Karriereplanung als Auswahlinstrument für DV-Führungskräfte

Berufliche Perspektiven und Karriereplan müssen stimmen

30.11.1990

Karriereplanung sollte als dynamisches Element zu einem sehr wesentlichen

Einstellungskriterium - neben anderen - gemacht werden. Nachdem Bernd Andersch* in der

letzten Ausgabe der CW das Karriereverhalten von Fach- und Führungskräften speziell aus

der EDV untersuchte, stellt der Autor jetzt eine darauf zugeschnittene pragmatische

Methode für die Karriereplanung als Personalauswahlinstrument vor.

Das Ergebnis der Karriereplanung ist der Karriereplan. Er gibt die gewünschte

Karriereleiter eines Bewerbungskandidaten wieder. Einzelne Sprossen der Leiter sind dabei

Etappenziele, die zu einer obersten Sprosse, dem Finalziel, führen. Gleichgültig, ob

Etappenziele oder Finalziel - ein Ziel setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Es

handelt sich um ein Zielbündel, in das materielle, soziale, funktionale und sonstige

Komponenten eingehen. Daher empfiehlt es sich, für jedes berufliche Ziel eine bestimmte

Funktion als Hauptziel zu wählen, während soziale, materielle und anderweitige

Komponenten als Nebenbedingungen berücksichtigt werden. Für alle Etappenziele und das

Finalziel sind konkrete Realisierungstermine zu fixieren.

Basis des gesamten Zielfindungsprozesses stellen die vorhandenen und

potentiellen Qualifikationen des Kandidaten dar. Sie können aus den verschiedenen

Lebensbereichen kommen: Schule, Hochschule, Beruf oder Freizeit. Die Ausgangsfrage

lautet: Welche Qualifikationen wurden bereits und werden zukünftig in den genannten

Lebensbereichen erzielt? Der Planer sollte zur Ausgangsfrage ein Brainstorming

vornehmen. Das Ergebnis davon ist ein Pool von vorhandenen und potentiellen

Qualifikationen.

Im erarbeiteten Pool befinden sich einige Qualifikationen, die der Planer zukünftig -

aus welchen Gründen auch immer - beruflich nicht verwerten möchte. Der Pool wird daher

um derartige Qualifikationen bereinigt. In der nebenstehenden Abbildung läßt sich der

Spalte zwei ein hypothetischer bereinigter Qualifikations-Pool entnehmen.

In einem weiteren Schritt werden die gefundenen Qualifikationen gesplittert in eher

kurzfristig, das heißt in den Jahren eins bis zwei nach dem Zeitpunkt, zu dem die Planung

angestellt wird, und in eher langfristig, also in den Jahren drei bis fünf nach dem

Planungszeitpunkt, zu realisierende. Die Spalten drei und vier der Abbildung geben diesen

Sachverhalt wieder. Hypothese ist, daß bei der Etappenzielplanung der Planungshorizont

über einen Fünfjahreszeitraum nicht hinausgeht.

Vergleicht man die Spalten drei und vier, fällt auf, daß einige Qualifikationen sowohl

kurz als auch langfristig auf gleichem Niveau umgesetzt werden sollen, etwa die Funktion

Controlling. Bei anderen gibt es einen Niveau-Unterschied: Bezüglich der

Ablauforganisation beispielsweise stellt sich der Planer vor, zunächst diese Funktion selbst

durchzuführen, während er zu einem späteren Zeitpunkt eine Funktionsleitung anpeilt. Die

Niveaupräzisierung erfolgt nach der zeitlichen Splittung.

Alle kurzfristig beziehungsweise längerfristig zu realisierenden Qualifikationen sind

aus Übersichtlichkeitsgründen in zwei bis drei Schwerpunkten zu konzentrieren. Für das

Fallbeispiel ergaben sich die Schwerpunkte Organisation, Controlling und

Informationssysteme. So fallen etwa die Qualifikationen Controlling, Berichtswesen und

Unternehmensplanung unter den Oberbegriff Controlling. Entscheidend ist dabei nicht, daß

aus wissenschaftlicher Sicht diese Gebiete effektiv zusammengehören, sondern der Planer

die Gebiete subjektiv als zusammengehörig erachtet.

Auf der Grundlage des Qualifikationensplittens wird zu beiden

Qualifikationsgruppen eine adäquate berufliche Positions- und Funktionsbezeichnung

gesucht. In unserem Beispiel wurde die Gruppe der einer kurzfristig zu realisierenden

Qualifikationen der Bezeichnung Organisations-/EDV-Assistent, die eher langfristig

umzusetzenden Funktionen denn Begriff Organisations-/ EDV-Projekt-Manager zugeordnet.

Das Finalziel (Fünfjahresziel) wird aus den Etappenzielen abgeleitet. Es ist jedes

Ziel zulässig, das eine günstige Fortsetzung der Etappenziele darstellt. Die beiden

erarbeiteten Etappenziele sollten zur Erlangung des Endzieles notwendig und hinreichend

sein.

Zu den Nebenzielen gehören alle Umstände, die ergänzend zum Hauptziel des

Fünfjahreszieles und der Etappenziele erfüllt sein müssen oder sollen. Hierzu zählen etwa

Gehalt, Standort, Branche und Arbeitgebergröße. Hauptziel und Nebenziele machen das

gesamte Zielbündel aus. Wie oben verdeutlicht wurde, sollten anhand der Karriereplanung

Einsatzmöglichkeiten für den Kandidaten im Unternehmen überprüft werden.

Der Einsteller kann dem Bewerber auch alternative Pläne vorlegen. Nur bei

wahrscheinlicher Übereinstimmung von beruflichen Wünschen des Kandidaten und

möglichen Perspektiven sollte der Bewerber realistische Chancen auf eine Anstellung

bekommen.

* Dipl.-Kfm. Bernd Andersch ist Bereichsleiter Organisation-Datenverarbeitung-

Revision im Internationalen Möbelhandelskontor (IMK) Schieder.