleistung - ständig gesunken. Aber ebenso ist der Aufwand für Verfahrensentwicklung gestiegen.

Immer schon waren die Mittel der kommunalen DV-Zentralen knapp bemessen. Die jedermann bekannte Finanzmisere der öffentlichen Hand zwingt jedoch - auf Jahre - zu noch größerer Sparsamkeit.

Ein guter Ansatz hierzu liegt bei der Entwicklung neuer leistungsfähiger EDV-Verfahren. Sie dürfen aber nicht mehr wie es oft noch zu beobachten ist, von einzelnen Datenzentralen allein erstellt werden Vielmehr gilt es, mehr als bisher, Gemeinschaftslösungen zu suchen. Die Möglichkeit den Entwicklungsaufwand auf diese Weise erheblich zu reduzieren, hat man bei der gemeinsamen kommunalen Datenverarbeitungszentrale (GKD) in Siegburg seit langem erkannt. Große neue Programmsysteme sind fast nur noch kooperativ geschaffen worden. Das verteilt nicht nur die knappen Mittel auf mehrere Schultern, sondern es kommt auch ein größerer Sachverstand zusammen.

Für die gemeinsamen kommunalen Datenzentralen, die nicht nur die Automation einer Stadt, sondern einer ganzen Region besorgen, ist es ferner wichtig, daß moderne Verfahren "mandantenfreundlich" sind. Nur wenn alle unterschiedlichen berechtigten Anforderungen der angeschlossenen Gemeinden von den Programmen abgedeckt werden, sind die Gemeinden bereit, auf kostspielige eigene Anlagen zu verzichten. Es versteht sich von selbst, daß durch Bildschirmgeräte und Drucker am Arbeitsplatz ein hoher technischer Standard geboten werden muß, der ja in erster Linie der Rationalisierung dient.

Dr. Friedhelm Rieke

Geschäftsführer, IFA Beratungsgesellschaft für Automation GmbH, Düsseldorf

Nur EDV-Kosten einzusparen, kann ohne Rücksicht auf die Leistungen der Datenverarbeitung nur in extremen Ausnahmefällen eine sinnvolle Zielsetzung sein. In der Regel wird man fragen müssen, wie können EDV-Kosten unter Beibehaltung der Leistungsfähigkeit der Datenverarbeitung eingespart oder die Leistungsfähigkeit bei gleichbleibenden Kosten verbessert werden.

Zu dieser Fragestellung gibt es eine so große Fülle von Antworten, daß ich mich auf drei Problembereiche beschränken möchte, denen bei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen häufig nicht die ihnen zukommende Aufmerksamkeit zugewandt wird.

1. Leistungsfähigkeit und Kosten der Datenverarbeitung hängen in einem viel größeren Maße als dies gemeinhin angenommen wird von einer Hardware-/Systemsoftware-Konfiguration ab, die auf die spezifische Arbeitslast und den geforderten Service abgestimmt ist. Insbesondere bietet die optimale Einstellung der Arbeitspunkte der Systemsoftware auf die geforderten Service- und Performance-Zielsetzungen einen Ansatz. Die sinkenden Hardware-Kosten, vor allem im Bereich der Zentraleinheiten, haben in der letzten Zeit dazu geführt, entstehende Service- und Performance-Probleme durch immer noch mehr Hardware zu erschlagen. Dabei liegen die Engpässe sehr viel häufiger im Bereich der Systemsoftware und können durch gezielte Rekonfigurationen, zum Beispiel im Rahmen von Tuningmaßnahmen, beseitigt werden. Ein intensiverer Einblick in die Konfiguration eines Gesamtsystems und die Optimierung seiner Arbeitspunkte führt auch im positiven Sinne zu einer kritischeren Einstellung gegenüber Herstelleraussagen. Dies kann als erfreuliches Nebenprodukt solcher Maßnahmen betrachtet werden.

2. Als weiteren oft vernachlässigten Bereich, in dem eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Datenverarbeitung erreichbar ist, möchte ich den Rechenzentrumsbetrieb bezeichnen. Nur wenige Rechenzentren sind tatsächlich so organisiert, daß man sie als gut funktionierende Produktionsbetriebe bezeichnen könnte. Von Struktur- und Arbeitsablauf über die Optimierung und das Tunen von Jobs, über Maßnahmen zur Gewährleistung der Funktionssicherheit bis hin zur Verwendung von spezifischen Tools für den Rechenzentrumsbetrieb gibt es zahlreiche Ansätze zur Einsparung von Kosten und zur Verbesserung der Effizienz. Ich bin der Auffassung, daß sowohl der in dem ersten Punkt genannte Bereich der Auslegung des Gesamtsystems wie auch der Rechenzentrumsbetrieb eine wachsende Bedeutung für die Leistungsfähigkeit der Datenverarbeitung einerseits und deren Kosten anderseits gewinnt.

