Betriebsübergang angezweifelt

BenQ-Mobile-Insolvenzverwalter bereitet Millionenklage gegen Siemens vor

07.07.2008
Dem Elektrokonzern Siemens droht nach dem Korruptionsskandal und dem Wirbel um den Abbau tausender Jobs jetzt auch noch Ärger wegen der Pleite seiner früheren Handy-Sparte.

Der Insolvenzverwalter des zusammengebrochenen Handyherstellers BenQ Mobile, Martin Prager, bereitet dem Vernehmen nach eine Klage gegen den früheren Mutterkonzern vor. Nach übereinstimmenden Berichten der Tageszeitung "Die Welt" und der "Süddeutschen Zeitung" (beide Samstag) geht es um eine dreistellige Millionensumme. Eine Sprecherin Pragers wollte sich zu den Berichten nicht äußern. "Ich kann das weder bestätigen noch dementieren", sagte sie lediglich. Prager habe aber immer deutlich gemacht, dass er etwaige Ansprüche prüfe.

Derweil geht Prager davon aus, dass die ehemalige Siemens-Handysparte bereits mehrere Monate vor dem offiziellen Insolvenzvertrag zahlungsunfähig war. "Ich bin nach eingehender Untersuchung sicher, dass BenQ Mobile mindestens schon am 1. Mai zahlungsunfähig war", sagte Prager der "SZ". Die Unterlagen sprächen "eine deutliche Sprache. Wir haben viele Argumente auf unserer Seite." Auch der Zeitraum vor Mai 2006 werde untersucht. Dem Bericht zufolge könnten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung durch Pragers Untersuchungen neue Nahrung erhalten. Bei der Behörde war am Freitagabend für eine Stellungnahme niemand mehr erreichbar.

Hintergrund der geplanten Klage sind den Berichten zufolge offene Bewertungsfragen. Prager vermute offenbar, dass es beim Betriebsübergang der Handysparte von Siemens zu BenQ Bewertungsfehler gegeben habe. Genaue Informationen werde Prager dem Gläubigerausschuss am kommenden Mittwoch vorstellen, hieß es in der "Welt". Siemens wollte den Vorgang nicht kommentieren. "Bei uns ist keine Klage eingegangen. Alles andere ist Spekulation", sagte eine Sprecherin.

Prager hatte die Forderungen gegen Siemens in einem früheren Insolvenzgutachten kurz nach der Pleite auf rund 100 Millionen Euro beziffert und erklärt, es seien im Zusammenhang mit dem Ausgliederungsvertrag an den früheren taiwanischen BenQ-Konzern eine Reihe von Bewertungsfragen offen. Die Gespräche zwischen Prager und Siemens waren dem Bericht zufolge zuletzt ins Stocken geraten.

Die frühere BenQ Corp., die heute unter dem Namen Qisda firmiert, hatte die verlustreiche Handy-Sparte 2005 von Siemens übernommen, dem Unternehmen dann aber den Geldhahn abgedreht und die deutsche Tochter damit in die Pleite geschickt. Mehr als 3000 Beschäftigte in Deutschland verloren dadurch ihre Jobs. Auch zahlreiche Zulieferer wie Infineon (Chips) und Balda (Gehäuse) waren betroffen. (dpa/tc)