Deutsche Bank und Roland Berger gehen Mittelstandsberatung an:

Berater rücken mit Expertensystem aus

25.03.1988

HANNOVER (ujf) - Mit Hilfe tragbarer Computer will die Consulting-Branche jetzt auch Kleinunternehmer für ihre Dienstleistungen interessieren. Mancher Fabrikant wird schon bald ein PC-gestütztes Expertensystem ins Büro gestellt bekommen, das anstelle eines Beraters aus Fleisch und Blut die Basisdaten des Unternehmens abfragt.

Die DV-Branche ist wieder um zwei C-Kürzel reicher: "CIB" und "CAC". Hinter diesen Akronymen verbergen sich die Dienstleistungskonzepte "Computer Integrated Banking" und "Computer Aided Consulting", mit denen die Deutsche Bank und die Unternehmensberatung Roland Berger & Partner neue Märkte erschließen wollen. Hinter dem "Produkt" CAC steht die Deutsche Gesellschaft für Mittelstandsberatung mbH (DGM), die sich auf der CeBIT erstmals öffentlich präsentierte. Die DGM ist das erste Kind aus der im vergangenen Jahr geschlossenen Ehe zwischen Roland Berger & Partner und der Deutschen Bank.

Mittelständische Unternehmer bildeten bisher ein ungenutztes Marktpotential für Beratungsgesellschaften. Die Honorarsätze qualifizierter Consultants schreckten diese potentiellen Kunden ab. Doch Marktuntersuchungen der Deutschen Bank ergaben, daß in diesem Bereich 500 Millionen Mark jährlich darauf warten, abgeschöpft zu werden. Nicht zuletzt aus diesem Grund erwarb die Großbank 1987 zunächst 24,9 Prozent an der bis dato nur für Großunternehmen tätigen Beratungsfirma Berger; eine Mehrheitsbeteiligung bis zu 75,1 Prozent ist mittelfristig geplant.

Schon bald wird eine Mannschaft von DGM-Beratern ausschwärmen, um mittelständischen Firmen die neue, dank EDV und Teil-Do-it-yourself eher erschwingliche Form von Beratung schmackhaft zu machen. Herzstück des Computer Aided Consulting: der derzeit leistungsfähigste tragbare PC, der Compaq Portable 386, ausgestattet mit der Expertensystem-Shell KES (Knowledge Engineering System) und Microsoft Windows 386 als Benutzeroberfläche (sobald der "Presentation Manager" verfügbar ist, soll auf OS/2 umgestellt werden).

Klaus Brockmann, Mitglied der Roland-Berger-Geschäftsleitung und Projektchef der DGM: "Erst durch diese neue Hardware wurde ein solches Beratungskonzept realisierbar. Wir haben uns vielleicht nicht für die modernste Shell entschieden, die wir aus den USA hätten bekommen können. Aber es kommt auf eine gute Bedieneroberfläche an, damit der Beratungskunde das System akzeptiert". Nach einer Einweisung in den Umgang mit dem Gerät ist der Kunde erst einmal sich selbst (und einer Hotline) überlassen; nach einer vereinbarten Zeit holt der Berater den Computer wieder ab und wertet die Daten aus.

Vom Computer "Aided" zum Computer "Integrated"

Auch die Muttergesellschaft Deutsche Bank weitet ihre DV-Servicepalette aus. Mit seinen inzwischen 22 elektronischen Dienstleistungen sei das Geldinstitut auf dem Weg vom "Computer Aided Banking" zum "Computer Integrated Banking", sagte Vorstandssprecher Herbert Zapp auf der Bankensonderschau in Hannover. Zum DV-Angebot der Bank gehören unter anderem Datenbanken, PC-Software und rechnergestützte Beratung bei Immobilienkäufen oder bei der Exportfinanzierung.