Berater der nächsten Generation

25.04.2007
Von Yasmine Limberger
Die Rolle des teuer bezahlten Beobachters sollten IT-Consultants abgestreift haben. In Projekten müssen sie selbst anpacken und mit wechselnden Teams, Arbeitsumgebungen und Kundenwünschen zurechtkommen.

Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Immer neue Kommunikationswege wie E-Mail, Instant Messenger oder Web-Konferenzen erhöhen Erreichbarkeit und Arbeitstempo, ermöglichen eine virtuelle Projektkultur - und erfordern hohe Aufmerksamkeit, um alle Informationen aus den diversen Kanälen auch zu erfassen und zu strukturieren. Für einen Berater kommt hinzu, dass er nicht im Büro seines Arbeitgebers, sondern in der Regel beim Kunden vor Ort arbeitet. Dort herrschen möglicherweise andere organisatorische und technische Bedingungen als vom eigenen Unternehmen gewohnt, was rasches Umdenken erfordert. Ein Berater muss also flexibel auf unterschiedliche Arbeitsumgebungen und Anforderungen eingehen und sich technisch wie in der Zusammenarbeit mit dem Kunden entsprechend organisieren können.

Hier lesen Sie ...

• warum IT-Berater auf unterschiedlichste Anforderungen und Arbeitsumgebungen eingehen müssen;

• welche Karrierewege Berater einschlagen können;

• welche Abstriche der Beraterberuf verlangt.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/

591603: Welche Skills 2010 gebraucht werden;

589300: Beratungshäuser stellen weiter ein;

588975: Was ein SOA-Profi können muss.

Viele IT-Berater arbeiten manchmal gleichzeitig in mehreren Projekten. Um beim jeweiligen Kunden vorbereitet und professionell aufzutreten, muss der Berater stets auf dem Laufenden sein, also die umfangreichen Projektdokumente, Spezifikationen, Qualitäts-Management-Pläne und Protokolle in einem strukturierten Ablagesystem verfügbar halten und gleichzeitig sicherstellen, dass auch alle anderen Projektbeteiligten Zugang zu den Dokumenten haben. Erfahrung im Umgang mit modernen Projekt-Management-Tools und Content-Management-Systemen zur Unterstützung der internen Prozesse ist heute daher eine Grundanforderung an einen IT-Berater - neben seinen technischen Spezialgebieten.

Doch fachliche Spitzenleistungen und Technologiekenntnisse auf höchstem Niveau machen noch lange keinen IT-Berater aus. Vielmehr achten Beratungshäuser heute verstärkt auf kommunikative und soziale Fähigkeiten. Volle Aufmerksamkeit gegenüber dem Kunden und eine sensible Hartnäckigkeit, um die Anforderungen in der Analysephase bis ins letzte Detail aufnehmen und dokumentieren zu können, gehören ebenso dazu wie die Eigenschaft, negative Haltungen erkennen und umwandeln zu können sowie Nicht-Gesagtes zu "hören" und zu hinterfragen.

Leidenschaft für Technologie ist wichtige Voraussetzung

Management-Wechsel, Firmenübernahmen, Umstrukturierungen und Schwankungen in der Konjunktur: Die Gründe für eine Projektverzögerung sind vielfältig. Deshalb erfordert der Projektalltag Geduld, Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz, um bei der täglichen Arbeit nicht nachlässig zu werden und schon gar nicht einen resignierten Eindruck zu erwecken. Möglicherweise wird das Projekt auch gestoppt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen, nun mit einem anderen Leiter und anderen Teamkollegen. Auch darauf muss sich der IT-Berater einstellen können, um die Projektarbeit nahtlos fortzusetzen und erfolgreich abzuschließen.

Auch die Technologie entwickelt sich rasant weiter, es entstehen neue Architekturmodelle und Ansätze wie SOA oder Software as a Service. Deshalb kann es ein IT-Berater nur mit kontinuierlicher Lernbereitschaft und stetiger Weiterbildung schaffen, technisch auf dem Laufenden zu bleiben und über die aktuellen IT-Trends informiert zu sein. Leidenschaft für Technologie ist daher ein weiterer wesentlicher Aspekt, um als IT-Berater zu überzeugen. Neben der Technologie verändern sich auch die Geschäftsabläufe immer wieder. Hier helfen betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Prozessdenken, um den Zusammenhang zwischen Geschäftsprozessen und Informations- und Kommunikationstechniken zu erkennen und die technische Lösung entsprechend zu entwerfen.

Berater müssen umsetzen können - und zwar pragmatisch

Um komplexe Architekturen mit ihren diversen Schnittstellen einführen zu können, werden von einem IT-Berater neben Praxiserfahrung in der Softwareentwicklung auch Umsetzungskompetenz und Pragmatismus verlangt. Ein IT-Berater muss nicht nur wissen, wie etwas zu machen ist - er muss es auch selbst machen können! Schließlich soll der Auftraggeber nicht den Eindruck haben, der Berater sei ein teuer bezahlter Beobachter, der nur Lösungen vorschlägt und Anweisungen gibt, ohne selbst mit anzupacken.

