Fachmann oder Hellseher?

Beruf: Technology-Evangelist

04.03.2010
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.

Technisches Marketing beginnt beim nächsten Vorgesetzten

An der Georg-Simon-Ohm Hochschule in Nürnberg lernen Studenten im technischen Marketing, ihre Ideen auch wirtschaftlich zu bewerten. Davon sollte jeder Informatiker etwas mit auf den Weg bekommen haben, meint Professor Uwe Wienkop.

CW: Sie lehren das Fach Technisches Marketing. Worum geht es in den Vorlesungen?

WIENKOP: Technisches Marketing ist im Bachelor-Studium ein vierstündiges Wahlpflichtfach über ein Semester. Studierende lernen dabei, Produktideen unter Marketing-Gesichtspunkten zu bewerten, Kosten abzuschätzen und die Chancen für einen Produkterfolg zu ermitteln. Ein Beispiel für eine Produktidee war vor einigen Jahren eine Software, mit der sich am Tablet-PC Formulare ausfüllen lassen sollten. Mittlerweile hat die Studentengruppe ihre Idee umgesetzt, eine Firma gegründet und vermarktet nun die Software.

CW: Wird das Fach häufig gewählt?

WIENKOP: Die Veranstaltungen sind gut besucht und am Ende wissen die Teilnehmer: Aha, Software besteht nicht nur aus einer guten Idee und Programmierkenntnissen, sondern eine Firma muss sich auch mit anderen Themen auseinandersetzen, bis aus der Idee ein Produkt werden kann. Auf welche Fragen die Studierenden Antworten haben müssen, wo sie verlässliche Informationen bekommen und wie sie ihre Ideen schließlich präsentieren können, all das lernen sie in dem Fach.

CW: Wann und wie können sie ihr Wissen nutzen?

WIENKOP: Meist sind Techniker begeistert von neuen Produktideen, ohne dabei die vielfältigen Marketing-Aspekte zu berücksichtigen. Ebenso wichtig wie die Produktidee selbst sind Fragen wie etwa: Gibt es einen Markt, wie groß ist er, was kostet die Umsetzung, wie viel Personal ist dafür notwendig, und wann könnten wir mit dem Produkt herauskommen? Wenn man diese Aspekte kennt und darüber diskutieren kann, hilft man dem Vorgesetzten eine Entscheidung zu treffen.

CW: Der Vorgesetzte ist also die erste Hürde für eine neue Idee?

WIENKOP: Ja, es ist wichtig zu wissen, unter welchen Gesichtspunkten Ideen betrachtet und bewertet werden können, um mit Vorgesetzten umfassend über eine Produktidee zu reden und sie dadurch zu verstärken oder zu erkennen, dass sie nicht wirtschaftlich erfolgreich umzusetzen ist. Wir bringen unseren Informatikern dadurch bei, wie aus ihren Ideen Produkte werden können. Eine genaue Analyse im Vorfeld hilft, Flops zu vermeiden, und damit lässt sich viel Geld sparen.