Studie von Diamond Cluster dokumentiert Nachholbedarf

Bereitband: Deutschland bekommt keine Medaillen

27.08.2004

Die Ergebnisse einer Untersuchung der Management-Beratung Diamond Cluster International zum Breitbandmarkt in Deutschland sind zwiespältig. So verfügte 2003 gut die Hälfte aller hiesigen Haushalte über einen Internet-Anschluss, bereits jeder fünfte davon (insgesamt 4,7 Millionen) war breitbandig. Auch der Breitbandumsatz der einschlägigen Dienstleister war 2003 mit 1,74 Milliarden Euro schon höher als die Einnahmen mit schmalbandigen Diensten, die lediglich mit 1,67 Milliarden Euro zu Buche schlugen. Bis Ende 2008 wird sich die Anzahl der Breitbandanschlüsse in Deutschland auf etwa 17 Millionen erhöhen; die Einnahmen mit Breitbrandanschlüssen werden dann etwa fünfmal so hoch wie der Schmalbandumsatz sein, prognostizieren die Experten. Wesentliche Wachstumstreiber seien die steigende Nachfrage nach Musik-/Video-Downloads, neuen IP- basierenden Anwendungen wie Voice over IP, Videotelefonie und Managed IP VPNs sowie die verbesserte Qualität und Nutzerfreundlichkeit von Services - etwa im Bereich drahtloser DSL-Zugänge.

Im EU-15-Vergleich jedoch, also ohne Berücksichtigung der durch die jüngste EU-Erweiterung hinzu gekommenen neuen Mitgliedsstaaten, lag Deutschland Ende 2003 mit einer auf alle Haushalte bezogenen Breitbandpenetration von weniger als zwölf Prozent nur auf Rang zwölf. Die Spitzenreiter Belgien, Dänemark sowie die Niederlande wiesen bereits eine mehr als doppelt so hohe Marktdurchdringung auf - ganz zu schweigen vom weltweit führenden Südkorea, wo bereits 80 Prozent aller Haushalte über einen schnellen Internet-Zugang verfügen.

Italien wächst 2003 am meisten

Das Breitbandgeschäft war zwar laut Studie im vergangenen Jahr auch in Deutschland mit einem Plus von über 40 Prozent ein Wachstumsmarkt, der EU-15-Durchschnitt lag aber fast doppelt so hoch. So legten Frankreich und Großbritannien bei der Zahl der Breitbandanschlüsse um mehr als 100 Prozent zu; EU-weit führend war jedoch Italien mit einem Zuwachs von über 180 Prozent.

Als Grund für die vergleichsweise langsame Entwicklung des Breitbandmarktes in Deutschland nennt Diamond Cluster unter anderem den fehlenden Wettbewerb bei den Zugangstechnologien. Alternative Lösungen seien hierzulande unterentwickelt; DSL sei mit einer Verbreitung von mehr als 96 Prozent immer noch die mit Abstand dominierende Technologie. In vielen EU-Ländern, etwa Großbritannien, den Niederlanden und Österreich, konnte jedoch der Breitband-Internet-Zugang auch via TV-Kabel größtenteils flächendeckend realisiert werden. In Deutschland hingegen habe die in Europa "einzigartige Trennung" des Kabelgeschäfts in die so genannte Netzebene drei und vier, also zwischen dem regionalen beziehungsweise örtlichen Transportnetz und der Verkabelung in einzelnen Häusern/Wohnanlagen, bisher Investitionen in die notwendige Rückkanalfähigkeit des Kabelnetzes verhindert.

Darüber hinaus herrschte auch im DSL-Markt bisher nur ein geringer Wettbewerb. Die Deutsche Telekom ist mit rund 90 Prozent Marktanteil nach wie vor der dominierende DSL-Betreiber. Alternative Anbieter mussten bisher entweder eine eigene DSL-Infrastruktur aufbauen (Beispiel Arcor und QSC) oder konnten nur als Reseller für die Telekom tätig werden. Attraktive Vorleistungsprodukte des Ex-Monopolisten, etwa Bitstream-Zugänge, wurden dagegen in Deutschland bisher vom Regulierer nicht eingefordert. Dies habe sich erst mit der im Juli erfolgten Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) geändert, betonen die Autoren der Studie. Dadurch biete sich jetzt "definitiv die Chance für mehr Wettbewerb beim DSL-Endkundenzugang", heißt es. Gleichzeitig dürften sich aber die Parameter ändern. Alle Anbieter werden über kurz oder lang unter einem verstärkten Preisdruck stehen. Mit der steigenden Akzeptanz von Breitbandanwendungen werde sich der Markt immer mehr vom Angebots- zum Nachfragemarkt entwickeln. (gh)

Abb: Mehr Online-Kunden bringen weniger Umsatz

Zwei Seiten einer Medaille: Die DSL-Anbieter in Deutschland werden sich darüber freuen können, dass ihre Kunden immer mehr online sind und dabei Breitbandanwendungen nutzen. Der durchschnittliche Umsatz pro Kunde (Arpu) wird jedoch rückläufig sein. Quelle: Prognos, UCLA 2003, Diamond-Cluster