Trainee-Programm sollte klaren Ausbildungsplan haben

Auch wenn es einem Berufseinsteiger anfangs vielleicht noch nicht transparent wird: Jeder IT-Berater trägt im Projekt ein hohes Maß an Verantwortung. Denn Projekterfolge resultieren immer aus der Zusammenarbeit im Team, innerhalb dessen jedes Projektmitglied seine Aufgabe zu erfüllen hat. Nur wenn sich die Kollegen regelmäßig abstimmen, können sie auf sich ändernde Rahmenbedingungen eingehen und an den verschiedensten Meilensteinen gegensteuern. Teamfähigkeit und die Bereitschaft, vom ersten Tag an Verantwortung zu übernehmen, gehören deshalb zwingend zu den Erfolgsfaktoren eines Beraters.

Welche Ausbildung qualifiziert einen Bewerber zum IT-Berater? Beste Chancen haben Absolventen der Studiengänge Wirtschaftsinformatik, Informatik oder anderer Ingenieurwissenschaften. Aber auch eine mit gutem Ergebnis abgeschlossene Ausbildung zum Fachinformatiker oder EDV-Fachwirt bildet eine gute Basis für den Jobeinstieg.

IT-Beratung ist kein Job mit starrem Korsett. Agilität, Multitasking und Reisebereitschaft sind weitere Erfolgskriterien: Wer erwartet, jeden Abend zur selben Zeit zu Hause zu sein, oder regelmäßige Termine in einem lokalen Verein wahrnehmen möchte, ist in der Beratung falsch. Vor dem Einstieg in die Beratung sollten darum auch Familie und Freunde in die berufliche Entscheidung einbezogen werden. Work-Life-Balance-Modelle der Beratungsunternehmen zeigen zwar, dass Beratung und Familie sich durchaus vereinbaren lassen - es ist jedoch erforderlich, dass die Familie Verständnis zeigt und mit der Reisetätigkeit zurechtkommt.

Große Beratungshäuser bieten oft den Vorteil eines strukturierten Karrieremodells mit klar definierten Trainingsplänen und regelmäßigen, leistungsabhängigen Beförderungsschritten. Der Einstieg in die Beraterkarriere kann verschieden sein: Absolventen beginnen meist als Trainee. Diese Phase der strukturierten Einarbeitung bereitet einen Berater auf die Anforderungen im Projektalltag vor - vorausgesetzt, das Trainee-Programm unterliegt einem klaren Ausbildungsplan, der die wichtigsten Aspekte beinhaltet und von einem erfahrenen Kollegen oder Coach begleitet wird.

Für Hochschulabgänger, die während des Studiums schon ein Praktikum oder ihre Diplomarbeit in einem Beratungsunternehmen gemacht haben, ist der Direkteinstieg zu empfehlen. Einsteiger werden zunächst in diversen Projekten eingesetzt, um unterschiedliche Branchen und Technologieumgebungen kennen zu lernen. Eine tiefere Spezialisierung erfolgt dann meist nach zwei bis drei Jahren. Während dieser Zeit begleitet ein Mentor die jungen Mitarbeiter, der mit ihnen die Zielrichtung festlegt und einen Trainingsplan aufsetzt.

Mehrere Karrierepfade für erfahrene Berater

Viele IT-Berater entwickeln sich mit den Jahren zum Projekt-Manager, der neben der technischen Verantwortung auch das Qualitäts-Management überwacht und Projekte koordiniert. In größeren Beratungen gibt es zudem den Programm-Manager, der ein ganzes Portfolio an Kundenprojekten oder aber ein Großprojekt mit einzelnen Teilprojekten verantwortet. Der Programm-Manager besitzt zwar ein solides technisches Know-how und langjährige Erfahrung in der Umsetzung technischer Projekte, er ist in der Regel jedoch nicht mehr an der Entwicklung und Implementierung direkt beteiligt.

Neben der Weiterentwicklung zum Projekt-Manager gibt es zudem die Möglichkeit, die Fachlaufbahn einzuschlagen und als technischer Experte und Architekt für Speziallösungen in Kundenprojekten zum Einsatz zu kommen. Mit steigender Erfahrung werden IT-Berater häufig auch verstärkt in Pre-Sales-Aktivitäten eingebunden und bekommen Personalverantwortung für ein Team von Spezialisten und Einsteigern übertragen. In global tätigen Beratungsunternehmen besteht für Mitarbeiter oft die Chance, entweder in internationalen Projekten tätig zu werden oder in eine andere Niederlassung zu wechseln. Kenntnisse in der Landessprache, vor allem aber sicheres Englisch sind in diesen Unternehmen Bedingung.

Manche IT-Berater nutzen nach einigen Jahren in der Festanstellung ihre Kontakte und ihr Know-how, um sich entweder als Freiberufler oder mit einem eigenen Unternehmen selbständig zu machen. Dieser Karrierepfad ist jedoch nur denjenigen zu empfehlen, die neben dem technisch-fachlichen Können auch die Fähigkeit zur Projekt- und Kundenakquise besitzen. (am)