Bessere Informationen fuer den Aussendienst zum Ziel Telenorma: Mainframe-Daten auf die PCs vor Ort gebracht

21.10.1994

Von Petra Adamik*

Der schnelle Zugriff auf Daten ist im Vertrieb ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Bei Telenorma, einem bekannten Anbieter von Telefon-Nebenstellenanlagen in Europa, wird in der Vertriebsniederlassung Bielefeld im Rahmen eines Pilotprojekts der Informationsfluss durch den Einsatz von Tools optimiert.

Um eine groesstmoegliche Kundennaehe zu erzielen, hat man bei Telenorma den Vertrieb schon vor Jahren dezentralisiert. Flaechendeckend sind in der Bundesrepublik Deutschland 41 Vertriebsniederlassungen etabliert, dazu kommen weitere kleinere Vertriebsstellen sowie Standorte in den wichtigsten europaeischen Partnerlaendern und in Uebersee.

Mit dem Umzug der Telenorma-Zentrale in ein neues, modernes Verwaltungsgebaeude veraenderte sich auch die DV-Infrastruktur: Ein interner Lichtwellenleiter-Backbone hat die hausinterne Token- Ring-Verkabelung abgeloest. An diesem LWL-Backbone haengen Token- Ring-Subsegmente mit PCs. Herzstueck des Datenverbundes sind ein IBM-3090-Host, eine ES9000-Maschine und ein AS/400-System. Auf diesen Rechnern liegen zentrale Datenbanken wie ein Kunden- (KIS) oder ein Anlageninformationssystem (AIS). Auf dem Mainframe residieren "Tnmemo", ein Kommunikationsprogramm, zahlreiche DB2- Datenbanken, Kundeninformationen und eine Option fuer den Filetransfer zwischen PC und Host.

PC-Datenbank fuer die Vertriebsunterstuetzung

Bislang konnten die Vertriebsbeauftragten in den Niederlassungen per Online-Session Host-Daten zwar betrachten und editieren, an einen Transfer auf die lokale Station oder an eine Weiterverarbeitung war jedoch nicht zu denken. Dies hatte unter anderem den Nachteil, dass sich Angebote nicht schnell genug ausarbeiten liessen, da zentrale Firmeninformationen in den Aussenstellen nicht immer aktuell verfuegbar waren.

Um die Informationssituation der Aussendienstler zu verbessern, entwickelte man in der Frankfurter Firmenzentrale einen Kommunikations-PC mit einer dezentralen Datenbank zur Vertriebsunterstuetzung. Der Rechner sollte in die Infrastruktur der Niederlassung eingebunden werden und den Mitarbeitern vor Ort die Host-Daten zur Verfuegung stellen. Den Auftrag, sich um den regelmaessigen Filetransfer zu kuemmern, erhielt Ralf Fischinger von der Abteilung "Dezentrale Systeme", als das Projekt "Kommunikations-PC" schon relativ weit fortgeschritten war.

Die Zeit war knapp, so suchte Fischinger mit einem Team von Kollegen nach einer Loesung, die sich schnell einfuehren liess. Er wurde bei Attachmate fuendig. Die geplanten Host-Sessions sollten mit der "PC-3270"-Emulation des PC-Host-Connectivity-Spezialisten realisiert werden. Mit diesem Tool gibt sich der PC wie ein Terminal: Per Klick laesst sich eine Session zum Host aufbauen und mit den dort residierenden Daten lokal arbeiten. Integrierte Module sorgen beim Aufbau einer Session fuer einen hohen Automatisierungsgrad - fuer das Spezialistenteam bei Telenorma ein wichtiges Entscheidungskriterium fuer die Attachmate-Loesung.

In die Pilotphase ging das Koppelungsprojekt schliesslich bei der Vertriebsniederlassung Bielefeld, die mit ihrer DV-Infrastruktur beispielhaft fuer die restlichen Niederlassungen ist. In einem eigenen Token-Ring-Netz haengen neben einer lokalen AS/400 ein Novell-Server und zahlreiche PCs, auf denen die Standard-Windows- Applikationen laufen.

