Beim mobilen Surfen 80 Prozent sparen

03.11.2005
Speed Optimizer helfen Mobilsurfern, die Handy-Rechnung klein zu halten. Dabei sind, wie unsere Versuche zeigten, enorme Einsparungen möglich.

Eine Technik aus der Modem-Ära feiert ihr Comeback, weil die Mobilfunk-Anbieter jedes einzelne Byte noch fast in Gold aufwiegen: Speed Optimizer sollen nicht nur die Geschwindigkeit erhöhen, sondern gleichzeitig das übertragene Datenvolumen reduzieren und damit die Mobilfunkkosten senken.

Fazit

Der getestete Speed Optimizer von O2 konnte in der Praxis auf ganzer Linie überzeugen. Dabei begeisterte weniger der gewonnene Geschwindigkeitsvorteil, sondern vielmehr das reduzierte Datenvolumen, das die Mobilfunkrechnung senkt. Vor allem Anwender, die viel im Ausland unterwegs sind, sollten deshalb auf den Einsatz eines solchen Tools nicht verzichten.

Angesichts der erzielbaren Einsparungen wäre es als Dienst am Kunden nur zu begrüßen, wenn die anderen Mobilfunkanbieter dem Beispiel von O2 folgen würden und ebenfalls einen entsprechenden Service anböten. Solange dies nicht der Fall ist, bleiben als Ausweg nur kostenpflichtige Optimierungs-Tools, wie sie etwa Opera anbietet.

Zwar zahlt der Benutzer hier für ein dreimonatiges Abo 6,90 Euro, doch diese Kosten dürften schnell wieder hereingespart sein.

Hier lesen Sie …

• wie Sie beim mobilen Surfen bis zu 80 Prozent sparen können;

• von der Wiedergeburt der Speed Optimizer im Mobilfunkzeitalter;

• wie die Tools funktionieren;

• was die Optimizer bringen.

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www.computerwoche.de/go/

*61821: Opera startet Proxy-Dienst.

Modembenutzer können sich noch daran erinnern, wie mit dem Siegeszug des WWW das weltweite Warten begann. Die damals gebräuchlichen 14,4- oder 28,8-Kbit/s-Modems waren mit der neuen Bilderflut des Internets schlicht überfordert. Dem verzweifelten User blieben nur zwei Möglichkeiten der Beschleunigung: Entweder er migrierte auf ISDN und später DSL, oder er versuchte mit Optimierungsprogrammen erträgliche Ladezeiten der Web-Seiten zu erreichen. Dazu versuchten die Tools mit verschiedenen Verfahren, die Daten möglichst effizient zu komprimieren, um so das zu übertragende Datenvolumen zu reduzieren.

UMTS und GPRS

Eine Technik, die mit dem Siegeszug des breitbandigen DSL und der Ankündigung von UMTS als schneller mobiler Übertragungstechnik wieder in Vergessenheit geriet. Doch egal ob der Benutzer per UMTS oder GPRS online geht, im Mobilfunkzeitalter haben die Tools wieder ihre Berechtigung. Das Datenvolumen von 2, 10 oder 20 MB, das in den volumenorientierten Mobilfunktarifen angeboten wird, ist nämlich schnell aufgebraucht, wenn der Benutzer nicht nur E-Mails abruft, sondern ab und an auch eine Web-Seite unterwegs anschaut. Allein der Abruf der "Spiegel"-Homepage schlägt für den Zeitungsfreund mit rund 400 KB zu Buche. Zudem sparen die Optimierungs-Tools im Ausland viel Geld, denn hier rechnen die meisten deutschen Mobilfunkanbieter noch in 5-KB-Datenblöcken ab, unabhängig von den zu Hause gewählten Tarif- optionen.

Entsprechende Datenturbos offeriert etwa der norwegische Browser-Anbieter Opera mit dem kostenpflichtigen Dienst "Opera Mobile Accelerator". Ebenfalls einen kostenpflich- tigen Optimierungsdienst vermarktet die britische Onspeed.com. Und der Mobilfunkanbieter O2 stellt auf seinen Webseiten mit dem "Speed Optimizer Client" für seine Kunden ein entsprechendes Tool für Notebooks und PDAs bereit. Das Werkzeug soll den Abruf von Internet-Seiten, den Empfang von E-Mails und den Upload von Daten beschleunigen. O2 verwendet hierzu die Client-Server-Software von Bytemobile, die sowohl in der Carrier-Variante "Bytemobile Optimization Services Node" (OSN) als auch unter der Bezeichnung "Optigo Enterprise Optimizer" für Unternehmenskunden erhältlich ist. Wir nahmen den Speed Optimizer Client auf einem Notebook in Verbindung mit einer GPRS-Datenkarte von Sony Ericsson unter die Lupe.

