Hohe Anlaufverluste werden in Kauf genommen

Bertelsmann geht in die Internet-Offensive

01.10.1999
GÜTERSLOH (CW) - Die Bertelsmann AG konnte für das Geschäftsjahr 1998/99 ein Umsatzwachstum von 12,8 Prozent auf 29 Milliarden Mark und einen Investitionsrekord von 4,7 Milliarden Mark präsentieren. Ziel des Gütersloher Medienriesen ist es, im E-Commerce weltweit die Nummer eins zu werden.

Wichtiger als die bloße Unternehmensgröße ist laut Vorstands-Chef Thomas Middelhoff eine starke Präsenz in den unterschiedlichen Märkten. Im Gegensatz zu den größeren Konkurrenten Time Warner, Disney und Viacom/CBS, die bis zu vier Fünftel ihres Umsatzes allein in den USA erzielen, sind die Einnahmen des deutschen Medienmultis auf mehrere Märkte verteilt. Vom Gesamtumsatz entfallen allein 28 Prozent auf Deutschland, 35 Prozent auf die USA und 30 Prozent auf weitere europäische Länder.

Mit den Investitionen in Höhe von 4,7 Milliarden Mark finanzierte Bertelsmann 1998/99 vor allem die Akquisition der US-Verlagsgruppe Random House, die Übernahme der Stuttgarter Springer-Fachverlage sowie den Aufbau seiner Multimedia- und Internet-Geschäfte - etwa die Beteiligung an dem amerikanischen Internet-Medienshop Barnesandnoble.com.

Obwohl Middelhoff im Buch durchaus ein Medium der Zukunft sieht, legt er den Schwerpunkt künftiger Geschäfte auf das Internet und die damit verbundene Digitalisierung. Diese werde, wie der Bertelsmann-Chef auf der Bilanzpressekonferenz vergangene Woche betonte, die Medienbranche quasi auf den Kopf stellen. Die entsprechenden Anbieter würden in den "Sog der TK- und Computerhersteller" geraten. Nachdem für dieses von Middelhoff skizzierte Wettbewerbsszenario die Infrastruktur durch Beteiligungen und Übernahmen geschaffen wurde, will der Konzern nun seine traditionellen Stärken aussspielen. Der im Geschäftsjahr 1998/99 allein im Internet erzielte Umsatz von 1,4 Milliarden Mark soll bis 2001/2002 auf 4,8 Milliarden Mark ansteigen. Bis dahin rechnet man mit Anlaufverlusten in Höhe von 1,9 Milliarden Mark. Sämtliche Inhalte sollen systematisch digitalisiert und für den Web-Vertrieb in Datenbanken bereitgehalten werden. So kann entweder online ohne Papier oder mit "Print on demand" verkauft werden. Strategisches Ziel sei es, mittelfristig zur weltweiten Nummer eins im E-Commerce zu werden - also Wettbewerber wie AOL und Amazon.com zu überholen.