Trotz schmerzender Finger, Augenbeschwerden und Nervosität:

Berner Sekretärinnen zufrieden mit der DV

20.02.1987

BERN (CWS) - Die computerunterstützte Büroarbeit fördere in der Bundesverwaltung die "Arbeitszufriedenheit", stellt eine repräsentative Untersuchung im Auftrag des schweizerischen Nationalfonds fest. Gesundheitliche Beschwerden scheinen dem Glück keinen Abbruch zu tun.

Die untersuchenden Psychologen fanden heraus: 23 Prozent der Befragten sind mit dem computergestützten Arbeitsplatz sehr zufrieden, 53 Prozent eher zufrieden, 17 Prozent teils-teils. die Arbeit wird von den Allround-Sekretärinnen als gut bis sehr gut, von den Chefsekretärinnen als vorwiegend gut bis sehr gut, von den Sekretärinnen und Sachbearbeiterinnen als durchschnittlich und von der Gruppe Schreibkräfte als eher schlecht beurteilt.

Rund 30 Prozent aller Schreibzeit wird in den untersuchten Bundesämtern bereits mit Textsystemen geschrieben. In der Untersuchung wird auf die ständige Zunahme des allgemeinen Aufgabenvolumens hingewiesen. Vor allem deshalb werden Textsysteme eingesetzt. Zusammen mit dem Rationalisierungsdruck wird oder wurde die Umwandlung von Sekretärinnen- in Sachbearbeiterstellen in rund einem Drittel der untersuchten Bundesämter praktiziert.

Sekretärinnen, die ein Textsystem benutzen, verbringen einen deutlich größeren Teil (63,8 Prozent) ihrer Arbeitszeit mit Schreiben als ihre konventionell arbeitenden Kolleginnen 141,0 Prozent. Bei den Teilzeit-Sekretärinnen arbeitet ein größerer Teil (57 Prozent) auf einem Textsystem als bei den Vollzeit-Sekretärinnen (39 Prozent). Vielerorts sei "die Tendenz zu beobachten, Stellen für Teilzeitkräfte zu schaffen, deren Tätigkeit dann primär aus Schreiben am Textsystem besteht", registrierten die Forscher.

Textsystem-Benutzerinnen mit täglicher Schreibdauer von drei bis zu viereinhalb Stunden schätzen die ihre Anfälligkeit für Beschwerden wie Kopfschmerzen, Augenbeschwerden und Nervosität deutlich höher, Mattigkeit viel höher und Schmerzen in den Fingern und Armen sehr viel höher ein als Nicht-Textsystem-Benutzerinnen. Frauen, die noch länger am Bildschirm arbeiten, klagen über sehr viel höhere Augenbeschwerden.

63 Prozent der Sekretärinnen, die die Einführung des Textsystems miterlebt haben, sind trotz dieser Einwände nach wie vor für die Arbeit am Textsystem, 14 Prozent waren damals dagegen und sind jetzt dafür.

Bundesrat: Verstöße "nur Einzelfälle"

Der Genfer SP-Nationalrat René Longet hat in einer einfachen Anfrage auf Folgen der Bildschirmarbeit in der Bundesverwaltung aufmerksam gemacht. In seiner Antwort stellt der Bundesrat fest: "Schwierigkeiten ergeben sich dort, wo durch die Einrichtung zentraler Schreibdienste die Sekretariatstätigkeiten von den Schreibarbeiten abgetrennt und diese monotonen Arbeiten hauptsächlich auf Textverarbeitungsgeräten ausgeführt werden" Obwohl das Bundesamt für Organisation in seinen Empfehlungen zur Einführung der Textverarbeitung festhalte, daß nicht mehr als die halbe Arbeitszeit am Bildschirm gearbeitet werden sollte, würden diese Empfehlungen "in Einzelfällen" nicht eingehalten.

Bei der Umfrage äußerten sich 237 Sekretärinnen aus 14 Befragten arbeiten in Vollzeit, während 21 Prozent mit einem Beschäftigungsgrad von 50 bis 90 Prozent tätig sind. Als Autoren der Untersuchung "Textverarbeitung im Sekretariat" zeichnen Dr. Norbert Troy und Luzian Ruch. Beide sind Mitarbeiter des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie der Zürich.