Vom Mitarbeiter zum Mit-Unternehmer

Beteiligung schafft nicht nur finanzielle Anreize

13.03.1998

Die Gewinnausschüttung zum Ende des Jahres ist ein erster Schritt zur Mitarbeiterbeteiligung, sie hat jedoch den Nachteil, daß die steuerliche Belastung jede Begeisterung im Keim erstickt. Vor allem Mittelständler schrecken davor zurück, ihre Beschäftigten über das Gehalt hinaus einzubinden und ihnen dafür mehr Einblicks- und Mitbestimmungsrechte zu gewähren. Dabei könnte ein solches Modell viele Vorteile mit sich bringen: Mitarbeiter, die Geld in der Firma stecken haben, sind kreativer, das Unternehmen verfügt über mehr flüssiges Kapital und ist kreditwürdiger.

Im internationalen Vergleich liegt die Anzahl deutscher Betriebe, die Beteiligungsmodelle eingeführt haben, dennoch weit zurück. Allein in den USA sind 16 Millionen Beschäftigte mit rund 700 Milliarden Mark an ihren Unternehmen beteiligt, war unlängst in einem Wirtschaftsblatt zu lesen. Hochkonjunktur hat zur Zeit das Wort vom Investivlohn. Arbeitnehmer verzichten dabei auf einen Teil ihres Gehalts und erwerben dafür eine Beteiligung am Unternehmen. Das von Gewerkschaften und Arbeitgebern gleichermaßen geschätzte Modell soll die Versorgungslücke schließen, die sich durch geringere Gehaltssteigerungsraten und Rentenerwartungen geöffnet hat. Das Konzept richtet sich vor allem an jüngere Mitarbeiter, die eine angemessene Altersversorgung aufbauen wollen. Der breiten Einführung des Investivlohns in unterschiedlichen Facetten stehen allerdings steuerliche Hindernisse im Weg.

Doch es gibt auch andere Lösungen. Mit Genußscheinen erwerben Mitarbeiter, die es nicht auf Mitsprache abgesehen haben, eine Beteiligung am Jahresgewinn, die zu einem attraktiven Zins angelegt wird. Wer über die Jahre fleißig anspart, kann sich ein hübsches Sümmchen im Alter sichern. Ebenfalls mit keinem Mitspracherecht verbunden sind die sogenannten Mitarbeiterdarlehen, ein insbesondere vom Mittelstand favorisiertes Beteiligungsmodell. Angestellte bringen einen Kapitalbetrag ins Unternehmen ein, der höher als Spareinlagen bei Banken verzinst wird. Stille Beteiligungen dagegen eignen sich bereits für kleine Betriebe, die ihre Kapitaldecke strecken wollen. Häufig wird auch eine indirekte Beteiligung über eine Mitarbeiterbeteiligungs-Gesellschaft gewählt.

GmbH-Anteile können Mitarbeiter in Deutschland nur selten erwerben. Oft ist dieses Beteiligungsmodell mit der Nachfolgeregelung verknüpft. Mitarbeiter sind Kapitalgeber und Mitunternehmer, die im Ernstfall mit ihren Einlagen haften, aber auch am Gewinn beteiligt sind und mitbestimmen können.

Mehr Tradition hat hierzulande die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmenskapital in Gestalt von Belegschaftsaktien. 1,6 Millionen Belegschaftsaktionäre halten in Deutschland derzeit Anteile für 22 Milliarden Mark. Die mit Hilfe der gesetzlichen Sparzulage finanziell aufgewertete Beteiligung wird in der Regel als Sparbüchse für langfristige Anlagen benutzt. Stock Options schließlich sind in erster Linie Führungskräften vorbehalten. Sie können sich Aktien unter dem aktuellen Kurswert sichern. Die Anziehungskraft dieses Beteiligungsmodells auf die Mitarbeiter ist groß, bereits in Einstellungsgesprächen wird darüber verhandelt.

Allen Modellen ist gemein, daß sie mehr auf Vermögensbildung setzen als auf Mitbestimmung, diese zum großen Teil sogar ausschließen. Damit dürften Unternehmen nur jenen Teil des engagierten Nachwuchses überzeugen, der es vor allem auf die finanzielle Sicherheit abgesehen hat. Wer jedoch Verantwortung übernehmen, Ideen einbringen und das Geschick des Unternehmens mitsteuern will, wird sich von ausschließlich finanziellen Beteiligungen kaum ködern lassen. Fazit: Die Zeit für kreative Beteiligungsmodelle ist gerade erst gekommen.