Folge der Capgemini-Integration

Berater-Exodus bei sd&m

28.07.2011
Viele ehemalige sd&m-Mitarbeiter haben seit der Capgemini-Integration das Unternehmen verlassen. Auch Burkhard Kehrbusch nimmt eine Auszeit.
Das alte Logo von sd&m wird seit der Integration in den Capgemini-Konzern nicht mehr verwendet.
Das alte Logo von sd&m wird seit der Integration in den Capgemini-Konzern nicht mehr verwendet.
Foto: Capgemini

Kehrbusch hat sich als Leiter des Geschäftsfelds Custom Solution Development (CSD) bei Capgemini in ein Sabbatical-Jahr verabschiedet. Sein Nachfolger ist der langjährige Capgemini-Manager John Brahim. Nach der Auszeit soll Kehrbusch eine noch nicht näher benannte internationale Position übernehmen.

Hinter der von Kehrbusch geführten Einheit verbirgt sich das Softwareentwicklungshaus sd&m, das mit der Fusion mit Ernst & Young im Jahr 2000 zu Capgemini kam, aber erst 2009 vollständig integriert wurde. Unternehmensnahen Quellen zufolge hat diese Einheit im ersten Quartal 2011 Geschäftsziele verfehlt, weil die Transformation nicht optimal verlaufen sei. Kehrbusch, seit 1999 im sd&m-Vorstand und wichtige Integrationsfigur, habe dafür die Verantwortung übernommen. Ursache des Dilemmas sei die hohe Fluktuation. Viele führende Köpfe hätten das Unternehmen seit der Integration verlassen.

Capgemini bestätigte die zeitweilig hohe Fluktuation, die Ende 2010 deutlich über 20 Prozent betragen und auch im ersten Quartal 2011 noch erheblich über Marktdurchschnitt gelegen habe. Infolge dessen seien Gewinnziele verfehlt worden. "Die Marge war nicht schlecht, sie war allerdings auch nicht zufrieden stellend", räumte Kehrbusch-Nachfolger Brahim gegenüber der COMPUTERWOCHE ein.

Einen Zusammenhang mit Kehrbuschs Abschied verneinte Brahim. Der ehemalige sd&m-Manager habe nach vielen Jahren in führenden Positionen aus persönlichen Gründen eine Auszeit nehmen wollen. Er habe die Transformation von sd&m erfolgreich abgeschlossen und die Geschäftseinheit CSD mit einem erweiterten Portfolio und einer globalen Lieferkette wettbewerbsfähig aufgestellt.

Das Angebotsportfolio wurde um Leistungen für Business-Intelligence-Projekte, Business Technology Consulting und Aplication-Lifecycle-Management erweitert. Zudem kann die Einheit in Kundenprojekte auf Capgemini-Berater und -Entwickler in Near- und Offshore-Regionen zugreifen. Das sei wichtig, so Brahim, weil CSD vor allem für weltweit aufgestellte Blue-Chip-Konzerne arbeite. Seit dem zweiten Quartal 2011 pendle die Fluktuationsrate im branchenüblichen Bereich zwischen zehn und 15 Prozent, und auch die Marge erhole sich wieder. Mittelfristig strebt der Manager eine Gewinnspanne zwischen zehn und 15 Prozent an. In guten Jahren, so räumte Brahim ein, habe sd&m Margen von deutlich über 20 Prozent eingefahren.

Dennoch bleiben Fragezeichen hinter der Situation und Zukunft der ehemaligen sd&m. So sei die Entscheidung für das Sabbatical-Jahr von Kehrbusch sehr kurzfristig gefällt worden, berichten unternehmensnahe Quellen. Viele wichtige Top-Manager haben seit der Integration Capgemini verlassen, und das ist in einer Branche, deren Geschäfte sich zum Großteil auf persönliche Kundenkontakte stützen, gefährlich.

In der IT-Beratungs-Branche hatte sd&m in der Vergangenheit zudem einen wohlklingenden Namen. Die gute Reputation und ausgefeilten Netzwerke in die Universitäten habe dem Unternehmen stets ausreichenden Nachwuchs an Akademikern beschert. Offen bleibt, inwiefern dieses Kapital mit der Capgemini-Integration gefährdet wurde. (jha)