Software via Festnetz laden

Es empfiehlt sich, die Software bereits im heimischen Büro über eine normale Internet-Verbindung herunterzuladen, denn der Client ist 3,32 MB groß - wäre also unterwegs per Mobilfunk zu teuer. Nach der Installation ist der Optimizer als kleines Icon in der Systemleiste von Windows XP zu finden, wo er per Doppelklick geöffnet wird. Bereits auf der Eingangsseite des Tools kann der Benutzer per Schieberegler einfach die Optimierungsstufe für seine Verbindung in sechs Stufen auswählen. Dabei zeigt das Programm in der Maximalstufe keinerlei Bilder oder grafische Elemente an und verspricht so die größtmögliche Reduzierung des übertragenen Datenvolumens. In den anderen Stufen wird die Auflösung von Bildern und Grafiken schrittweise reduziert, bis nur noch grobpixelige Darstellungen zu sehen sind. Neben dem Schieberegler zeigt ein Beispielbild dem Benutzer, welche Auswirkungen seine gewählte Einstellung hat. Versierte Anwender haben zudem die Möglichkeit, unter dem Menüpunkt "Optionen, Erweitert" die Optimierung selbst einzustellen. Unter anderem können sie wählen, ob die Daten von Javascript-, HTML- oder CSS-Objekten reduziert und GIF-Objekte konvertiert werden sollen. Zudem besteht die Option, die Anzeige von Inhalten wie Audio, Video oder beispielsweise Animationen komplett zu sperren. Ferner kann der Anwender Protokolle oder Internet-Adressen von der Optimierung ausschließen. Das dürften etwa User schätzen, die sich per virtuelles privates Netz (VPN) mit ihrem Unternehmensnetz verbinden und bei aktivierter Optimizer-Software Probleme bekommen können.

Proxy optimiert Übertragung

Die Optimierung der Datenübertragung erfolgt nicht auf dem Client selbst, sondern auf einem Proxy-Server von O2, über den der Speed Optimizer alle Daten routet, wenn er aktiv ist. Dabei komprimiert die Software einerseits die Daten, indem sie beispielsweise überflüssige Leerzeichen entfernt oder bei Bildern die Auflösung herabsetzt. Andererseits priorisiert das Tool bei der Übertragung von Web-Seiten bestimmte Inhalte, so dass Texte früher als Bildelemente geladen werden. Ferner werden Übertragungsprotokolle wie TCP/IP optimiert. Eine weitere Beschleunigung verspricht das bereits angesprochene Filtern von bestimmten Inhaltstypen.

Nach Darstellung von O2 lässt sich mit diesen Massnahmen die Übertragungsdauer um bis zu 70 Prozent beschleunigen und das Datenvolumen um 50 Prozent reduzieren. Entsprechend gespannt gingen wir angesichts dieser Versprechen an die praktische Erprobung. Als Testseite diente uns die "Spiegel"-Homepage. Diese riefen wir per GPRS unter optimalen Empfangsbedingungen mit einer Datenrate von 56 Kbit/s ab. Bei deaktivierter Optimierungssoftware dauerte der Download der Seite etwas über zwei Minuten, und es wurden rund 402 KB Daten transferiert.

Datenvolumen reduziert

Mit aktiviertem Speed Optimizer auf Höchststufe dauerte der Abruf der Seite dann nur noch eine Minute, und das übertragene Datenvolumen sank auf 87 KB. Allerdings muss der Benutzer hierbei, wie der Screenshot zeigt, auf jegliche grafische Elemente verzichten. Stattdessen sieht er nur Platzhalter für die Bildelemente. Weniger minimalistisch war dagegen die Darstellung der Homepage in der zweithöchsten Optimierungsstufe: Grafische Elemente waren nun vorhanden, und die Bilder, auch wenn sie nur sehr grob aufgelöst waren, vermittelten zumindest einen guten optischen Gesamteindruck der Originalseite. In dieser Stufe dauerte der Empfang der Seite 1,20 Minuten, und es wurden 205 KB Daten übertragen. Diese Werte könnten sich durch die Inhaltsfilter noch verbessern lassen.

Letztlich rief die Beschleunigung der Übertragung - in der zweithöchsten Stufe nur um 40 Sekunden - bedingte Begeisterung hervor. Ganz anders sieht das Resümee jedoch aus, wenn man die pekuniäre Seite mit ins Kalkül zieht. So hätte der unkomprimierte Abruf der "Spiegel"-Seite im O2-Active-Tarif (1 MB kostet 9,27 Euro, Abrechnung in 100 KB-Blöcken) rund 4,64 Euro gekostet.

Verzichtet der Anwender da- gegen auf grafischen Firlefanz - vor allem die unerwünschte Werbung trägt zum hohen Übertragungsvolumen bei - so zahlt er auf der höchsten Optimierungsstufe für die gleichen Inhalte nur noch rund 93 Cent. Nimmt er die Werbung in Kauf und surft wie in unserem Beispiel in der zweithöchsten Optimierungsstufe mit grob aufgelösten Bildern, so zahlt er für die gleiche Seite 2,78 Euro. Er spart also noch immer fast zwei Euro gegenüber der unkomprimierten Web-Seite.

Umgerechnet auf einen Datentarif mit einem Freivolumen von 30 MB ergibt sich folgende Kalkulation: Ohne Optimierungs-Tool kann der User die Beispielseite rund 60-mal abrufen, bis sein Freikontingent erschöpft ist. Mit dem Speed Optimizer in der zweithöchsten Stufe dagegen schätzungsweise 150-mal.