Weiterbildung bei Cisco

Beim Lernen lösen sich die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit auf

02.02.2001
E-Learning löst das klassische Seminar ab, davon ist Jürgen Ruthotto-Doubek, Manager Internet Learning Solutions Group für Europa, den Mittleren Osten und Afrika bei Cisco Systems, überzeugt. In einem Gespräch mit CW-Mitarbeiterin Ingrid Weidner erläutert er die neuen Lernmöglichkeiten beim TK-Riesen.

CW: Cisco Systems setzt seit zwei Jahren verstärkt auf E-Learning. Wo sehen Sie die Vorteile gegenüber einem klassischen Seminarangebot?

Ruthotto-Doubek: Cisco gehört im E-Learning-Bereich zu den Pionieren. Neben einer höheren Flexibilität erreichen wir mit virtuellen Lernoptionen mehr Kunden und Mitarbeiter.

CW: Wie organisieren Sie die interne Weiterbildung bei Cisco?

Ruthotto-Doubek: Unseren Mitarbeitern steht ein eigenes Portal im Intranet zur Verfügung, über das sie verschiedene Lerneinheiten nutzen können. Das Angebot reicht von Video on Demand über Computer-based Training (CBT), Satellitenfernsehen bis zum Online-Labor. Die Themenpalette beinhaltet neben Schulungen für die eigenen technischen Produkte auch Kurse für die Kollegen aus dem Vertrieb.

CW: Stehen die unterschiedlichen Lernmöglichkeiten Ihren Mitarbeitern schon zur Verfügung?

Ruthotto-Doubek: Ja, wir haben im vergangenen Geschäftsjahr bereits 50 Prozent unserer Mitarbeiter über die neuen Medien geschult und planen, dass bis Ende des aktuellen Geschäftsjahres im Juli 2001 mehr als 80 Prozent der Kollegen die E-Learning-Möglichkeiten nutzen können.

CW: Wann lernen die Cisco-Mitarbeiter? Wie verbinden Sie die Weiterbildung mit dem aktuellen Tagesgeschäft?

Ruthotto-Doubek: Wir gehen von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden aus. Solange keine größeren Projekte anstehen, kann jeder Kollege sich während der Arbeitszeit zwischen 9 und 17 Uhr um seine Kurse kümmern. Realistisch gesehen finden 60 Prozent der Weiterbildung während der Arbeitszeit statt und die restlichen 40 Prozent in der Freizeit. Da jeder Kollege neben einem eigenen Laptop auch über einen firmeneigenen ISDN-Anschluss verfügt, ist es kein Problem, sich von zu Hause aus einzuwählen.

CW: Sind die Cisco-Mitarbeiter von den neuen Lernmöglichkeiten begeistert, oder stößt die Vermischung von Arbeit und Freizeit eher auf Ablehnung?

Ruthotto-Doubek: Mittlerweile ist die Akzeptanz sehr gut. Anfangs wurde das neue Angebot noch verhalten aufgenommen. Wir haben deshalb interne E-Learning-Workshops für die Kollegen angeboten. Drei Monate lang haben wir in den Seminaren genau erklärt, wie E-Learning funktioniert und welche Möglichkeiten es gibt.

CW: Reichten die Workshops aus, um die Mitarbeiter für die neuen Lernmethoden zu begeistern?

Ruthotto-Doubek: Ja; zusätzlich zu den Workshops bieten wir eine E-Learning-Hotline an. Die Kollegen können per E-Mail Fragen zum Lernen an sich und zu einzelnen Inhalten stellen.

CW: Wie sehen die Erfolge beim virtuellen Lernen aus?

Ruthotto-Doubek: Uns interessierte natürlich die Effektivität des Lernens - die Zahlen sind vielversprechend. 85 Prozent der begonnenen Kurse schließen die Mitarbeiter auch erfolgreich ab.

CW: Bieten Sie auch einen Mix aus Präsenz- und Online-Lernen an?

Ruthotto-Doubek: Unser Ziel ist es, alle Themen vollständig über E-Learning zu schulen. Es wird in Zukunft nur noch für die Produkte ein- bis zweitägige Workshops mit einem Praxisteil im Labor geben. Allerdings möchten wir keine reinen CBTs anbieten, sondern viele Kurse finden gleichzeitig virtuell statt. Ein Trainer im virtuellen Klassenzimmer kann gleichzeitig Lernende in mehreren Ländern schulen. Die Mitarbeiter wählen sich in die virtuelle Lernumgebung ein und stellen über ein Headset ihre Fragen.

CW: Werden selbst die realen Labors zum Üben überflüssig?

Ruthotto-Doubek: Schon heute ist es möglich, sich in ein virtuelles Labor einzuklicken. Die User spielen sich ein Interface auf ihren eigenen Rechner, eine telefonische Hotline steht für Fragen zur Verfügung.

CW: Was ändert sich für Ihre Schulungspartner?

Ruthotto-Doubek: Eine wesentliche Neuerung betrifft die Schulungsunterlagen. Ab 1. August 2001 stellen wir kein gedrucktes Material mehr zur Verfügung. Den kompletten Content gibt es nur noch in elektronischer Form. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wir können schneller Updates verteilen und die Unterlagen sind immer und überall auf dem neuesten Stand. Gleichzeitig erhöht sich die Flexibilität, denn Firmen können spezielle Features für ihre Mitarbeiter einbauen. Die Kurse sind dann noch besser auf die Kundenwünsche zugeschnitten.

CW: Werden die Schulungspartner überflüssig, wenn die Präsenzseminare aussterben?

Ruthotto-Doubek: Wir möchten auch in Zukunft keine externen Kurse anbieten. Diese Aufgabe bleibt in der Hand unserer Schulungspartner. Dort verschwinden zwar mehr und mehr die "klassischen" Klassenzimmer, aber nicht deren Aufgaben. Die Verlagerung in den virtuellen Raum verlangt von den Schulungsanbietern ganz andere Unterrichtsstile.

CW: Cisco bietet seit zwei Jahren eine ganze Reihe von Zertifizierungen an. Wie ist die Nachfrage nach diesen Qualifikationen?

Ruthotto-Doubek: Alleine im letzten Geschäftsjahr nahmen weltweit 65 000 Menschen an einer Cisco-Zertifizierung teil. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen im kommenden Geschäftsjahr noch höher liegen.

CW: Verschwinden die Klassenzimmer für Schulungen Ihrer Meinung nach irgendwann einmal ganz?

Ruthotto-Doubek: Davon gehe ich aus. Die Vorteile und Möglichkeiten der neuen Lernformen liegen auf der Hand.