Neue Unternehmensstruktur soll Gewinnrückgänge stoppen:

Benedetti zerlegt Olivetti in drei Teile

07.10.1988

MÜNCHEN/IVREA (ujf/IDG) Der italienische Magnat Carlo de Benedetti ist gerade dabei, die von ihm kontrollierte Ing. C. Olivetti & Cia. S.p.A. grundlegend umzustrukturieren.

Das Unternehmen wird zum Jahreswechsel dreigeteilt - in einen Büromaschinen-, einen Computer- und einen Service-Bereich. Mit der Reorganisation, die mittelfristig die Profitabilität stärken soll, geht ein Revirement des Topmanagements einher.

Die finanzielle Situation der Firma war lange nicht so angespannt wie in diesem Jahr. Während Beteiligungsakrobat Carlo de Benedetti - mit 19,1 Prozent zweitgrößter Olivetti-Aktionär nach dem US-Konzern AT&T - an mehreren Börsenschauplätzen gleichzeitig um seine künftige Rolle auf der europäischen Wirtschaftsbühne kämpfte, ging es mit den Profiten des italienischen Büromaschinenkonzerns aus Ivrea weiter abwärts - um 23,8 Prozent im ersten Halbjahr 1988.

Die Umsatzrendite sackte auf 4,7 Prozent ab, allerdings bei kräftig steigenden Einnahmen, wie Olivetti-Sprecher betonten: Um 16 Prozent wuchs der Halbjahresumsatz. Das norditalienische Unternehmen entschuldigte die seit dem Rekordgewinn von 1986 zu verzeichnende Abwärtsentwicklung mit veränderten Marktbedingungen, etwa den erhöhten Einstandspreisen für Bauteile. Die Konkurrenz habe die gleichen Probleme.

Damit sich Olivetti im schärfer werdenden Wettbewerb behaupten kann, soll jetzt die neue Struktur eingeführt werden. Unter der Herrschaft des neuen General Managers Vittorio Cassoni, der nach einem 18monatigen Gastspiel als DV-Chef von AT&T im Mai nach Ivrea zurückkam, und unter Oberaufsicht Carlo de Benedettis arbeiten ab Januar drei eigenständige Unternehmensbereiche, die für ihre jeweilige Produktgruppe die volle Verantwortung tragen: vom Entwurf über die Herstellung bis zum Verkauf.

Der Computerbereich firmiert künftig als Olivetti Systems & Networks. Das Angebot dieses Konzernteils wird vom Terminal über PC und Workstation bis zum Unix-Mini sämtliche professionelle Hardware umfassen. Dazu kommen Telekommunikationssysteme und Systemsoftware. Das Management übernimmt Luigi Mercurio, der sich nach einer Olivetti-Karriere in den letzten Jahren in den USA als Inhaber einer eigenen Telekommunikationsfirma betätigt hatte .

Die Olivetti Information Services unter der Leitung von Carlo-Bruder und Triumph-Adler-Aufsichtsrat Franco de Benedetti wird DV-Dienstleistungen anbieten: Software, Schulung, Electronic Publishing und alles, was mit den sogenannten Mehrwertdiensten zu tun hat. Die "klassischen" Olivetti-Produkte aus dem Büromaschinensektor sind das Feld der Olivetti Office unter Leitung von Triumph-Adler-Chef Francesco Tao. Dieser Geschäftsbereich,

der DV-Bereich auf umgerechnet vier Milliarden Mark Jahresumsatz bringen soll, ist auch für Telefax, Drucker und Kassen zuständig.

Auf der Strecke bleiben bei dieser Umstrukturierung die beiden bisherigen Konzern-Direktoren und Vizepräsidenten, Vittorio Levi und Elserino Piol. Letzterer darf zwar weiter den Titel eines Strategie-Chefs führen, doch ist unstrittig, daß die aktuelle strategischen Entscheidung die Handschrift Vittorio Cassonis und Carlo de Benedettis tragen. Für Levis Verbleib im Betrieb hat man sich auf die Darstellung geeinigt, er werde dem Präsidenten für Sonderaufgaben zur Seite stehen.

In der Pressemitteilung der Deutschen Olivetti wurden die Namen Levi und Piol gar nicht erst erwähnt.