Acer-Spinoff will aus dem Schatten eines Auftragsfertigers treten

Benq setzt auf die eigene Markenstärke

21.11.2003
MÜNCHEN (CW) - Laptops, Flachbildschirme, Handys - allesamt Märkte mit einer illustren Anbieterschar. Über kurz oder lang wird man sich weltweit womöglich an einen neuen prominenten Herstellernamen gewöhnen müssen: Benq. Der taiwanische Elektronikkonzern hat den Großen der Branche den Kampf angesagt.

Das Credo von Kuen-yao (K.Y.) Lee ist im Prinzip in zwei Sätzen zusammenzufassen. Erstens fragt der CEO und Chairman von Benq sich und andere rhetorisch: "Wo steht eigentlich geschrieben, dass Produkte für die professionelle Office-Umgebung hässlich sein müssen?" Zweitens macht der Benq-Chef für seine Company die klare Rechnung auf: "In einem Markt, der in vielen Segmenten von Überkapazitäten geprägt ist, gibt es keinen Sinn mehr, ausschließlich auf Kostenvorteile zu setzen. Wir haben für unser Geschäft ein anderes Szenario entworfen. Mit einer starken eigenen Marke können wir unsere Endkunden direkt erreichen." Hinter dieser Erkenntnis steckt natürlich auch die Tatsache, dass - gerade im PC- und Monitor-Sektor - Hewlett-Packard, Dell & Co. im Zeichen der Krise ihre Auftragsfertiger in Taiwan und anderswo am langen Arm verhungern ließen.

Unabhängig davon hat sich Benq mit der genannten Philosophie vor zwei Jahren mit neuem Namen von seinem Mutterkonzern Acer endgültig abgenabelt, wobei der schon der Name an sich Programm ist, denn "Benq" steht für "Bring Enjoyment and Quality (to life)". Auf das Tagesgeschäft umgemünzt soll dies, wie Lee betont, den Anspruch symbolisieren, "digitalen Lifestyle mit hochwertiger Technologie zu verbinden" - und dabei vor allem auf die Konvergenz digitaler Produkte zu setzen.

Breites Peripheriesortiment

Das Produktportfolio, das Benq inzwischen unter eigenem Label anbietet, erstreckt sich von LC-Displays, Röhrenmonitoren, Scannern, Projektoren, Notebooks, CD-ROM- und DVD-Laufwerken, MP3-Playern über diverse Speichermedien und Tastaturen bis hin zu Mäusen, Digitalkameras und Handys. Ein Großteil davon ist Lee zufolge derzeit für den "professionellen Bereich" konzipiert, zunehmend wolle man jedoch auch die privaten Consumer im Sinne besagter Konvergenz adressieren. Viele der Produkte haben dabei natürlich ihre Wurzeln in der Vergangenheit, als das Unternehmen noch Acer Peripherals beziehungsweise Acer Communications & Multimedia hieß und sich vor allem in die Riege der großen taiwanischen OEM- und ODM-Lieferanten wie Quanta Computer oder Hon Hai Precision Industry einreihte. Heute indes generiert Benq bereits deutlich mehr als ein Drittel seiner Einnahmen von zuletzt drei Milliarden Dollar (Geschäftsjahr 2002) mit selbst vermarkteten Produkten - Tendenz steigend. Der Rest entfällt auf Aktivitäten wie die Produktion von Handys für den US-Konzern Motorola. Geschäfte, die Lee auch in Zukunft keineswegs aufgeben will - auch wenn er damit zunehmend Gefahr läuft, Wettbewerber zu beliefern, die sich in den gleichen Märkten wie Benq tummeln. Je mehr Volumen, um so größer die Skaleneffekte und damit die Margen, lautet seine Begründung.

Stolz ist der Benq-CEO vor allem darauf, dass seine Company zusammen mit der eigenen Tochter AU Optronics nach Sharp inzwischen der weltweit zweitgrößte Hersteller von Flachbildschirmen ist. Doch Sharp ist nicht das einzige Vorbild, dem Lee nacheifert. Er macht kein Hehl daraus, wo seine Orientierungspunkte im Wettbewerb sind: Sony, Hitachi und natürlich Samsung und Acer. Gerade die beiden letztgenannten Firmen sind seiner Ansicht nach gelungene Beispiele dafür, wie aus einem ehemaligen Auftragsfertiger ein etablierter Markenartikler wird. Allerdings zieht Lee, der 1976 seine berufliche Laufbahn bei Acer begann und als Intimus von Acer-Gründer Stan Shih gilt, auch deutlich die Grenze zum Mutterkonzern, der noch 20 Prozent der Benq-Anteile hält: "Wir haben ein jüngeres Image."

Lifestyle made in Taiwan

Damit sich daran nichts ändert, geht die taiwanische Company zum Teil ungewöhnliche Wege. So gibt es im Unternehmen mehrere so genannter Lifestyle-Center, in denen wissenschaftlich-präzise in puncto Design und Konzeption der Produkte das umgesetzt wird, was die Trendscouts ermitteln. Zudem fährt der Benq-Chef ein durchaus ehrgeziges F&E-Programm. Rund 2000 der insgesamt 13000 Mitarbeiter sind Ingenieure; gut vier Prozent vom Umsatz fließen in entsprechende Aufwendungen. Als repräsentativ für die neue Produktgeneration sieht Lee unter anderem die Notebook-Familie "Joybook" oder das Anfang 2004 erhältliche Handy "P30" - beides Geräte, die nicht nur optisch, sondern auch technisch überzeugen sollen.

Insgesamt sieht Lee seine Company auf einem guten Wachstumspfad. Rund 25 Prozent Zuwachs werden es vermutlich in diesem Jahr sein, das Lee zufolge aufgrund der weltweiten Rezession "nicht einfach" war. Von 2004 versprechen sich die Benq-Verantwortlichen wieder deutlich mehr. Im vergangenen Geschäftsjahr stand ein Nettoprofit von 200 Millionen Dollar in den Büchern, beim zu erwartenden Ergebnis für 2003 gibt sich Lee mit Rücksicht auf die Finanzmärkte noch einsilbig. Bis 2008 strebt der Konzern, der an der Taipei Stock Exchange notiert ist, ein Umsatzvolumen von fünf Milliarden Dollar an. Dabei ist, wie der Benq-Chef erläutert, die Eroberung des US-Marktes überhaupt nicht richtig angelaufen; noch konzentriert sich Benq vornehmlich auf seine derzeit wichtigsten Auslandsmärkte: Europa und China. Spekulationen, wonach er den direkten Wettbewerb mit Branchengiganten wie HP und Dell (das vor kurzem seinen Einstieg in den Markt für Flachbildschirme angekündigt hat) quasi vor deren eigener Haustüre scheut, weist er jedoch zurück: "Benq kann zu den zehn führenden Peripherie-Anbietern aufsteigen." (gh)