3. Die verstärkte Einbeziehung der Benutzer in den Prozeß der Datenverarbeitung durch die Dezentralisierungstendenzen, den Aufbau umfangreicher Netze, den Einsatz benutzerfreundlicher Hardware und Software führt schließlich zu der Notwendigkeit, DV-Kosten nicht nur isoliert im Bereich der Datenverarbeitung unter die Lupe zu nehmen. Zweckentsprechende Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Datenverarbeitung können bei benutzernahen DV-Leistungen nur dann angestellt werden, wenn die Kosten der Benutzung mit berücksichtigt werden.

Insgesamt muß darauf hingewiesen werden, daß bisher ein ausreichendes betriebswirtschaftliches Instrumentarium nicht zur Verfügung steht, um EDV-Kosten in den Griff zu bekommen, wie das für andere Unternehmensbereiche seit langem der Fall ist. Hier stellt sich eine interessante und wichtige Aufgabe für die Betriebswirte, denn nur mit einem solchen Instrumentarium können Maßnahmen zur Einsparung von Kosten richtig angesetzt werden, und nur dann können ihre Ergebnisse auch meßbar gemacht werden.

Dieter Staas,

Bereichsleiter der Wrieske Unternehmensberatung BDU, Hamburg

Die Höhe der betrieblichen EDV-Kosten beunruhigen Controller und Unternehmer zu Recht. Es muß zur kaufmännischen Sorgfaltspflicht gehören, die EDV-Kosten nicht einfach hinzunehmen, sondern sich intensiv um ihre Senkung zu bemühen. Der heutige Stand der Software- und Hardwareentwicklung bietet dazu vielfältige Möglichkeiten.

Bestimmungsfaktoren für die Wirtschaftlichkeit der EDV wie zum Beispiel Anzahl der Beschäftigten oder Umsatz sind keine brauchbaren Entscheidungshilfen, weil die Definition der EDV-Leistungen bei dieser Betrachtung fehlt. Allenfalls sind derartige Werte als "Orientierungen" anzusehen.

Wenn man nach Ansatzpunkten der Kostensenkung sieht, sollten die EDV-Kosten zunächst ihrer Struktur nach eingeteilt werden: einmal Entwicklungskosten und zum zweiten laufende Betriebskosten.

In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich zehn Milliarden Mark für die EDV-Anwendungsentwicklung ausgegeben. Diese Tatsache macht deutlich, welche Bedeutung den Entwicklungskosten, die bei Eigenentwicklungen zirka zu 95 Prozent Personalkosten sind, zukommt.

Wichtige Instrumente für kostengünstige EDV-Anwendungsentwicklungen sind:

- die Unternehmens-Gesamtkonzeption als Zielvorgabe (zur Vermeidung von Fehlentwicklungen)

- die kurz-, mittel- und langfristige EDV-Planung und -kontrolle (zur Sicherstellung der Zielerreichungen)

- effiziente Verwirklichung der projektorientierten Teamarbeit bei abteilungs- und bereichsübergreifenden Lösungen (Sicherstellung der fachlichen Qualität und Vermeidung von Leerlauf)

- Prüfung der Kaufmöglichkeiten von Software (Eigenentwicklung ist in der Regel teurer)

- Konsequente Anwendung einfacher Programmiersprachen, normierter und strukturierter Programmierungsmethoden (schnellere Programmentwicklung spart Personalkosten und steigert die Produktivität)

- interaktive Programmierung (Reduzierung der Programmierzeit) - Einsatz von Test-Standards (Senkung der Testzeiten)

- Auswahl und Anwendung von zeitsparenden Dokumentationssystemen.

Bei den laufenden Betriebskosten verändert sich - im Vergleich zu den Entwicklungskosten - das Verhältnis von Personal- zu Sachkosten, weil die Hardware einen großen Kostenblock darstellt.

Die Kosteneinsparungsmöglichkeiten in diesem Bereich sind im wesentlichen:

- Senkung der Programmpflegekosten durch die vorstehend genannten Methoden rationeller Anwendungsentwicklung

- Mixed-Hardware (Zentraleinheit, Platten- und Bandeinheiten, Bildschirme)

- Betrieb kleinerer (wegen des geringeren Overheads kostengünstiger) EDV-Maschinen, gegebenenfalls im Verbund; es wird auch weniger EDV-spezifisches Personal benötigt.

- Einsatz von Tuning-Programmen

- Multiprogramming

- Laufzeitanalysen der großen Programme

- Anlagenauslastungsanalysen

- Einsatz von Datenbanken

- Automatisierung der Arbeitsvorbereitung und des Operating

- Datenausgabe auf Mikrofilm

- Auslagerung von Batch-Überhang auf externes Rechenzentrum

- Loslösung der einzelnen Anwendung von der Hardware-Umgebung

- problemloses Wachsen in größere Systeme.

Sowohl die Entwicklungskosten als auch die laufenden Betriebskosten müssen jährlich budgetiert (abgestufte Leistungserfüllung in Form von Entscheidungspaketen), kontrolliert und innerbetrieblich verrechnet werden; nur so sind die EDV-Kosten "ständig unter der Lupe".

Das vielzitierte "Unbehagen über die EDV-Kosten" sollte in eine klare Leistungs- und Kostenrechnung umgewandelt werden. Alles andere ist unternehmerisch nicht vertretbar.