Unter Einsatz von "Extra! fuer Windows" sollte der Filtransfer zwischen der Niederlassung und dem Host in der Frankfurter Zentrale automatisiert und so fuer den kontinuierlichen Abgleich saemtlicher Firmendaten gesorgt werden. Mit Optionen, die das Tool ergaenzen, liessen sich dabei Tastaturbefehle und Anweisungen fuer alle wichtigen und notwendigen Schnittstellen des PCs programmieren. Dazu gehoert das API (Application Programming Interface), HLLAPI (High Level Language Application Programming Interface) und die 3270-Session zum Host. Zusaetzlich lassen sich Makros, die mit der 3270-Session aufgenommen wurden, mit in den automatisierten Vorgang einbinden.

AS/400 klinkt sich beim Mainframe ein

Ein Scheduler, der stand-by auf dem Windows-PC gehalten wird und sich programmieren laesst, fuehrt das Programm, das Fischinger und sein Team kreiert haben, automatisch aus. Zunaechst erfolgt vom PC aus ein Logon auf den AS/400-Rechner in der Niederlassung, der sich wiederum automatisch in den zentralen Host einklinkt. Fuer den Filetransfer mit dem Host ist eine spezielle Umgebung innerhalb des Mainframes notwendig. In diesem Umfeld sucht das Programm nach Dateien, die fuer den Kommunikations-PC in der jeweiligen Niederlassung bestimmt sind, und zieht sie automatisch auf den PC herunter.

Host erkennt Aenderungen im Datenbestand

Bei jedem Transfer erfolgt eine Pruefung auf Richtigkeit und Vollstaendigkeit. Danach werden die Files mit einem Hinweis an die Serviceleitstelle des Datenverbunds "renamed". Der Operator in der Leitstelle erkennt dadurch, dass die Uebertragung ordentlich abgeschlossen ist.

Probleme, die bisher beim Filetransfer zwischen Host und PC auftauchten, weil beide Rechnertypen intern unterschiedliche Zeichensaetze verwenden, werden durch die Tools eliminiert. Bereits waehrend des Filetransfers laeuft - fuer den Anwender unsichtbar im Hintergrund - eine Uebersetzung, damit die transferierten Daten fuer den jeweiligen Rechnertyp ohne die manuelle Umwandlung lesbar werden.

Aber nicht nur der Host versorgt den PC in der Aussenstelle, ein automatischer Filetransfer kann auch umgekehrt erfolgen. Das Programm registriert, ob die Datenbank in der Niederlassung veraendert wurde, und transferiert diese Aenderungen dann an den Host, damit die Daten-Pools sowohl zentral in Frankfurt als auch in den jeweiligen Niederlassungen immer auf dem gleichen Stand sind.

In der ersten Phase wurden die Tests in der Frankfurter Zentrale durchgefuehrt, wobei man eine remote Anbindung simulierte. Der Feldtest begann dann kurz danach in der Vertriebsniederlassung Bielefeld.

Begeistert war das Telenorma-Team von der schnellen Realisation des Filetransfers. Fuer die Einarbeitung in die Tools und saemtliche Schritte der Programmierung benoetigte ein Mann nur einen Arbeitsmonat. Die Anpassung des Programms an die oertliche DV- Infrastruktur ging innerhalb eines Tages ueber die Buehne.

Ein Filetransfer steht und faellt mit der vorhandenen DV- Infrastruktur, und hier zeichneten sich erste Probleme ab. Waehrend bei Online-Sessions die Datendirektverbindungen (DDV) zwischen der Frankfurter Zentrale und den Vertriebsniederlassungen, die mit 9600 Baud geschaltet sind, voellig ausreichen, ist die Uebertragung von Datenpaketen mit mehr als 1 MB zeitlich problematisch. Mit kompetenten Programmierern und einer guten Integration von API und HLLAPI laesst sich dieses Problem jedoch beseitigen. "Stoerungen auf den Postleitungen fuehren nicht selten zu Abbruechen der Verbindungen, so dass diese Fehler programmiertechnisch abgefangen werden muessen, was mit einem erheblich hoeheren Zeitaufwand verbunden ist", erklaert Fischinger. Dazu kommen Schwierigkeiten im Windows-Umfeld. Der Systemspezialist hat die Erfahrung gemacht, dass die grafische Benutzeroberflaeche bei unsauberer Programmierung abstuerzen kann.