Berliner Weichwerker-Treffen konnte an vielversprechenden Start im Vorjahr nicht anknüpfen:Softwarekongreß Compas '85: Geringe Resonanz

20.12.1985

BERLIN (mer/kul) - Ganz im Zeichen der Standardprogramme wehten die Fahnen auf dem diesjährigen Softwarekongreß "Compas '85" vom 10. bis 13. Dezember in Berlin. Leitthema des Forums: die industrielle Softwarefertigung. Doch die Reaktionen auf das "Weichware-Spektakel" waren gemischt - viele Teilnehmer äußerten sich negativ.

"Die Tagung geriet in Teilbereichen zum Ärgernis", kommentierte etwa Alexander von Stülpnagel, Vertriebsmanager Deutschland der MSP GmbH, München, den Verlauf der viertägigen Veranstaltung. "Bei drei Vorträgen in eineinhalb Stunden bleibt keine Zeit zur Diskussion."

So empfanden denn auch viele Zuhörer das Angebot als "zu dicht gedrängt und zu breit gefächert". Tenor der allgemeinen Kritik: Weniger wäre hier mehr gewesen.

Positives Echo auf Workshops und Diskussionen

Gut schnitten dagegen die Podiumsdiskussionen und Workshops ab. Sie seien eine Alternative und kämen darüber hinaus dem Interesse an mehr Detailarbeit und persönlicher Mitgestaltung entgegen.

Mit einem Aufgebot von mehr als 130 Referenten wollte die Berliner Ausstellungs-Messe-Kongreß GmbH (AMK) zur Transparenz im Produkt und Methoden-Dschungel beitragen. Schwerpunkte bildeten die Bereiche Anwendungssoftware, SW-Engineering mit Standardwerkzeugen, Qualität und Recht sowie die Integration von Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnik (weitere Berichte folgen).

Gleichwohl scheint die Veranstaltung gegenüber dem Vorjahr stark an Popularität eingebüßt zu haben. Knapp 500 Interessenten für den eigentlichen Kongreß und rund 250 für die vorausgehenden Tutorials konnten die Initiatoren dieses Jahr registrieren. Demgegenüber waren 1984 noch annähernd 800 beziehungsweise 260 Teilnehmer dem Ruf an die Spree gefolgt.

Den Grund für den eklatanten Einbruch sieht der Programsausschuß unter anderem in dem überfüllten Veranstaltungskalender der letzten Monate. Aber auch die AMK als verantwortliche Organisation bekam ihr Fett weg: Fehlendes Marketing, verspätete Programmfreigabe und der ungünstige Termin kurz vor Weihnachten sind nur einige der vorgebrachten Kritikpunkte.

Das Programmkomitee, in dem Anwender, Hersteller und Universitäten vertreten sind, geriet seinerseits ebenfalls unter Beschuß. Viele Zuhörer bemängelten die Oberflächlichkeit, mit der die gestellte Thematik von manchen Referenten abgehandelt wurde. Kritisierte ein Kongreßbesucher: "Die Darbietungen sind im Grunde eine Bestätigung dessen, was die meisten DV-Profis ohnehin wissen."

Verärgert zeigten sie sich zudem über einige "gezielte untergejubelte" Produktpräsentationen, die teilweise "Schönfärberei" innerhalb der einzelnen Vortragsreihen sowie die oftmals einseitige Themenauswahl.

Die AMK gab sich auf Befragen der COMPUTERWOCHE denn auch schuldbewußt: "Die Akquise für die Aufstellung des Programmkomitees ist generell schwer", erläuterte Frank Seifert, Leiter des Bereiches Verkauf und Produktentwicklung im Unternehmensbereich Kongresse der AMK Berlin. Deshalb sei eine durch persönliche Intreressen gesteuerte Auswahl der Referate auch nicht auszuschließen. Seifert: "Da kann es schon mal zu einer Vetternwirtschaft kommen."