Fachberater soll über die Möglichkeiten des Mikrocomputers aufklären:

Benutzer-Service gegen Benutzer-Frust

17.08.1984

Eine neue Institution wurde ins Leben gerufen, um den Mikrocomputer-Frust in Großunternehmen abzubauen: der Benutzerservice. Er soll den Anwendern in der Fachabteilung den Arbeitsplatz-Computer schmackhaft machen. Zunächst einmal muß jedoch der allgemein dem Mikro entgegengebrachte Vorwurf entkräftet werden, daß im Großbetrieb kaum jemand etwas damit anfangen kann, die Bedienung noch immer nicht benutzerfreundlich ist und Insellösungen herbeigeführt werden. Wie der Benutzerservice im Unternehmen arbeiten sollte, beschreibt Herbert Sprang, Geschäftsführer der Sys-DM AG in München.

Der Mikrocomputer ist ein Arbeitsplatzwerkzeug wie die Schreibmaschine oder der Taschenrechner, die von sich aus auch keine Arbeit erledigen. Also ist es erforderlich, in geeigneter Form die nötigen Kenntnisse zu vermitteln. Dann wird sich auch der Erfolg einstellen. Der Arbeitsplatzcomputer hat einen ähnlichen Leistungsumfang wie die Großrechner. Nur die Datenvolumen sind kleiner. Er ist mit etwa zwanzig- bis dreißigjährigen Erfahrungen im Groß-DV-Sektor geboren worden und war bereits von Anfang an mit Bildschirm, Platten und hohen Hauptspeichervolumen ausgestattet. Der Mikro mußte sich nie mit Erbstücken, wie emulierte Stapelprogramme aus der Lochkartenzeit, herumplagen.

Fachberater soll vermitteln

Um aus dem "Kleinen" die volle Leistungsfähigkeit herauszuholen, benötigt der künftige Benutzer Schulung und Unterstützung. Ein "Fahrlehrer" für Mikrocomputer-Anwendungsprogramme muß die Mitarbeiter über die Möglichkeiten und Grenzen dieses Arbeitsmittels informieren: der Fachberater im Benutzerservice. Diese Position muß in der Regel neu geschaffen werden, da die Mitarbeiter der DV einmal bis an ihre Grenzen ausgelastet sind und zum anderen auch manchmal Verständigungsprobleme mit der Fachabteilung haben.

Der Fachberater im Benutzerservice trifft auf folgende Aufgabengebiete:

- Beratung der Fachabteilung bei geplanten Mikro-Investitionen, um sicherzustellen, daß die optimale Lösung für Fach- und EDV-Abteilung gefunden wird.

- Entwicklung und Durchführung von Schulungsmaßnahmen im Mikro-Bereich. Vermittlung allgemeiner DV-Kenntnisse in der Fachabteilung.

- Einführungsunterstützung und Motivierung bei der gefundenen Lösung.

- Aufspüren und Beurteilen von neuen Programmen, um Trends und Entwicklungen abschätzen zu können.

- Einbindung der Mikro-Lösungen in das allgemeine EDV-Konzept des Hauses.

Der Berater im Benutzerservice trifft somit auf eine nicht alltägliche Aufgabenstellung. Die schnelle Lösung von Ad-hoc-Problemen der Fachabteilung steht hier im Vordergrund und nicht die ingenieurmäßige und optimale Entwicklung von DV-Systemen. Es ist wichtig, auf immer neue Sachverhalte zu reagieren und neue Software-Werkzeuge zu suchen. Das Karussell dieser leistungsfähigen Anwendungswerkzeuge dreht sich dabei immer schneller. Im Rhythmus von drei, sechs oder neun Monaten zeichnet sich heute bereits ein Generationswechsel bei den Produkten ab. Multiplan, Lotus, Access, Symphony und Framework sind nur einige Beispiele. Früher dauerten diese Zyklen noch Jahre.

Auf dem Fachberater lastet immer der Druck, seinem Hause die neuesten Entwicklungen präsentieren zu können, auf der anderen Seite muß er aber als Kapital die bereits vorhandenen Kenntnisse bei der Anwendung bestehender Programme berücksichtigen. Ein zu schneller Wechsel der Produkte - selbst bei wesentlich höherer Leistungsfähigkeit - wird von den Fachabteilungen nicht akzeptiert. Ein Fachberater müßte deshalb folgende Eigenschaften aufzuweisen haben: Kommunikationsfreude und ein Schuß Diplomatie, gutes Hintergrundwissen in der DV- und Mikrocomputer-Szene, betriebswirtschaftliche sowie Ingenieur-Kenntnisse bei technischen Betrieben. Alle seine Entscheidungen müssen fachübergreifend die Belange der Org./DV-Abteilung sowie die der Fachabteilungen berücksichtigen.

Sind soweit alle Fakten für den Einsatz des Arbeitsplatzcomputers in der Fachabteilung berücksichtigt worden, muß als nächstes sichergestellt werden, daß eine ausreichende Anzahl von Mikros- zur Verfügung steht.

Nichts ist frustrierender, als wenn nach Schulung und Einarbeitung gerade wieder einmal kein Mikro frei ist, um damit produktiver arbeiten zu können. Die Arbeiten werden zunächst verschoben und dann vergessen. Später erledigt man sie dann wieder herkömmlich - die Chance ist vertan. Ähnliches gilt für zu geringe Ausstattung des Arbeitsplatzcomputers.

Kein Mikro frei

Bei den heutigen Preisen sollte ein Unternehmen in der Lage sein, seinem Mitarbeiter einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, der mit monatlichen Gerätekosten von etwa 500 Mark zu Buche schlägt. Nur mit gut ausgestatteter Hardware laufen die bereits genannten Werkzeuge, wie dBase III, Open Access oder Lotus mit maximaler Wirksamkeit.

Das harmonische Zusammenspiel der Benutzer in der Fachabteilung gemeinsam mit den Zielen der DV-Abteilung - beraten durch den Benutzerservice - läßt der Org./DV-Abteilung mehr Spielraum für die komplexen Gesamtaufgaben des Hauses.

Die Aufgaben gehen an den Arbeitsplatz zurück und werden dort von den Fachkräften besser und nach Einarbeitung auch schneller gelöst.