Bericht entfacht Streit ueber produktivstes Client-Betriebssystem Apple und IBM kritisieren Studie der Microsoft Corp. als einseitig

15.12.1995

MUENCHEN (CW) - Eine von Microsoft initiierte Vergleichsstudie ueber die Produktivitaet der Desktop-Betriebssysteme Windows 95, Mac-OS und OS/2 laesst bei den Wettbewerbern Apple und IBM die Emotionen hochkochen. Das von der Gates-Company beauftragte Marktforschungsinstitut kommt zu dem Ergebnis, Anwender des 32- Bit-Produkts von Microsoft arbeiteten wesentlich effektiver als Benutzer der Konkurrenzsysteme.

Der von der International Data Corp. (IDC) durchgefuehrte Microsoft-Report ist den Betriebssystem-Konkurrenten IBM und Apple ein Dorn im Auge. Der Bericht kommt zu dem Schluss, Anwender des Microsoft-Betriebssystems Windows 95 seien in der Lage, Aufgaben mueheloser und effizienter zu bewaeltigen als Testpersonen unter OS/2 und Mac-OS. Die User mussten dabei verschiedene Arbeiten ausfuehren wie etwa Dateien auf lokaler Festplatte und im Netz bearbeiten, drucken oder Aenderungen an der jeweiligen Oberflaeche vornehmen.

Wie die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" unter Berufung auf die IDC-Studie berichtet, absolvierten Anwender des Microsoft-Produkts saemtliche Aufgaben um 19 Prozent schneller als ihre Kollegen auf Mac-Rechnern - OS/2-Benutzer wiederum benoetigten sogar doppelt solange: Windows-95-Anwender loesten ihre Aufgaben in knapp 58 Minuten, Mac-User in 72 Minuten, OS/2-Benutzer investierten insgesamt gar 116 Minuten in den Test.

Das fuer die Gates-Company ruhmreiche Ergebnis wird von Apple und der IBM jedoch nicht akzeptiert. Abgesehen davon, dass Microsoft bereits seit langem die Produkt-Features von Apple kopiert, wurde die in Auftrag gegebene Studie vom Unternehmen aus Redmond finanziert und ueberwacht, zweifelt Michael Mace, zustaendig fuer das Mac-Platform-Marketing bei Apple, an der Neutralitaet des Tests.

Apple: Tester genossen Vertrauen der Redmonder

Die von Microsoft durchgefuehrte Untersuchung ist Mace zufolge unfair. Der Windows-Anbieter griff ausschliesslich auf Tester seines Vertrauens zurueck. Zudem habe die Gates-Company Aufgaben, die Mac-OS oder OS/2 nachweislich besser loesen, ausgespart. Uebungen wie etwa das Installieren einer Applikation oder das Verschieben einer Anwendung zwischen Festplatten fehlten. Analysten zufolge zeige Windows 95 jedoch gerade in diesen Bereichen die eklatantesten Schwaechen.

Ebenso habe Microsoft die tatsaechlich gestellten Aufgaben nach eigenem Gusto konzipiert: Testpersonen wurden beispielsweise dazu aufgefordert, die Bildschirmaufloesung zu manipulieren - die Farbdarstellung jedoch sollte beibehalten werden; mit gutem Grund, kritisiert Apple. Windows 95 fuehre nach der Umstellung der Farbtiefe - im Gegensatz zu Mac-Systemen - einen Neustart durch. Die bekannten Vorteile der Mac-Konsolen habe Microsoft allerdings nicht beruecksichtigt.

Auch bei der IBM aergert man sich ueber die Studie. Microsoft hat saemtliche Aufgaben des Tests in eigener Regie definiert, so die Vorwuerfe von Big Blue. Zudem nahmen die Windows-95-User bereits am Betatest des Betriebssystems teil.

"Microsoft hat die Regeln aufgestellt und den Platz ausgewaehlt", moniert Iggy Pintado, Senior Brand Manager bei der IBM. Big Blue fordere Microsoft bereits seit laengerem zu einem fairen Test auf, doch die Gates-Company habe sich jedesmal geweigert, so Pintado.

Heinz Unland, PC-Analyst bei der deutschen IDC-Dependance in Kronberg wehrt sich gegen die Kritik: "Egal wer Kunde und Finanzier ist, die Studien werden von uns generell neutral gehandhabt", nimmt der Experte die am Report beteiligten amerikanischen IDC-Kollegen in Schutz. "Wir sind kein Haus, das Studien abhaengig vom jeweiligen Klienten unterschiedlich ausfallen laesst."